Über 500 PS, mehr als 300 km/h Spitze und ein emotionales Design: Die Franzosen legen mit dem Renault Sport RS 01 ein richtig heißes Kraftpaket mit dem Motor aus dem Supersportwagen Nissan GT-R auf - leider erst einmal nur als Markenpokal-Rennwagen in der „Renault Sport Trophy“. Doch die Straßenversion könnte nur eine Frage der Zeit sein, da Renault weiterhin die Pläne hegt, die legendäre Alpine A110 aufleben zu lassen. Daher stellt sich die Frage: Wie viel Alpine steckt bereits im Renault Sport RS 01? Unter diesem Aspekt erscheint es noch interessanter, sich den neuen Leichtbau-Boliden näher anzugucken.
© Foto: Renault
Starkes Design mit Anpressdruck fast auf DTM-Niveau
Der Renault Sport RS 01 markiert den Start für eine komplett neue Linie von Rennsportwagen. Namensgeber ist der erste Renault Formel 1-Wagen RS01 aus dem Jahr 1977, mit dem der französische Hersteller die Turbo-Ära in der Königsklasse einläutete. Das aufregende Design des 4,710 Meter langen, 2,000 Meter breiten und nur 1,116 Meter hohen Renault Sport RS 01 erinnert durchaus an den Audi R8, aber auch an die Studie DeZir, mit der Renault 2010 seine neue Formensprache definierte. Der Radstand beträgt 2,744 Meter.
Im Zentrum des Kühlergrills wird beim Fahren Luft angesaugt, durch einen bugförmigen Vorsprung des Chassis kanalisiert und zu den beiden Wasserkühlern geleitet. Anschließend gelangt die Kühlluft durch Auslassöffnungen in der Fronthaube erneut ins Freie. Der hierdurch hervorgerufene Unterdruck verstärkt den Anpressdruck auf der Vorderachse. Der große Frontsplitter und der glatte, gestufte Unterboden tragen ebenfalls zur hohen aerodynamischen Effizienz der Frontpartie bei. Zwei Finnen an der Seite der Frontmaske sorgen außerdem für Verwirbelungen, welche die Turbulenzen durch die rotierenden Räder verringern.
Die vom Frontsplitter kanalisierte Luft tritt hinter den Vorderrädern wieder aus und wird entlang der Seitentüren zu den Ansaugöffnungen für die Ladeluftkühler geführt. Dieser aerodynamische Kniff trägt entscheidend zum Temperaturhaushalt des Motors bei. Ebenso auffallend: Die unterschiedlich großen Überhänge stellen das Resultat der ausgefeilten Aerodynamik und der optimalen Gewichtsverteilung dar. Die Fenster, die sich bis zum großen Heckflügel erstrecken, und die kurvenreichen Formen verstärken die Wirkung der Heckpartie.
Unterhalb des einstellbaren Heckflügels presst ein Heckdiffusor den Renault Sport RS 01 an die Fahrbahn, indem er den Luftstrom effizient unter dem glatten Unterboden absaugt. Dieses System besitzt den Vorteil, dass es keinen Luftwiderstand produziert und deshalb die Höchstgeschwindigkeit nicht einschränkt. Zwei Auspuffendrohre und ein breites LED-Leuchtband krönen den Diffusor.
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Seine hohe aerodynamische Effizienz ermöglicht dem Renault Sport RS 01 eine bessere Performance als bei einem GT3-Fahrzeug, nahezu auf DTM-Niveau. Bei 300 km/h wirkt ein Anpressdruck von 1,7 Tonnen auf den Renault Sport RS 01, ein Wert, vergleichbar mit einem Formel Renault 3.5-Monoposto, der in der „World Series by Renault“ an den Start geht.
Leichtes Spiel: Modifizierter Motor aus dem Nissan GT-R
Der 3,8 Liter große V6-Biturbo-Mittelmotor des Renault Sport RS 01 stammt aus dem Nissan GT-R und wurde von Nismo, der Motorsportabteilung des japanischen Allianzpartners Nissan, extra für den Einsatz in dem Markenpokal-Renner modifiziert. Wichtigster Unterschied zum Serienaggregat: die Trockensumpfschmierung, die auch in langgezogenen schnellen Kurven die Motorschmierung sicherstellt. In die Steuereinheit integrierten die Macher ferner eine Traktionskontrolle.
