Am 29.07.2006 feierte der neue Porsche 911 GT3 RSR seine Rennpremiere beim 24-Stunden-Rennen im belgischen Spa-Francorchamps. Porsche entwickelte den seriennahen Rennsportwagen auf der Basis des straßentauglichen 911 GT3 RS und kooperierte beim ersten Renneinsatz des GT3 RSR mit der erfahrenen Mannschaft um Teamchef Olaf Manthey.
© Foto: Speed Heads
Über die gesamte Distanz des 24-Stunden-Rennens erwiesen sich die zwei neuen Porsches als äußerst konkurrenzfähig in der Gruppe 2 für leicht modifizierte, seriennahe Rennwagen. Schon im Qualifikationstraining markierte Porsche-Werksfahrer Lucas Luhr (Monaco) die schnellste Zeit in dieser Fahrzeugkategorie. Im Verlauf des Rennens stießen die beiden Porsches sogar bis in die Top-Ten der Gesamtwertung vor, die von reglementsbedingt wesentlich stärkeren GT1 Fahrzeugen angeführt wurde. Am Ende standen die Plätze 14 und 15 der Gesamtwertung, in der Gruppe der seriennahen Rennwagen jedoch die Plätze 1 und 2.
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Von einer besseren Position im Gesamtranking hielt den ersten 911 GT3 RSR mit den Piloten Lucas Luhr, Sascha Maassen und Marcel Tiemann ein beschädigter Unterboden ab, der die Kühlleitung zerstörte und eine Reparatur erforderte. Drei Stunden vor Rennende musste die Boxencrew wegen einer festgefressenen Radmutter einen neuen Radträger einbauen. Den zweiten Porsche mit den Fahrern Marc Lieb, Timo Bernhard und Pedro Lamy hinderte ein defektes Getriebe, das die Boxencrew komplett auswechseln musste, an einer besseren Platzierung.
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Das Rennen galt Porsche und Manthey Racing als wichtiger Test unter Wettbewerbsbedingungen und diente gleichzeitig zur Standortbestimmung für das neue Fahrzeug. 2006 bleibt Spa nach aktuellem Planungsstand der einzige Einsatz. Vor der Homologation des Fahrzeugs im Januar fließen die Erkenntnisse des harten 24-Stunden-Rennens in die weitere Entwicklungsarbeit und damit in die Kundenfahrzeuge ein. Ab 2007 soll der 911 GT3 RSR im Kunden-Motorsport an die Erfolge seiner Vorgänger anschließen. Über den Winter 2006-2007 will Porsche zunächst 35 Einheiten des neuen Rennsportwagens produzieren.
Basierend auf dem Porsche 911 GT3 RS, einer besonders leichten und sportlichen Variante des 911 GT3, wurde der aktuelle GT3 RSR für den künftigen Einsatz nach A.C.O.- (Automobile Club de l‘ Ouest), FIA GT-, IMSA- (International Motorsports Association) und VLN- (Veedol Langstrecke Nürburgring) Regeln konzipiert. Porsche entschied nach der Auswertung der relevanten Regelwerke, den Rennsportwagen in einer A.C.O.- und FIA-Spezifikation zu bauen, die ein Mindestgewicht von 1.225 Kilogramm (Vorgänger 1.125 Kilogramm) vorsieht und dabei eine um zwei Zoll auf 14 Zoll vergrößerte Reifenbreite zulässt. 35 Kilogramm des verlangten Mehrgewichts dürfen als Ballast im Fahrzeug platziert sein, was eine Absenkung des Schwerpunkts ermöglichte.
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Für den Porsche-Saugmotor erlaubt diese Spezifikation bei einem Hubraum von 3,8 Litern zwei 30,3-Millimeter-Luftmengenbegrenzer (Vorgänger: 3,6 Liter, je 29 Millimeter). Die Hubraumerhöhung erreichte Porsche durch die Vergrößerung der Bohrung auf 102,7 Millimeter bei unverändertem Hub von 76,4 Millimetern. Das Aggregat leistet mit den vorgeschriebenen Luftmengenbegrenzern kräftige 485 PS bei 8.500 Kurbelwellenumdrehungen. Das maximale Drehmoment wuchs auf 435 Newtonmeter. Die Höchstdrehzahl wird bei 9.000 Touren erreicht.
