Der Countdown zur wohl ungewöhnlichsten Rallye der Welt läuft: Volkswagen startet am 21. November 2008 erstmals mit einem speziell konstruierten Touareg TDI Protoypen bei der Baja 1000 in Mexiko, die zu den härtesten Motorsport-Veranstaltungen der Welt zählt: 630 Meilen - etwas mehr als 1.000 Kilometer - ohne Unterbrechung gegen die Uhr, auf brutalstem Untergrund. Spielregeln gibt es nur ganz wenige, während das Feld vom serienmäßigen VW Käfer bis zum 800 PS starken Truck in der Unlimited-Klasse sowie Zweiräder und Quads umfasst.
© Foto: Speed Heads
Das Auto: Der VW Baja Race Touareg mit V12-TDI-Motor
Der Erfolg mit dem Touareg bei der Rallye Dakar stellte die Initialzündung für ein ehrgeiziges Programm von „Volkswagen of America“ speziell für die Baja-Rallyes dar. Seine Kraft von gut 550 PS bezieht der hinterradangetriebene Baja Touareg TDI aus einem 5,5-Liter-V12-Dieseltriebwerk. Damit wagt sich erstmals ein Automobil-Hersteller mit Diesel-Technologie in dieser Klasse an den Start. Der effiziente, sparsame TDI-Antrieb verspricht zusammen mit einem über Lenkrad-Wippen bedienten Schaltgetriebe eine deutlich bessere und damit reifenschonendere Kraftentfaltung als Otto-Antriebe.
Während das Tankvolumen der Benziner unlimitiert ist und die Reservoirs üblicherweise auf 120 bis 130 Gallonen ausgelegt sind, müssen Diesel-Fahrzeuge mit 65 US-Gallonen (246 Liter) vorlieb nehmen. Das Chassis mit einem Rohrrahmen und hinterer Starrachse mit Federwegen von gewaltigen 75 Zentimetern entspricht den üblichen Prinzipien der Trophy-Trucks.
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Optisch wird der Baja Touareg TDI deutlich dem Serienfahrzeug entsprechen. In allen Proportionen ist der Prototyp jedoch um etwas mehr als 10 Prozent größer als das Vorbild aus der Serie, quasi ein Touareg im XL-Format. Am Steuer des Gelände-Prototyps wechseln sich Mark Miller, der auch zum Dakar-Werksaufgebot von Volkswagen zählt, und sein amerikanischer Landsmann Ryan Arciero ab - schließlich werden für die Distanz immerhin 14 Stunden härteste Fahrzeit kalkuliert.
Die Ursprünge der Baja 1000
Vor 41 Jahren, am 19. April 1967, startete auf der mexikanischen Halbinsel Baja California zum ersten Mal die Baja 1000. Die ersten Sieger: Vic Wilson/Ted Mangels im Meyers Manx Volkswagen, dem Urvater aller Dünen-Buggys. 27 Stunden und 38 Minuten benötigten die beiden Amerikaner und brachen damit den bestehenden Motorrad-Rekord auf der Wegstrecke von Tijuana nach La Paz um mehrere Stunden.
Es war der Beginn zweier Legenden: Die Baja 1000 entwickelte sich zum bedeutendsten Offroad-Wettbewerb Amerikas, vergleichbar mit der späteren Berühmtheit der Rallye Dakar in anderen Teilen der Welt. Und es war der Beginn einer langen Erfolgstradition von Volkswagen-Produkten und Baugruppen bei der Baja 1000; denn die Technologie des robusten Käfers blieb in der Hand von Privatiers im Kampf um Klassensiege seither 13 Mal ungeschlagen - und wirkt bis heute weiter.
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Nicht weniger als acht Fahrzeugklassen sind noch heute für Chassis, Motoren oder Gesamtfahrzeuge von Volkswagen jeden Baujahres offen und schreiben die Verwendung dieser Technik teilweise explizit vor. Grund genug für Volkswagen, das Werks-Engagement um ein attraktives Förderungs-Programm zu ergänzen: Im November 2008 wird ein Preisgeld von rund 100.000 US-Dollar für die besten Fahrer dieser traditionellen Fahrzeug-Konstruktionen ausgelobt.
Die Zielsetzung: „Clean Diesel Racing“
Im Juni 2007 nahmen zwei Race Touareg in der Dakar-Version mit einem 2,5-Liter-TDI-Antrieb die Baja 500, die „kleine Schwester" der Baja 1000, in Angriff. Ohne einen Tankstopp legten die beiden Werkspiloten Mark Miller (USA) und Giniel de Villiers (ZA) die 420-Meilen-Distanz (676 Kilometer) zurück und erzielten einen viel beachteten Doppelsieg in der Klasse sowie die Gesamtplätze 11 und 16 unter 273 gestarteten Fahrzeugen.
