Von außen ein unscheinbarer, über 20 Jahre alter Mercedes 190, wie er gut erhalten noch zehntausendfach auf deutschen Straßen unterwegs ist. Aber wehe, das Gaspedal wird gedrückt: Ausgerüstet mit dem hochmodernen, 204 PS starken Common-Rail-Motor OM 651, zeigt der Mercedes 190 D BlueEfficiency das ganze Potenzial dieses neuen Vierzylinder-Dieselmotors.
© Foto: Speed Heads
Mit einem maximalen Drehmoment von 500 Nm im Bereich von 1.600 bis 1.800 U/min besitzt das Experimentalauto mehr als doppelt so viel Kraft wie das seinerzeit stärkste Modell der damaligen Baureihe W201. Der Mercedes 190 E 2.5-16 Evolution II, im Jahre 1990 vorgestellt und 502-mal als Homologationsmodell für die DTM-Tourenwagen der Gruppe A produziert, bringt es „nur“ auf 245 Nm.
Die Idee für das ungewöhnliche Experimentalfahrzeug entstand bei einer abendlichen Diskussion über die enorme Entwicklung der Diesel-Technologie in den letzten 20 Jahren. Die Frage lautete: „Wie könnte man diesen Fortschritt wirklich erlebbar machen, isoliert von den ebenfalls tiefgreifenden Veränderungen bei Sicherheit und Komfort des Gesamtfahrzeuges?“
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„Die größte Herausforderung bei diesem Projekt waren aber nicht die Hardware-Arbeiten, sondern die Elektronik“, betont Mercedes-Ingenieur Peter Lehmann. Denn das Datenübertragungssystem CAN-Bus gab es beim 190er noch nicht und bei der aktuellen C-Klasse und ihrem modernen Motor kommunizieren ständig über ein Dutzend Steuergeräte miteinander, um ihre Aufgaben aufeinander abzustimmen. Ohne entsprechende Signale kein Start, da das elektronische Zündschloss unter anderem als Bindeglied zwischen Motor-CAN-Bus und Innenraum-CAN-Bus agiert.
Daher gaukeln die Väter des 190 D BlueEfficiency dem Motor einfach vor, dass er sich auf einem Prüfstand befindet. Entsprechende Signale liefert ein Elektronikkasten im Kofferraum, gut zwei Schuhkartons groß. Damit ließ sich der OM 651 zum Leben erwecken. Doch das Folgeproblem ließ nicht lange auf sich warten: Um wirklich fahren zu können, verlangte die Elektronik nach ABS-Signalen. Aber drehende Räder gibt es selbst auf virtuellen Motorprüfständen nicht. Also mussten die Elektronikspezialisten erneut ran - auch die ABS-Signale werden jetzt simuliert.
Der Mercedes 190 D BlueEfficiency beschleunigt in 6,2 Sekunden von 0 auf 100 km/h. Damit bewältigt die Limousine den Standardsprint satte 11,9 Sekunden schneller als ein zeitgenössischer 190 D, der bei seiner Vorstellung im Jahre 1983 mit seinem neu entwickelten, vollgekapselten Aggregat als „Flüsterdiesel“ Furore machte.
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Noch beeindruckender sind die Unterschiede zwischen beiden Diesel-Generationen im Verbrauch. Trotz des deutlichen Leistungszuwachses von 72 PS (OM 601, 1988) auf 204 PS (OM 651, 2009) verbraucht der neue Motor in der alten Karosserie 4,9 Liter auf 100 Kilometer im NEFZ-Zyklus, statt 7,3 Liter anno 1988.
Wirklich erstaunlich aber ist, dass sich der aktuelle C 250 CDI BlueEfficiency - gemessen nach der zu Zeiten des 190 D geltenden DIN-Norm im Drittelmix - mit 4,6 Litern auf 100 Kilometern begnügt, im aktuellen NEFZ-Fahrzyklus sind es 5,1 Liter auf 100 Kilometern. Das ist eine Verbesserung um rund 30 Prozent - ganz zu schweigen von den Abgaswerten.
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Die Startbedingungen sind ungleich: So ist ein Mercedes 190 D um 385 Kilogramm leichter als ein aktueller Mercedes C 250 CDI BlueEfficiency. Neben dem gestiegenen Platzangebot - das aktuelle C-Klasse-Modell ist 16 Zentimeter länger sowie rund 9 Zentimeter breiter und höher als ein 190er - ist dafür das hohe Komfort- und Sicherheitsniveau verantwortlich.
Eine Reihe von Faktoren ist für die vorbildliche Effizienz der aktuellen C-Klasse ausschlaggebend. Zum einen die Aerodynamik: Mit cw = 0,34 war der 190 vorbildlich für seine Zeit. Die neue C-Klasse aber schlägt ihn um Längen und ist mit cw = 0,27 wiederum Trendsetter in seinem Segment.
Groß ist auch der Fortschritt im Antriebsstrang. Verfügte der 190 D über ein Vier- oder wahlweise über ein Fünfgang-Schaltgetriebe, stehen beim C 250 CDI sechs Gänge zur Verfügung. Hinzu kommt eine Vielzahl von Maßnahmen zur Reibungsminderung. Auch Kühlerventilator, Servolenkung oder Generator laufen heute erheblich effizienter als vor 20 Jahren.
Landy
04.09.2009
Ziemlich coole Idee! Das ist mal ein echter Wolf im Schafspelz