Dank der Hubraumvergrößerung und einer entsprechenden Programmierung der Motorelektronik verbesserte man neben der Höchstleistung gleichzeitig das Ansprechverhalten und die Fahrbarkeit des Motors. Die neue Positionierung des Front-Mittelkühlers und die Verwendung von Seitenkühlern auf Basis des Hochleistungs-Sportwagens Carrera GT gewährleisten die thermische Gesundheit des Motors.
Der GT3 RSR verfügte für den Renneinsatz in Spa über das bewährte sequentielle Sechsgang-Getriebe seines Vorgängers. Die Kundenfahrzeuge für 2007 werden dagegen mit einem neuen sequentiellen Sechsgang-Klauengetriebe ausgerüstet, das die Gangräder des in der American Le Mans Series eingesetzten RS Spyder besitzt. Dank einer modifizierten Abtriebsposition wird die bisherige Achswellenpfeilung vermieden, das heißt, die Achswellen befinden sich fast in Null-Lage, was den Wirkungsgrad erhöht und die Dauerhaltbarkeit verbessert.
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Die Karosserie des GT3 RSR ist ausgeräumt, verstärkt und weist mit dem eingeschweißten Sicherheitskäfig eine gegenüber dem Vorgänger um rund zehn Prozent gesteigerte Steifigkeit auf. Markant angesetzte Kotflügel verbreitern die Karosserie auf jeder Seite um 50 Millimeter und ermöglichen die entsprechende Verbreiterung der Spur sowie den Einsatz von Rädern und Reifen der maximal zulässigen Dimension.
Die Verlagerung des Motorölzusatztanks (Option), der Servolenkung und der Batterie in den Vorderwagen verbessert die Gewichtsverteilung. Der Front- und Heckdeckel, die vorderen Kotflügel, die hinteren Verbreiterungen, die Türen, die Fronthaube sowie die Bug- und Heckverkleidungen und der Flügel bestehen aus Kohlefaser-Verbundmaterial. Die hintere Scheibe und die Seitenscheiben wurden aus leichtem Polycarbonat gefertigt.
Das neu entwickelte Aerodynamik-Paket erhöht die aerodynamische Effizienz im Vergleich zum Vorgänger (Typ 996 GT3 RSR) um insgesamt rund sieben Prozent. Die Luftführungen zu und von den Kühlern, den Bremsen und Motor konnte Porsche weiter optimieren. Der neue GT3 RSR weist den nach FIA- und A.C.O.-Regeln vorgeschriebenen, flachen Fahrzeug-Unterboden auf.
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Das Fahrwerk mit einer optimierten Federbeinachse vorn und einer Mehrlenkerachse hinten entspricht im Prinzip der Serie. Die modifizierte Kinematik stimmten die Macher unter anderem auf die breiteren Reifenaufstandsflächen und auf möglichst geringe Sturzänderungen beim Ein- und Ausfedern ab. Die neuen ZF Sachs-Stoßdämpfer arbeiten nach dem sogenannten Through-Rod-System mit deutlich geringerem Kammerdruck und damit geringerer Reibung als konventionelle Dämpfer. Sie verfügen damit über ein erheblich verbessertes Ansprechverhalten. Die Hinterachsposition wurde dahingehend optimiert, dass die Achse selbst einen neuen Querstabilisator, einstellbare obere Lenker und optimierte untere Lenker besitzt.
Die Bremsanlage weist Sechskolben-Aluminium-Festsättel und 35 Millimeter dicke Bremsscheiben von 380 Millimetern Durchmesser vorne sowie Vierkolben-Aluminium-Festsättel mit 30 Millimeter starken und 355 Millimeter großen Scheiben an der Hinterachse auf. Die Waagebalken-Regelung mit gezogenem Hauptbremszylinder (Vorgänger: Schubstange) vermittelt dem Fahrer eine klarere Rückmeldung von der Bremse.