Das BMW Concept Coupé Mille Miglia 2006 wird niemals ein Rennen gewinnen, und dennoch ist der Zweisitzer ein Symbol für den Motorsport und die Rennerfolge der bayerischen Marke. Mit der aufregenden Konzeptstudie zeigt BMW, wie sich traditionelle Werte, modernes Know-how und Visionen zu einer faszinierenden Fahrmaschine vereinen lassen.
© Foto: Speed Heads
Im Concept Coupé Mille Miglia 2006 konzentrieren sich Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft des Automobilbaus. Das Concept Coupé Mille Miglia 2006 ist weder die Kopie eines erfolgreichen Rennwagens, noch dient es als Vorbote für künftige Serienmodelle. Der Zweisitzer stellt vielmehr eine Hommage an die Leistungen jener Ingenieure dar, die BMW zu einem bedeutenden Sieg der Mille Miglia im Jahre 1940 verhalfen.
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Traditionelle Werte führen zu neuen Erfolgen
Sportlicher Ehrgeiz, Siegeswille und Kreativität sicherten dem BMW 328 Coupé damals den Erfolg bei der Mille Miglia. Seine Erbauer nutzten die fortschrittlichsten Techniken des Automobilbaus auf intelligente Weise, um eines der härtesten und prestigeträchtigsten Straßenrennen der Welt zu gewinnen. Der Zweisitzer erhielt eine in der Mailänder Karosserieschmiede „Touring“ gefertigte Leichtbau-Karosserie auf einem Gitterrohrrahmen. Die Leistung seines 2,0 Liter-Reihensechszylinder-Motors wurde von ursprünglich 80 auf 136 PS gesteigert. Am Ende ging das BMW 328 Mille Miglia Touring Coupé mit Fritz Huschke von Hanstein und Walter Bäumer als Sieger durchs Ziel – mehr als eine Viertelstunde vor dem zweitplatzierten Wagen.
Der Charakter des BMW 328 und seine Erfolge überdauerten die Zeit. Schließlich wurde der Geschwindigkeitsrekord der Mille Miglia mit einem Durchschnittstempo von 166,7 km/h nie gebrochen. Und seine Grundeigenschaften – beeindruckende Motorleistung, höchste Effizienz, Leichtbau und optimale Aerodynamik – geben noch immer ein Erfolg versprechendes Rezept ab. All das ist Grund genug, um dem BMW 328 und seinen Schöpfern ein Denkmal zu setzen. So stand der berühmte Zweisitzer Pate für das Design des BMW Concept Coupés und inspirierte die Macher.
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Von der langen Motorhaube und den großzügig geschwungenen vorderen Radhäusern über das weit zurückversetzte „Greenhouse“ mit seiner geteilten Frontscheibe bis zu den Kotflügeln, die sich über die hinteren Räder wölben und sie vollständig bedecken, wird die stromlinienförmige Karosserie der Rennsport-Legende im Design des Concept Coupés wieder aufgenommen.
Klassische Formen und optimierte Aerodynamik
Die charakteristische Grundform wird auf moderne Weise interpretiert und weiterentwickelt. Bei der Optimierung der Aerodynamik konzentrierten sich die Karosseriegestalter heute besonders auf den Seiten- und den Heckbereich des Fahrzeugs. Ziel war es, die Luftströmung vollkommen harmonisch und verwirbelungsfrei bis zum Heck zu führen. Erst dort wird ein definierter Strömungsabriss erzeugt. Dabei reduziert sich nicht nur der Luftwiderstand effektiv, sondern zugleich generiert sich ein hoher Abtrieb, der die Straßenlage und damit die Fahrdynamik des Coupés fördert.
Mit jeweils fünf auch optisch sehr wirkungsvollen Lufteinlässen im Bereich der A-Säulen werden Strömungsbewegungen im Vorderwagen reguliert. Diese Kiemen stellen ein traditionsreiches und für Sportwagen typisches Element dar, das von BMW ebenfalls bei aktuellen Modellen zum Einsatz kommt. Beim BMW Concept Coupé erfüllen die in einer schlanken Z-Linie ausgeprägten Schlitze eine doppelte Funktion. Sie führen zum einen die zur Motorkühlung durch die BMW-Niere einströmende Luft wieder ab; zugleich entsteht ein Unterdruck in den vorderen Radhäusern. Dieser Effekt reduziert die Verwirbelungen an den Radhäusern und verstärkt gleichzeitig den Anpressdruck des Fahrzeugs auf die Straße.
