Mission erfüllt: Porsche gewann die 83. Auflage des 24-Stunden-Rennens von Le Mans und holte den 17. Gesamtsieg für das Unternehmen - sogar als Doppelsieg. Die Piloten Earl Bamber (Neuseeland), Nico Hülkenberg (Deutschalnd) und Nick Tandy (Großbritannien) sahen mit dem Porsche 919 Hybrid auf den Tag genau 45 Jahre nach dem ersten Porsche-Gesamtsieg an der Sarthe als Erste die Zielflagge. Nico Hülkenberg schreibt zudem Motorsport-Geschichte: der Deutsche ist der erste aktive Formel-1-Fahrer, der sein Debüt-Rennen in Le Mans gewinnen konnte. Das Porsche-Schwesterauto mit dem Fahrer-Trio Timo Bernhard (Deutschland), Brendon Hartley (Neuseeland) und Mark Webber (Australien) machte den Triumph mit Platz zwei perfekt. Schnell, aber glücklos, war der drittplatzierte Audi R18 e-tron quattro mit André Lotterer (Deutschland), Marcel Fässler (Schweiz) und Benoît Tréluyer (Frankreich).
© Foto: Porsche
Heißer Kampf führte zu neuem Streckenrekord
Keine andere Marke kann beim härtesten Langstreckenrennen der Welt so viele Erfolge vorweisen wie Porsche. Auch der bis dato letzte Sieg war ein Doppelsieg: 1998 angeführt von Allan McNish/Laurent Aiello/Stéphane Ortelli im Porsche GT1. Heute dient der rund 1.000 PS starke Porsche 919 Hybrid mit einem hochmodernen Downsizing-Turbomotor und zwei Energierückgewinnungssystemen als rasantes Forschungslabor für maximale Effizienz künftiger Straßensportwagen.
Beim diesjährigen 24-Stunden-Rennen lieferten sich die Konzernschwestern Audi und Porsche auf der 13,629 Kilometer langen Strecke das erwartete harte und spannende Duell um den Sieg. Aufgrund der immensen Leistungsdichte, insbesondere zwischen den drei Porsche 919 Hybrid und den Prototypen von Audi, wurde das Rennen zwei Mal rund um die Uhr praktisch im Qualifying-Modus ausgetragen. Audi holte zwar nicht den Sieg, stellte aber durch André Lotterer mit einer Rundenzeit von 3.17,475 Minuten einen neuen Streckenrekord auf.
Rookies gewinnen materialmordenden Marathon
Der siegreiche Prototyp mit der Nummer 19 ging als Dritter ins Rennen, fiel in der Anfangsphase sogar bis auf Position 8 zurück und war dann lange Sechster. Es ist ausgerechnet die Rookie-Besetzung, die den Klassiker gewann. Weder Formel-1-Pilot Nico Hülkenberg, noch Earl Bamber brachten Le-Mans-Erfahrung mit. Nick Tandy, der dritte Fahrer im Siegertrio, absolvierte immerhin bereits zwei 24-Stunden-Rennen in Le Mans für Porsche in der GT-Klasse. Mit superschnellen Runden, hoher Konzentration und Souveränität fuhren die drei ein fehlerfreies Rennen und verdienten sich so den Sieg.
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Zu Beginn des materialmordenden Marathons führte der Porsche mit der Nummer 17 das Feld an, wurde allerdings am Ende des ersten Renndrittels durch eine einminütige Stop-and-Go-Strafe auf Platz vier zurückgeworfen. Timo Bernhard, Brendon Hartley und Mark Webber ließen sich nicht aus der Ruhe bringen und fuhren nach einer Aufholjagd noch bis auf Platz zwei vor.
Die drittplatzierten Audi-Piloten André Lotterer, Marcel Fässler und Benoît Tréluyer kämpften trotz eines frühen Reifenschadens um den Sieg, ehe sich an ihrem Audi R18 e-tron quattro am Sonntag um kurz vor 7 Uhr ein großes Teil der Motorabdeckung löste und weitere Schäden am Auto verursachte. Die Reparatur wurde in 6.56 Minuten erledigt, die zwei verlorenen Runden waren aber nicht mehr aufzuholen.
