Toyota prescht mutig vor und präsentiert nach mehr als 20 Jahren Forschungsarbeit die Serienversion einer wasserstoffbetriebenen Mittelklasse-Limousine. Der neue Toyota FCV (FCV = Fuel Cell Vehicle) kommt bereits im Sommer 2015 in Europa auf den Markt und könnte mit dem frühen Start andere Hersteller nervös machen. Das Wasserstoffauto bietet vier Personen ein komfortables Platzangebot und die Reichweite eines Benziners. Selbst die Tankvorgänge dauern kaum länger als drei Minuten - ganz anders als bei reinen Elektroautos. Entscheidend aber: Während der Fahrt emittiert der Antrieb nichts als Wasserdampf.
© Foto: Toyota
Design: Ein starkes Statement
Das avantgardistische Styling des Toyota FCV übernahmen die Japaner weitgehend von dem 2013 gezeigten Concept Car. Details wie Kühlergrill, Scheinwerfer, Heckleuchten, Antenne, Dach und Tankdeckel des Serienmodells wurden jedoch modifiziert und auf maximale Alltagstauglichkeit abgestimmt. Dementsprechend ersetzte Toyota das Kamerasystem des Konzeptfahrzeugs durch klassische Außenspiegel.
Auffällig sind die extrem großen Lufteinlässe in der Frontschürze, während die eng zusammengekniffenen Scheinwerfer-Augen und die vertikalen LED-Leuchten der Front einen aggressiven Ausdruck verleihen. An den Flanken gibt es zahlreiche Sicken. Zudem verzichtet der Viersitzer auf Säulen in Wagenfarbe, so dass das gewölbte Dach über dem Wasserstoffauto zu schweben scheint. Das Heck greift die Formensprache der Front auf: Im oberen Bereich ordneten die Macher ein schmales Leuchtenband an, während darunter dreieckige und trapezförmige Flächen die Optik bestimmen. Ein Auspuff entfällt.
Performance und Kostenvorteile - so funktioniert es
Bei der Reaktion von Wasser- und Sauerstoff in der Brennstoffzelle entsteht neben Wasser auch Elektrizität, die den über 100 kW/136 PS starken Elektromotor mit Energie versorgt. Die Reichweite beträgt knapp 500 Kilometer, den Sprint von 0 auf 60 mph (96,56 km/h) absolvierte die seriennahe Studie des Toyota FCV in etwa 10 Sekunden.
Um maximale Alltagstauglichkeit sicherzustellen, legte Toyota das neue wasserstoffbetriebene Fahrzeug als viertürige Limousine mit vier Sitzplätzen und Frontantrieb aus. Ein besonderes Merkmal der Fahrzeugbauweise ist die Unterbringung von Brennstoffzelle, Batterie und Tanks unter dem Karosserieboden. Auf diese Weise konnten die Ingenieure einen großzügigen Innenraum und eine niedrige Schwerpunktlage realisieren. In den beiden Tanks wird der Wasserstoff mit einem Druck von bis zu 700 bar gespeichert.
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Unter der Fronthaube befinden sich der Elektromotor, die elektronische Systemsteuerung und der Boost Converter - ein Aufwärtswandler, der die von der Brennstoffzelle erzeugte Spannung erhöht, um die Anzahl der Brennstoffzellen zu reduzieren. Diese Lösung steigert das Leistungspotenzial und bietet darüber hinaus Kostenvorteile.
Ein wesentliches Merkmal der neuen Brennstoffzellen-Generation stellt der Verzicht auf einen zusätzlichen Befeuchter dar. Die für den Betrieb erforderliche Feuchtigkeit wird stattdessen direkt aus dem chemischen Prozess gezogen, da bei der Reaktion von Wasserstoff und Sauerstoff bekanntlich Wasser entsteht. Aus diesem Grund konnten die Macher das Gesamtsystem Brennstoffzelle einfacher, zuverlässiger, kompakter, leichter und am Ende kostengünstiger auslegen.