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Geringe Verwirbelung, klar definierter Strömungsabriss
Die vollständige Verkleidung der Hinterräder und das sehr sanft auslaufende Heck sind weitere Gestaltungselemente, die auf gleichermaßen traditionellen wie neuesten aerodynamischen Erkenntnissen basieren. In der Summe entsteht eine umgekehrte Keilform, die unerwünschte Verwirbelungen minimiert und den Strömungsabriss auf eine eng umgrenzte Fläche konzentriert. Verkleidungen am Fahrzeugunterboden und Diffusoren aus Carbon an der Front- und an der Heckschürze sorgen auch in den nicht einsehbaren Bereichen der Karosserie für eine gezielte Luftführung. Bei der Gestaltung der Karosserie ergänzen sich die funktionalen Notwendigkeiten zur Positionierung von Motor, Antriebsaggregaten und Fahrgastraum mit aerodynamischen Erfordernissen zu einem ästhetischen Ganzen.
Dynamische Linien und asymmetrische Formen
Ins Bild seiner kraftvollen Proportionen fügen sich auch die speziell für das Concept Coupé entworfenen 20 Zoll großen Leichtmetallfelgen ein. Auf ihnen montierte man Reifen der Dimension 245/40 R 20. Anstelle von Türen trägt die Studie fest integrierte Seitenwände, die einerseits zur Gewichtsreduzierung und andererseits zur Erhöhung der Torsionssteifigkeit beitragen. Um den Piloten Zugang zum Innenraum zu gewähren, schwingt die gesamte Kanzel nach oben.
Auch die Heckpartie der Konzeptstudie ist geprägt durch Designelemente. Ein aus LED-Einheiten bestehendes Leuchtenband führt horizontal über das Heck. Die Kombination aus modernster Lichttechnik und ihrer ungewöhnlichen Gestaltung vereint zwei funktionale Vorteile: durch das extrem schnelle Ansprechverhalten der LEDs und die erhöhte Auffälligkeit ihrer asymmetrischen Anordung kann die Bremsleuchte schneller wahrgenommen werden als bei konventioneller Lichttechnik.
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Traditionelles Handwerk für ein emotionales Fahrzeug
Bei der Designentwicklung des BMW Concept Coupés wurden traditionelle Methoden angewandt. Während die praktisch unbegrenzten Möglichkeiten des Designs am Computer immer die Gefahr von Beliebigkeit in sich bergen, führt bei der traditionellen Karosseriegestaltung nur die konsequente Ausführung einer Idee zum erwünschten Ziel. Dies ist mit ein Grund dafür, dass auch heute noch die Designmodelle aller BMW-Serienfahrzeuge in Handarbeit entstehen. In der Serienentwicklung geschieht dies mit Clay-Modellen – einer modellierbaren Plastilinmasse. Für das Concept Coupé griffen die Designer mit dem Modellieren aus Gips auf eine noch traditionellere Methode zurück. Dieser Werkstoff bringt feste Arbeitsrhythmen beim Auftragen, Formen und Aushärten des Materials mit sich. Jeder einzelne Schritt erfordert ein hohes Maß an Konzentration.
Bei der Auswahl der Materialien stellten sich die Entwickler des BMW Concept Coupés die gleiche Aufgabe, die schon die Schöpfer des BMW 328 Mille Miglia Touring Coupé zu unkonventionellen Lösungen beflügelte. Eine extrem leichte Karosserie sollte entstehen - aus dem besten für diesen Zweck verfügbaren Material. Entsprechend wurde für das Concept Coupé ein derartiger Werkstoff gewählt. Die gesamte Karosserie des Konzeptfahrzeugs besteht aus karbonfaserverstärktem Kunststoff (CFK). Die Außenhaut ist in Feinsilber lackiert, einem Hochglanzfarbton mit extrem feinen Pigmenten. Die Lackierung weckt somit die Erinnerung an traditionelle Farbgebungen, bei näherem Hinsehen ist sie jedoch sehr deutlich als Ergebnis modernster Oberflächengestaltungstechnik zu erkennen.
