Belgier sind gestört - das macht sie aber auch so sympathisch. Sie produzieren Bier, zum Beispiel mit Aprikosen und Honig drin. Sie produzieren mit großem Stolz Schokolade, und sie produzieren sogar ein Supersportauto: den Gillet Vertigo. Wie es sich für einen Belgier gehört, ist auch der Vertigo gestört.
© Foto: Gillet
Die erste Version sah aus wie ein Hammerhai mit Rädern dran - und sie war gelb, genauso wie der spätere Rennwagen. Über die Jahre näherten sich die Vertigos normalen Fahrzeugen etwas an und heute klingen die Eckdaten des aktuellen Vertigo.5 Spirit eher fein komponiert wie belgische Schokolade, statt unfein kompostiert wie belgisches Bier.
Unter der schwulstigen Haube blubbert der 4,2 Liter große V8 aus dem Maserati GT und leistet im Vertigo 420 PS. Drehmomentangaben machen die Belgier keine, auch die Performance-Daten gab Gillet nicht bekannt. Zum Vergleich: Im Maserati GranTurismo generiert der Motor 405 PS und 460 Nm. Es wird geschätzt, dass der Gillet Vertigo.5 Spirit in ca. 3 Sekunden aus dem Stand auf Tempo 100 spurten soll.
Als Kraftübertragung gibt es aus Belgien ein sequenzielles Sechsganggetriebe. Sequenzielle Sechsganggetriebe sind die männliche, mechanische, sehr leichte Alternative zu diesen Hightech-Computer-Milchschaumtechnikdoppelkupplungsgetrieben. Jedes gescheite Motorrad bis rauf in die Königsklasse MotoGP hat so etwas.
Das Chassis ist wie in der Formel 1 oder beim KTM X-Bow vollständig aus Kohlefaser-Aramid-Kompositmatten laminiert. Das macht es extrem verwindungssteif und leicht: 990 Kilogramm gibt Gillet als Leergewicht für das Fahrzeug an. Für seine Bauart besitzt der Spirit zudem einen recht kurzen Radstand - gut, um wendig ums Eck oder ins Schleudern zu kommen.
Die Türen klappen schmetterlingsgleich nach oben auf, die Farben von Innenraum und Außenlack entsprechen allein den Wünschen der Kunden. Der Wagen steht auf 19-Zoll-Felgen - hinten 275 Millimeter breit, vorne 225 Millimeter - und bremst mit innenbelüfteten Edelstahlscheiben (vorne 330 Millimeter Durchmesser mit Vierkolbenfestsätteln, hinten 300 Millimeter Durchmesser).
Die Radführungen übernehmen feinfühlig Doppelquerlenker. Das ist alles gängige Rennsporttechnik, fast schon verdächtig normal für einen Belgier. Aber dann guckt man sich die hohe Chassiskante an, die das Einsteigen erschwert, diese phalloide Form mit fettem Spoiler hintendrauf und denkt: Nein, das ist immer noch ziemlich sympathisch gestört.