Der Preis für Japan steht bereits
In Japan ist die wasserstoffbetriebene Limousine ab April 2015 zu einem Nettopreis von rund 7 Millionen Yen (aktuell rund 51.500 Euro) erhältlich. Die Preise für Europa stehen noch nicht fest und wird Toyota zusammen mit weiteren Informationen wie technische Daten und Ausstattungsumfänge zu einem späteren Zeitpunkt bekannt geben.
Toyota hat die Nase vorn - die Konkurrenz wird nervös
Die Entwicklung umweltfreundlicher Fahrzeuge ist bei Toyota von drei grundlegenden Prinzipien geprägt: von der Nutzung mehrerer unterschiedlicher Energieträger und -quellen, von der Entwicklung effizienter und emissionsarmer Fahrzeuge sowie von der Erkenntnis, dass Eco-Fahrzeuge nur dann eine positive Wirkung entfalten, wenn sie in hoher Stückzahl zum Einsatz gelangen.
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Doch das dürfte die Konkurrenz beunruhigen, die ihre Pläne für Wasserstofffahrzeuge zurückstellten und sich auf batteriebetriebene Elektroautos konzentrieren, deren Absätze jedoch nicht die Wunschziele erreichten und die Hersteller damit auf Förderungen sowie Kaufprämien hoffen. So soll beispielsweise die ursprünglich für 2014 anvisierte Mercedes-Benz B-Klasse mit Brennstoffzelle voraussichtlich erst 2017 auf den Markt kommen, da die Kosten so hoch sind. Hier hat Toyota wie beim Hybrid-Antrieb erneut die Nase vorn und die Mitbewerber befürchten, dass die Japaner Subventionen für Wasserstoffautos in Milliardenhöhe erhalten.
Die großen Vorteile von Wasserstoff
Wasserstoff ist ein vielversprechender alternativer Treibstoff, der sich durch Nutzung unterschiedlicher natürlicher Energiequellen - darunter Sonne und Wind - nachhaltig herstellen und ebenso leicht speichern wie transportieren lässt. Im komprimierten Zustand weist Wasserstoff zudem eine höhere Energiedichte als Batterien auf.
Brennstoffzellen-Fahrzeuge tragen zur Energiediversifikation im Automobilbereich bei, stoßen im Fahrbetrieb weder CO2 noch andere umweltschädliche Emissionen aus und sind ebenso komfortabel und alltagstauglich wie benzingetriebene Autos. Toyota sieht in der Brennstoffzellen-Technologie daher große Potenziale und ist davon überzeugt, dass Wasserstoff ein idealer, weil umweltfreundlicher Treibstoff auf dem Weg in eine nachhaltige mobile Gesellschaft darstellt.
Schon bald gibt es zahlreiche Wasserstoff-Tankstellen
Um die Einführung wasserstoffbetriebener Fahrzeuge auf europäischen Straßen zu beschleunigen, schlossen sich 15 Automobilhersteller und Energieunternehmen zum Hyfive-Projekt (Hydrogen for Innovative Vehicles) zusammen, das Ende 2015 starten soll. Ziel ist es, mit vereinten Kräften die Verbreitung von Brennstoffzellen-Fahrzeugen zu fördern und gleichzeitig ein leistungsfähiges Wasserstoff-Tankstellennetz aufzubauen. Dazu gehören unter anderem Toyota, BMW, Daimler, Honda und Hyundai.
Bis zum Jahr 2023 soll die heute etwa 30 Tankstellen umfassende, öffentliche Wasserstoff-Infrastruktur in Deutschland auf rund 400 H2-Tankstellen ausgebaut werden. Innerhalb der kommenden vier Jahre dürften die ersten 100 Wasserstoff-Stationen in Betrieb gehen. Damit lässt sich eine bedarfsgerechte Versorgung von Elektro-Fahrzeugen mit Brennstoffzellen, die in den nächsten Jahren von mehreren Herstellern auf den Markt kommen sollen, sicherstellen.