Diese Speed ist wahnsinnig hoch und sollte sich jeder auf der Zunge zergehen lassen: 490,48 km/h erzielte ein Bugatti Chiron Super Sport am 2. August 2019 auf der Volkswagen-Teststrecke im deutschen Ehra-Lessien. Kein Rennwagen, sondern ein Hypersportwagen. Die Höchstgeschwindigkeit wurde vom TÜV zertifiziert. Doch ein neuer Rekord als schnellstes Serienauto der Welt ist es trotzdem nicht. Viel interessanter ist allerdings die Tatsache, wie stark und wie teuer der neue Bugatti Chiron Super Sport ist.
Bugatti Chiron Super Sport: Darum sind die 490,48 km/h kein offizieller Rekord
Nach außen mag es sich um einen herkömmlichen Bugatti Chiron Super Sport handeln. Genau hier liegt die Krux: Bugatti selbst teilt mit, dass es sich bei dem gefahrenen Hypersportwagen um ein Vorserienfahrzeug handelt, ergo ein Prototyp. Für den Rekord als schnellstes Straßenauto der Welt sind allerdings nur Serienfahrzeuge erlaubt. Um einen Rekord zu bestätigen, sind ferner zwei Läufe in jeweils beide Richtungen erforderlich. Der Bugatti fuhr nur in eine Richtung.
© Foto: Bugatti
Keine Frage, dieser Bugatti Chiron fuhr tatsächlich 490,48 km/h. Kein anderer Serienhersteller erreichte jemals eine derart hohe Geschwindigkeit. Die Fahrt zeichnete eine verplombte GPS-Box auf, das Zertifikat stellte die SGS-TÜV Saar aus. Aber das offiziell schnellste Serienauto bleibt vorerst der bis zu 1360 PS starke Koenigsegg Agera RS - den Rekord stellten die Schweden am 4. November 2017 mit einer durchschnittlichen Höchstgeschwindigkeit von 447,19 km/n auf.
Bugatti Chiron Super Sport: So stark ist der Neue - und das sind die Änderungen
Allerdings stellt sich die Frage, um was für einen Bugatti es sich handelt, der eine um deutliche 35 km/h höhere Top-Speed erreicht als der Koenigsegg Agera RS. In diesem Hochgeschwindigkeitsbereich stellen 35 km/h einen Unterschied von Welten dar.
Wie bei dem auf nur 10 Exemplare limitierten Bugatti Centodieci, der ebenfalls auf dem Chiron basiert, sorgt im Bugatti Chiron Super Sport ein 8,0 Liter großer W16-Mittelmotor mit 1600 PS für den Antrieb. Der Kaufpreis des ab 2021 produzierten Centodieci beträgt 8 Millionen Euro ohne Steuern, in Deutschland also 9.520.000 Euro inklusive Mehrwertsteuer. Im Vergleich dazu erweist sich der auf 30 Exemplare limitierte Chiron Super Sport als Schnäppchen: der neue Hypersportwagen kostet rund 3,5 Millionen Euro vor Steuern, ergo ca. 4.165.000 Euro in Deutschland inklusive Mehrwertsteuer.
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Weitere Daten nennen die Macher noch nicht. Mit 1500 PS erweist sich allerdings bereits der herkömmliche Bugatti Chiron als immens schnell: Von 0 auf 100 km/h vergehen nur 2,4 Sekunden, 200 km/h sind aus dem Stand nach 6,1 Sekunden erreicht, 300 km/h in 13,1 Sekunden und 400 km/h in 32,6 Sekunden. Erst bei einer elektronisch abgeregelten Höchstgeschwindigkeit von 420 km/h endet der Vortrieb. Der Preis für den Chiron beträgt 2,4 Millionen Euro, ergo in Deutschland mit Mehrwertsteuer 2.856.000 Euro.
