Volvo macht den nächsten Schritt bei der Entwicklung aktiver Assistenzsysteme und gibt erste Informationen über ein neues Sicherheitssystem bekannt, das Unfälle mit Wildtieren gänzlich vermeiden oder zumindest die Unfallfolgen deutlich reduzieren soll. Das neue System ist eine Weiterentwicklung der im Jahr 2010 weltweit erstmals eingesetzten Fußgängererkennung mit automatischer Notbremsfunktion. Die Serienreife für den Einsatz in allen Volvo-Modellen soll in den kommenden Jahren erreicht werden.
© Foto: Volvo
Infrarotkamera- und radargestütztes System
Das neue System kombiniert eine Radareinheit sowie eine Infrarotkamera und arbeitet sowohl am Tag als auch in der Nacht. Untersuchungen ergaben, dass sich die meisten Wildunfälle zwischen der Abenddämmerung und dem Morgengrauen sowie in den trüben Wintermonaten ereignen. Die Infrarotkamera beobachtet permanent die Verkehrssituation vor der Fahrzeugfront. Wird ein Tier innerhalb einer vom System festgelegten kritischen Gefahrenzone erfasst, ertönt umgehend ein akustisches Warnsignal. Falls der Fahrer darauf nicht reagiert, wird die automatische Notbremsfunktion aktiviert.
Die neue Technik ist vor allem für Fahrten und Geschwindigkeiten in ländlichen Gebieten mit dem Ziel ausgelegt, Kollisionen vollständig zu verhindern oder zumindest die Aufprallstärke soweit wie möglich zu reduzieren, um die Gefahr schwerer Verletzungen für die Insassen deutlich zu verringern.
Verlässliche Tiererkennung eine der größten Herausforderungen
Eine Software zu programmieren, die verschiedene Tierarten und -größen verlässlich erkennt, gehört zu den größten Herausforderungen, vor denen die Experten von Volvo stehen. Ein Forschungsteam besuchte beispielsweise einen Tierpark, um das artentypische Verhalten verschiedener Wildtiere zu studieren. In diesem Fall waren es Elche, Rot- und Damwild, die besonders häufig an Kollisionen beteiligt sind. Die so gewonnenen Erkenntnisse und Evaluierungen fließen umgehend in die Systementwicklung mit ein. Deshalb wird die erste Entwicklungsstufe der innovativen Technik zunächst auf große Tiere ausgerichtet sein.
Unfallschäden durch Wild sind immens
Die Risiken und Schäden bei Wildunfällen sind enorm. Viele Autofahrer fürchten bei Fahrten in der Abenddämmerung und bei Nacht die Gefahrensituation, die durch plötzlich im Scheinwerferlicht auftauchendes Wild hervorgerufen wird. Dass sie allen Grund dazu haben, zeigt eine Kennzahl aus Skandinavien: Alleine in Schweden werden jährlich mehr als 40.000 Wildunfälle registriert.
„Je größer das Tier, desto höher ist das Unfallrisiko für die Insassen eines Fahrzeugs. Bei uns in Schweden gilt der Elch diesbezüglich als größte Gefahrenquelle, da bei einer Kollision oftmals auch Motorhaube und Windschutzscheibe stark in Mitleidenschaft gezogen werden", erklärt Andreas Eidehall, Experte für aktive Sicherheitssysteme bei Volvo.
© Foto: Volvo
Noch ist es allerdings zu früh, um genauere Spezifikationen des neuen Systems und deren Funktionsweise benennen und erklären zu können. Zwar arbeiten die Entwickler seit etwas mehr als einem Jahr an der neuen Technik, dennoch gilt es, neben einer verlässlichen Tiererkennung vor allem den bestmöglichen Einsatzzeitpunkt und den zweckmäßigsten Auslösemechanismus für das Sicherheitssystem zu finden.
Unfallzahlen zu Kollisionen mit Tieren
Die Zahl von Wildunfällen lag in Schweden im Jahr 2010 bei mehr als 47.000 (Quelle: Swedish Advisory Council on Accidents Involving Wild Animals). Davon wurden rund 7.000 Unfälle durch einen Elch verursacht (Quelle: Swedish Advisory Council on Accidents Involving Wild Animals). Bei Kollisionen mit einem Elch, das untermauern ebenfalls Unfallstatistiken aus der Volvo-Datenbank, besteht ein besonders hohes Verletzungsrisiko für die Fahrzeuginsassen.
Auch das amerikanische „Insurance Institute for Highway Safety" (IIHS) kommt zu ähnlichen Ergebnissen. Für den untersuchten Zeitraum 1993 bis 2007 weist die Studie insgesamt 2.499 Menschen aus, für die der Verkehrsunfall mit einem Tier tödlich endete. Darüber hinaus zeigt die Untersuchung, dass die Zahl der Wild-Unfälle im November um bis zu 30 Prozent ansteigt.
State Farm, das größte Versicherungsunternehmen der USA, berichtet zudem, dass im Zeitraum von 2003 bis 2008 die Anzahl der Klagen für Entschädigungen bei Wildunfällen um 14,8 Prozent gestiegen ist.