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Zeitloses Design, moderne Technik
Moderne Einflüsse prägen das Erscheinungsbild des BMW Concept Coupés. Unter der zeitlosen Hülle der Studie kommt aktuelle Serientechnik zum Einsatz: die Antriebskomponenten des BMW Z4 M Coupés, der leistungsstärksten Variante des puristisch-sportlichen Zweisitzers. Motor und Fahrwerk des kompromisslosen Sportwagens finden im BMW Concept Coupé eine ganz neue Bestimmung. Sie bilden die ideale Basis für eine Dynamik, wie sie das Concept Coupé auszeichnen müsste, wenn es für die Fahrpraxis auf der Straße - oder der Rennstrecke - konzipiert wäre. Besonders markant fällt der extrem kurze vordere Karosserieüberhang aus. Dagegen läuft die Heckpartie aus aerodynamischen Gründen auffallend sanft und weit gestreckt aus.
Das BMW Concept Coupé sucht die Nähe zum BMW 328 und zum BMW Z4 M Coupé. Es zeigt dabei die Gemeinsamkeiten zwischen dem klassischen Vorbild und seinem modernen Erben auf. Der BMW 328 wurde zunächst als offener Zweisitzer konzipiert. Erst als das Reglement des 24-Stunden-Rennens von Le Mans auch geschlossene Fahrzeuge zuließ, erging der Auftrag, für den BMW 328 eine entsprechende, möglichst leichte und aerodynamische Karosserie zu entwerfen. Der BMW Z4 Roadster war bereits etabliert und erfolgreich, als die Karosserie für das geschlossene Schwestermodell völlig neu entwickelt wurde.
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Reihensechszylinder-Motor: Noch immer Maßstab für Dynamik
Darüber hinaus fordert das BMW Concept Coupé zu einer intensiven Beschäftigung mit der Geschichte des Motorenbaus heraus. Ein Reihensechszylinder-Triebwerk dient der Studie als Kraftquelle. So war es schon beim BMW 328, so ist es auch beim BMW Z4 M Coupé. Im Concept Coupé spiegeln sich nun mehr als 70 Jahre Entwicklungsgeschichte des Reihensechszylinder-Motors wider.
Dass man den 1.971 Kubikzentimeter großen Motor des BMW 328 von anfänglich 80 auf bis zu 136 PS erstarken ließ, darf auch heute noch als Beleg für die exzellenten Fähigkeiten der Ingenieure von damals gelten. Sowohl die Literleistung als auch das Leistungsgewicht des BMW 328 Mille Miglia Touring Coupé markierten Bestwerte. Der außerordentlich leistungsstarke Reihensechszylinder-Motor des BMW Z4 M Coupé schöpft seine Kraft nunmehr aus einem Hubraum von 3.246 Kubikzentimetern, seine Leistung beträgt 252 kW/343 PS. Der Kraftstoffverbrauch ist indes im Vergleich zum Urahnen mit 2,0 Litern Hubraum sogar gesunken.
Im BMW Concept Coupé kommt das neuzeitliche Aggregat auch akustisch höchst eindrucksvoll zur Geltung. Modifizierungen an der Ansaug- und der Abgasanlage bescheren dem Konzeptfahrzeug einen kompromisslos auf Rennsport-Tonalität gestimmten Motorsound. Bereits im Leerlauf signalisiert dumpfes Grollen jene Form von erwartungsvoller Ungeduld, die das BMW Concept Coupé auch optisch auf der Startposition einer Rennstrecke ausstrahlen würde. Bei 4 900 U/min, jener Motordrehzahl, mit der das maximale Drehmoment von 365 Newtonmetern erreicht wird, hat sich die kraftvoll-raue Klangfarbe des Sechszylinders bereits zu einem fanfarenartigen Sounderlebnis gesteigert.