Mit über 500 PS und einem Maximaldrehmoment von mehr als 600 Nm bei 6.800 U/min liegt der Renault Sport RS 01 leistungsmäßig zwischen einem GT3-Fahrzeug und einem DTM-Renner. Diese Power hat leichtes Spiel mit dem Fahrzeuggewicht von weniger als 1.100 Kilogramm. Die Kraftübertragung an die Hinterräder erfolgt dabei über ein längs eingebautes sequenzielles 7-Gang-Getriebe aus dem Hause Sadev, während die Gangwechsel über Lenkradpaddles erfolgen. Die Getriebesteuerung übernimmt ein elektro?BADmagnetischer Aktor von XAP.
Um die Ausgaben zu begrenzen, fährt der Renault Sport RS 01 auf allen Strecken mit der gleichen Übersetzung. Jedoch wird es möglich sein, das Sperrdifferenzial auf einen gewünschten Grundsperrwert vorzuspannen. Die vom Getriebespezialisten ZF Race Engineering entwickelte Kupplung verfügt über eine Anti-Stall-Funktion: das System hebt automatisch die Drehzahl an, wenn der Motor abzusterben droht, etwa nach einem Dreher.
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Fahrwerk wie ein Prototyp-Rennwagen
Für Grip sorgt beim Renault Sport RS 01 insbesondere der aerodynamische Anpressdruck, was sich auch im Aufhängungslayout niederschlägt. Wie bei den unter anderem aus den 24-Stunden-Rennen von Le Mans und der Langstrecken-Weltmeisterschaft bekannten Sportprototypen kombinierten die Entwickler doppelte Querlenker mit Schubstreben und Rennsportstoßdämpfern des renommierten schwedischen Herstellers Öhlins. Sie verfügen über eine einstellbare Zug- und Druckstufe. Während die Dämpfer an der Vorderachse konventionell außen im Fahrzeug eingebaut sind, ordneten die Franzosen die Dämpfer hinten liegend über dem Getriebe an.
Für eine schnelle und präzise Verzögerung sorgen 6-Kolben-Carbon-Bremsen vom US-amerikanischen Rennsportspezialisten PFC mit 380 Millimetern Durchmesser. Hinzu kommt ein an die speziellen Anforderungen auf der Rennstrecke angepasstes Antiblockiersystem von Bosch Motorsport. Eigens für den Renault Sport RS 01 entwickelte 18-Zoll-Reifen von Michelin, die auf Felgen mit Zentralverschluss montiert sind, runden das Paket ab.
Schiffsbug für höchste Sicherheitsstandards
Um die hohen Ansprüche an Sicherheit und Gewichtsersparnis zu erfüllen, erhielt der Renault Sport RS 01 ein Carbon-Monocoque vom renommierten italienischen Spezialisten Dallara, der auch die Chassis der Formel Renault 3.5 Monoposti fertigt. Das untere Teil, die Wanne, beinhaltet den 150 Liter fassenden Kraftstofftank. Hinzu kommt der stählerne Überrollkäfig. Eine Crashbox vorne absorbiert bei einem Frontalaufprall Energie - ihr Design in Form eines Schiffsbugs trägt ferner zur aerodynamischen Effizienz bei, indem es die Kühlluft kanalisiert.
Eine weitere, mit dem Getriebe verbundene Crashbox schützt bei einem Heckaufprall. Die gesamte Anordnung entspricht den FIA LMP-Standards für 2014 (LMP = Le Mans Prototypen). Eine zusammenfaltbare Lenksäule und ein Schalensitz von Sabelt mit 6-Punkt-Gurt, der sich mit dem HANS-System (Head and Neck Support - Sicherheitssystem im Automobilsport, das Rennfahrer vor starken Verletzungen im Kopf- und Halsbereich schützt) kombinieren lässt, sorgen zusätzlich für Sicherheit.