Sensationeller kann der Kauf eines Autos bei Audi nicht sein: Was erst einmal nicht spektakulär klingt, entpuppt sich als echter Burner. Über die „Audi VR Experience“ können Kunden künftig mithilfe einer VR-Brille ihren Audi bis ins kleinste Detail konfigurieren - in 3D und in 360 Grad, mit allen Soundeffekten und allen verfügbaren Ausstattungen. Obwohl diese Technologie noch kein anderer Hersteller bei seinen Händlern bietet, klingt ein Auto-Konfigurator über eine VR-Brille erst einmal nicht besonders eindrucksvoll. Wären da nicht diese extrem starken Zusatzfunktionen, über die der Kunde sogar in den Motor eintauchen kann.
© Foto: Alexander Schraufstetter, Audi
Ein großes Problem beim Autokauf beseitigt
Jeder, der sich bereits ein neues Auto kaufte, kennt das Problem bei der Konfiguration: Wie sieht der Neuwagen in einer bestimmten Lackierung oder mit einem Exterieur-Paket im Gesamtbild aus? Welche Felgen stehen dem Auto am besten und trifft die gewählte Innenausstattung, die im Katalog so gut aussieht, im Auto tatsächlich den persönlichen Geschmack? Mehr noch: Wie wirkt das Auto auf der Straße und in der Stadt? All das kann die „Audi VR Experience“ zeigen.
Die VR-Brille aufgesetzt, sehe ich vor mir einen Audi R8. Kein kleines Modell, sondern - von der virtuellen Realität dem menschlichen Auge vorgegaukelt - ein Exemplar in Originalgröße. Es ist echt hilfreich zu sehen, wie das Auto durch geänderte Farben und Felgen seinen Charakter wechseln kann. Ich laufe frei um das Auto herum und kann mir sogar die Details anschauen, wenn ich den Audi R8 von ganz Nahem betrachte. So langsam packt mich die Faszination.
Doch damit gab sich Audi noch nicht zufrieden: Ein Fahrzeug wirkt im Showroom oft anders als auf der Straße. Daher kann Audi das nach individuellen Wünschen konfigurierte Auto in eine Stadt oder auf eine Landstraße setzen - und das hilft bei der Entscheidungsfindung deutlich. Als Gag verfrachtet Audi den R8 virtuell sogar auf den Mond.
© Foto: Alexander Schraufstetter, Audi
Dieser Blick ist beeindruckend - es fehlt nur eine Sache
An der Seite des virtuellen Audi R8 stehend, möchte ich den Supersportwagen öffnen und greife intuitiv in echt mit einer Hand in die Luft. Der Audi-Mitarbeiter kommt mir entgegen und öffnet die Türen per Knopfdruck über sein Tablet, so dass ich in das virtuelle Auto „einsteigen“ kann. Berauscht von dem detailgetreuen Anblick, setze ich mich auf den Boden, um das Cockpit auf mich wirken zu lassen. Sogar der Schliff von Aluminium-Dekoreinlagen lässt sich erkennen. Das ist beeindruckend! Es fehlt nur noch der Geruch von Leder, den ein neues Auto verströmt.
Die optische Illusion ist derart perfekt, dass in mir das Verlangen steigt, das Lenkrad und die Knöpfe zu berühren, um diese zu fühlen, was mir in der virtuellen Realität leider verwehrt bleibt. Währenddessen lässt sich die Innenausstattung ändern und ich kann mir direkt anschauen, ob mir persönlich die Farbe der Lederbezüge und der Kontrastnähte tatsächlich gefallen.
Das dicke Ding: Ich tauche in das Auto ein
Jetzt fordert mich der Audi-Mitarbeiter auf, mich im Cockpit umzudrehen und ein Stück nach hinten zu rücken. Die Überraschung ist perfekt: Ich tauche in den Motorraum ein und kann mir wie bei einem Röntgenbild alle Bauteile des Motors anschauen. Das gleich gilt bei den Bremsen und es besteht sogar die Möglichkeit, sich das Innenleben der Scheinwerfer anzuschauen. Möglich wird dies erst durch die echten Konstruktionspläne, auf denen die virtuellen Audi-Modelle basieren. Das sorgt bei mir für einen echten Wow-Effekt.
© Foto: Alexander Schraufstetter, Audi
So funktioniert es: Da verblassen heutige Highend-Videospiele
Bereits Ende 2016 werden die ersten Audi-Händler die „Audi VR Experience“ anbieten. Welche Händler das sind, gaben die Macher bis dato noch nicht bekannt. Fest steht: Für die „Audi VR Experience“ stehen zwei unterschiedliche Versionen bereit. Die große, von mir getestete Ausbaustufe der „Audi VR Experience“ spielt auf einer Fläche von rund 5 x 5 Metern, auf welcher der Kunde frei um das virtuelle Auto herumgehen kann.
Die kompakte Ausführung ist für Sitzplätze konzipiert, an denen der Raum beschränkt ist. Hier nimmt der Kunde auf einer Couch oder einem Sessel Platz. Eine Kamera erfasst daraufhin die Position der VR-Brille, während das System die Bilddarstellung anpasst. Dabei kann sich der Kunde umsehen und interessanten Details nähern. Virtuell sitzt der Kunde zunächst hinter dem Lenkrad. Der Berater vermag den Nutzer zudem an verschiedenen Positionen außerhalb des Autos platzieren.
Beim Thema „Virtual Reality“ setzt Audi auf die VR-Brillen „HTC Vive“ und „Oculus Rift“, die ein großes Sichtfeld von mehr als 100 Grad, eine hohe Bildwiederholfrequenz von 90 Bildern pro Sekunde und ein leistungsfähiges Positionstracking ermöglichen. Auch die weiteren technischen Leistungsdaten der VR-Brillen sind beeindruckend. So lösen die beiden OLED-Displays mit je 1.080 x 1.200 Pixel auf und besitzen in der gesamten Anwendung eine Ansprechzeit von weniger als 20 Millisekunden.
In der „Audi VR Experience“ beziehen die Brillen ihre Datenmodelle von einem leistungsfähigen Rechner. Gemeinsam mit dem englischen Spezialisten Zerolight entwickelte der deutsche Automobilhersteller eine für VR-Darstellungen optimierte Grafik-Engine. Jeder Fahrzeugdatensatz besteht aus fünf bis sieben Millionen Polygonen - etwa vier Mal mehr als bei einem Highend-Videospiel. Dadurch erkennt der Betrachter auch noch kleinste Details. Und das ist noch nicht das Ende: Die nächsten Ausbaustufen befinden sich bereits in der Entwicklung.