Nach Crash folgte die Verblüffung
Auch der viertplatzierte Audi war absolut konkurrenzfähig. Lucas di Grassi (Brasilien), Loïc Duval (Frankreich) und Oliver Jarvis (Großbritannien) verloren ihre Siegchance durch einen genauso bizarren wie spektakulären Unfall: Loïc Duval prallte im Streckenabschnitt „Indianapolis“ kurz vor Ende der dritten Stunde vehement gegen die Leitplanken, als er mehreren langsamen Fahrzeugen auswich und von einem GTE-Fahrzeug am Heck touchiert wurde. Dass der R18 nach nur vierminütiger Reparatur das Rennen fortsetzen konnte, sorgte für große Verblüffung und Anerkennung bei den Beobachtern. Am Ende belegten di Grassi/Duval/Jarvis den vierten Platz.
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Die Besatzung des dritten Porsche 919 Hybrid um Marc Lieb (Deutschland), Romain Dumas (Frankreich) und Neel Jani (Schweiz) hatte ein vergleichsweise schwieriges Rennen. Pole-Mann Neel Jani verlor kurz nach dem Start die Führung an Timo Bernhard. Phasenweise kämpften die Fahrer mit der sensiblen Bremsstabilität ihres Autos, und zwei kleinere Ausritte erschwerten den Vorwärtsdrang zusätzlich. Mehr als Platz fünf ließ die Chronologie der Ereignisse für das schnelle Trio mit der Nummer 18 nicht zu.
Zu langsam: Enttäuschung bei Toyota
Lieferten sich die beiden Toyotas 2014 mit Audi noch ein packendes Rennen um die Spitze, konnten die Japaner dieses Jahr mit dem Toyota TS040 Hybrid das Tempo der Konkurrenz von Porsche und Audi nicht mitgehen. Obwohl die Rennwagen zuverlässig liefen, erwies sich eine Verbesserung um gut eine Sekunde gegenüber den eigenen Bestzeiten von 2014 als nicht genug.
Die beiden TS040 Hybrid befanden sich nie in der Lage, das Vorderfeld anzugreifen. Andererseits drohte auch von den nachfolgenden Autos keine Gefahr. So wurde es ein einsames Rennen für beide Autos, das Toyota auf Rang 6 mit Alexander Wurz (Österreich), Stéphane Sarrazin (Frankreich) und Mike Conway (Großbritannien) sowie auf Rang 8 mit Anthony Davidson (Großbritannien), Sébastien Buemi (Schweiz) und Kazuki Nakajima (Japan) beendete.
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Beste Chancen auf den Sieg - doch dann passierte es
Zwischen den zwei Toyotas platzierte sich der Audi R18 e-tron quattro von Filipe Albuquerque (Portugal), Marco Bonanomi (Italien) und Le-Mans-LMP1-Neuling René Rast (Deutschland), die lange Zeit die besten Chancen auf den Sieg hatten und mehrmals die Führung übernahmen. Aufgrund von Problemen mit dem Hybrid-System fiel das Audi-Trio aber am Sonntagvormittag hinter die beiden besten Porsche auf Platz drei zurück. Drei Stunden vor Rennende musste Audi als Folge der Hybrid-Probleme die vordere linke Antriebswelle wechseln. Die Reparatur dauerte 17 Minuten und besiegelte den siebten Platz in der Gesamtwertung.
Ergebnis 24 Stunden Le Mans 2015:
1. Hülkenberg/Bamber/Tandy (Porsche) 395 Runden
2. Bernhard/Webber/Hartley (Porsche) - 1 Runde
3. Fässler/Lotterer/Tréluyer (Audi) - 2 Runden
4. di Grassi/Duval/Jarvis (Audi R18 e-tron quattro) - 3 Runden
5. Dumas/Jani/Lieb (Porsche) - 4 Runden
6. Wurz/Sarrazin/Conway (Toyota) - 8 Runden
7. Albuquerque/Bonanomi/Rast (Audi) - 8 Runden
8. Davidson/Buemi/Nakajima (Toyota) - 9 Runden
9. Howson/Bradley/Lapierre (ORECA-Nissan) - 37 Runden
10. Dolan/Evans/Turvey (Gibson-Nissan) - 37 Runden