Neben dem Plus an Leistung, erhielt der Bugatti Chiron Super Sport eine weiter optimierte Aerodynamik: an der Front unter anderem geänderte Lufteinlässe und Spoiler, dazu an der Seite breitere Schweller. Am deutlichsten sichtbar fallen die Modifikationen am drastisch verlängerten Heck, dem riesigen Diffusor und den jeweils zwei übereinander angeordneten Endrohren auf. Der Standard-Chiron besitzt derweil zwei große, rechteckige Endrohre. Dazu kommen beim Chrion Super Sport unter anderem der noch umfassendere Einsatz von gewichtssparenden Carbon-Elementen, ein modifiziertes Fahrwerk und extra entwickelte Reifen.
Die Speed des Bugatti Chiron Super Sport ist atemberaubend: 136 Meter pro Sekunde!
Die deutsche Hochgeschwindigkeitsstrecke Ehra-Lessien in Niedersachsen besitzt eine dreispurige Fahrbahn und ist insgesamt 21 Kilometer lang. Der 58-jährige Le-Mans-Gewinner von 1988 und Bugatti-Testfahrer Andy Wallace aus Großbritannien tastete sich ab 300 km/h in 50-km/h-Schritten an die Top-Speed heran, um zu sehen, ob alle Bedingungen stimmen und der Chiron optimal beim Auf- und Abtrieb ausbalanciert ist.
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Nach einer Runde, um den Bugatti Chiron Super Sport zu konditionieren, beschleunigte Andy Wallace aus der Nordkurve heraus auf 200 km/h, um auf der 8,8 Kilometer langen Geraden die Höchstgeschwindigkeit zu erreichen. Bei einem vorher genau definierten Bremspunkt verzögerte Andy Wallace den Chiron wieder auf 200 km/h, um durch die Südkurve zu fahren. Dafür hatte er zwei Kilometer Platz. Wichtig war, mit 200 km/h aus den Kurven herauszufahren, um auf der Geraden die Höchstgeschwindigkeit zu erreichen. In einer Sekunde legte der Chiron Super Sport 136 Meter zurück. Dabei drehen sich die Reifen in bis zu 4.100 Mal - auf dem Prüfstand wurden die extra entwickelten Michelin-Reifen zuvor bis 511 km/h getestet.
Ehra-Lessien: Auf einer anderen Teststrecke wären sogar bis zu 515 km/h möglich
Ebenfalls in Ehra-Lessien stellte Bugatti bereits zwei gültige Weltrekorde für das schnellste Serienauto auf: 2005 erreichte der Bugatti Veyron 16.4 einer Höchstgeschwindigkeit von 408,47 km/h und war damit der erste Supersportwagen, der 400 km/h-Marke offiziell durchbrach. 2010 erzielte der Bugatti Veyron 16.4 Super Sport auf gleicher Strecke eine Top-Speed von 431,07 km/h.
Eigentlich besitzt Ehra-Lessien im Gegensatz zu höher gelegenen Hochgeschwindigkeitsstrecken wie in Nevada einen Nachteil: Ehra-Lessien liegt 50 Meter über Normalnull, ergo fast auf dem Niveau des Meeresspiegels. Durch die höhere Luftdichte muss das Fahrzeug mehr Kraft aufbringen und fährt bei hohen Geschwindigkeiten von über 400 km/h wie gegen eine Wand. Luftdruck, Luftdichte und Temperatur sind bei Hochgeschwindigkeitsfahrten sehr wichtig und machen je nach Höhenlage bis zu 25 km/h aus. In Nevada wären damit sogar 515 km/h möglich gewesen.
Dennoch entschied sich Bugatti für Ehra-Lessien, da dort die Sicherheitsstandards bei Hochgeschwindigkeitsversuchen so hoch liegen wie an keinem anderen Ort der Welt. Die Strecke wird unter anderem von Leitplanken umsäumt und die Fahrbahn wurde vor dem Fahrversuch mit speziellen Matten gereinigt, um Steine oder Split aufzunehmen.