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Das Interieur: Visionen für stilvollen Rennsport
Gänzlich befreit von den Konventionen, die bei seriennahen Konzeptstudien auftreten, verhalfen die Designer dem BMW Concept Coupé zu einem unvergleichlichen Innenraum. So entstand ein Interieur, in dem die Struktur von Flächen und Formen vollkommen neue Wirkung erzielt. Weder Dekorleisten noch Ringe oder Rahmungen beeinträchtigen ihre puristische Anmutung. Auch Beschriftungen, Logos und Symbole werden nicht etwa zusätzlich aufgebracht, sondern per Lasertechnik ins jeweilige Metall-Bauteil geprägt.
Mit extrem flach gewalztem Edelstahl, naturbelassenem Rindsleder und
Lycra-Gewebe gelangen exakt drei Werkstoffe im Interieur des BMW Concept Coupé zum Einsatz. Auf minimale Auswahl reduzierten sich auch die Verarbeitungsmethoden. Sämtliche Komponenten wurden entweder miteinander vernäht oder mittels einer Spezialtechnik aneinander geklammert. Die daraus resultierende Anmutung von Oberflächen und Bedienelementen vermittelt den Insassen den Eindruck eines ebenso futuristischen wie exklusiven Ambientes.
Falttechnik schafft Formen, Fugen übernehmen Funktionen
Bei der Gestaltung der Interieur-Elemente kombinierten die Designer den Einsatz traditioneller Werkstoffe und die Anwendung neuer Verarbeitungstechniken. Besonders augenfällig: die im Cockpit und im Bereich der Mittelkonsole realisierte Verarbeitung von V2a-Edelstahlblechen. Die auf eine Stärke von nur einem Millimeter gewalzten Bleche wurden mehrfach gefaltet, um die endgültige Oberflächenstruktur des jeweiligen Bauteils anzunehmen. An den dazu vorgesehenen Kanten erhielten die Bleche zuvor eine präzise eingeschnittene Falzung. Diese nahm man mit einer speziell zu diesem Zweck entwickelten Lasertechnik vor, so dass eine äußerst exakte Umformung, die obendrein zur besonderen Stabilität des fertigen Bauteils führt, möglich wurde.
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Überall dort, wo zwei Metallbauteile aufeinander treffen, verklammerten die Macher sie mit lasergeschnittenen Verzahnungen absolut bündig. Fugen entstehen nur dort, wo sie zugleich eine Funktion übernehmen können und vor allem auch sollen. So dient beispielsweise der Übergang zwischen Armaturenträger und Mittelkonsole als zusätzliche Ablagefläche. Auf diese Weise wandelt sich die Fuge vom unerwünschten Nebeneffekt bei der Verbindung zweier Bauteile zu einem gezielt eingesetzten Gestaltungselement.
Bei der Metallverarbeitung ließen sich die Innenraum-Designer von traditioneller Papierfalttechnik inspirieren. Dort werden, ganz ohne künstliche Verbindungen, Formen und Strukturen geschaffen, die trotz aller Leichtigkeit mit einer beeindruckenden Stabilität aufwarten. Die aus Japan stammende Origami-Kunst inspiriert den Automobilbau indes nicht zum ersten Mal. Auch die Falttechnik zur Unterbringung von Airbags auf kleinstem Raum ist wesentlich von dieser Methodik beeinflusst. Für die Gestaltung ganzer Interieur-Landschaften stellt diese Lösung hingegen einen neuen Ansatz dar.
Neue Ästhetik aus Tradition und Innovation
Die Verknüpfung von Tradition und Innovation führt ferner bei der Verarbeitung von Leder im Interieur des BMW Concept Coupés zu einer neuen Ästhetik. Mehrere Schichten der lediglich gegerbten, ansonsten aber naturbelassenen Rindshäute werden miteinander verpresst. Das ungefärbte Leder unterliegt darüber hinaus einem natürlichen Reifeprozess, der im Laufe von Jahren zu attraktiven Patina-Effekten führt.
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Mit besonders dezent ausgeführten Nähten verknüpfte man Leder- und Lycra-Elemente unter- und miteinander. Auch Metall und Leder vernähte man genau dort, wo sie aufeinandertreffen. Die drei Materialien, die den Innenraum des Konzeptfahrzeugs beherrschen, sind von höchst unterschiedlichem Charakter: ein für unendliche Solidität geschaffenes Metall, ein unbehandelter und daher lebendiger Naturstoff und eine moderne, strapazierfähige Kunstfaser.