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Die Entwicklung des Touareg TDI für den Baja-Geländesport ist die neue Spitze des Programms für eine Schlüsselregion: An der Westküste der USA sind Geländewagen überaus beliebt. Auch der Markt für Geländewagen-Zubehör ist beträchtlich. Die Baja 1000 auf der Halbinsel Baja California genießt Kultstatus bei Geländewagen-Fans. Dazu trugen über die Jahrzehnte viele Größen mit ihren Starts bei: Steve McQueen, Paul Newman, Sébastien Bourdais, Oriol Servi?BAD, Jimmy Vasser, Danny Sullivan, Michel Jourdain jr., Gunnar Nilsson, Roberto Guerrero, Parnelli Jones oder auch Robby Gordon. Die Rallye ist in den USA so berühmt, dass 2005 mit dem Streifen "Dust to Glory" sogar ein Dokumentarfilm über die Baja 1000 in die Kinos kam.
Die Veranstaltung: Superlative, Improvisation und ein „unsichtbarer“ Gegner
Jahr für Jahr ersinnt Sal Fish, seit 1973 Präsident des Veranstalters SCORE, mit seinem Team eine andere Route. Stets beginnt der Kurs südlich von Kalifornien jenseits der US-Grenze. Austragungsort ist die Halbinsel Baja California, die zwei föderale Teilstaaten des Bundesstaates Mexiko umfasst. Die Strecke: Geröllpisten, ausgewaschene Flussbetten, Trial-Sektionen, Sand und Silt, die schlimmste Form des weichen Untergrunds - eine puderartige Masse, die den Vortrieb zahlreicher Fahrzeuge jämmerlich beenden kann.
Start und Ziel des Kurses liegen in der Küstenstadt Ensenada. Für die 629,74 Meilen (1.013,47 km) gilt eine Maximalfahrzeit von 31 Stunden. Diese Streckendistanz entspricht ungefähr zwei typischen Tagesetappen der Rallye Dakar. Stopps im Sinne von Unterbrechungen der Zeitwertung oder festgelegte Orte für einen Service sind nicht vorgegeben. Jeder Halt für Betankung, Fahrerwechsel oder Reparaturen fließt in die Gesamtfahrzeit ein. Eine offizielle Zeitnahme an den sechs zu passierenden Kontrollpunkten existiert nicht. Die Gegner bleiben damit oftmals „unsichtbar“ - erst im Ziel ist klar, wer an welcher Stelle liegt.
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Die Herausforderung: Meisterleistung zu Lande und in der Luft
Die Baja-Planung bleibt den Teams individuell überlassen. Die technischen Regeln: Die Fahrzeugentwicklung ist in der Trophy-Truck-Klasse fast vollständig freigestellt, nur Turbo-Benzinmotoren sind verboten. Sportliche Vorgaben: Das Training mit sogenannten "Pre-Runnern" (spezielle Trainingsfahrzeuge) ist ab Bekanntgabe der Strecke frei, Servicepunkte an der Strecke sowie Chase-Cars auf den Rallye-Pisten sind erlaubt. Volkswagen setzt acht Touareg als sogenannte Chase-Cars für den Transport von Mechanikern, Werkzeugen und Ersatzteilen ein. Die Chase-Cars dürfen dem Wettbewerbsfahrzeug auf der Strecke in Fahrtrichtung folgen, nicht aber im Gegensinn fahren.
Ebenso sind Hubschrauber gestattet. Volkswagen wird - wie alle Top-Teams - einen Helikopter nutzen. Die Fluggeräte dürfen nur warnen und navigieren, nicht aber Ersatzteile oder Mechaniker transportieren. In Mexiko gilt zudem ein Nachtflugverbot für Helikopter. Zahl und Orte der Stopps ergeben sich auf Basis folgender Faktoren: der Reichweite einer Tankfüllung, der Austausch von verbrauchten Ersatzrädern, die vorgesehenen Fahrerwechsel sowie etwaiger Reparaturen.
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Durch die raue Topografie ist der Zugang zur Strecke sehr begrenzt und geht so mit einer logistischen Herausforderung einher - manch unwegsame Passage lässt sich vom normalen Straßennetz aus mit keinem radgetriebenen Fahrzeug der Welt überwinden. Instrumente für Navigation (Kompass, GPS) und Kommunikation (Funk, Mobil- und Satellitentelefone) sind - im Gegensatz zur Rallye Dakar - bei der Baja 1000 nicht limitiert. Ein Limit entsteht aber auf ganz andere Weise: Selbst modernste Technik ist in den häufig vorkommenden Funklöchern nutzlos.
VW-Motorsport-Direktor Kris Nissen und Clark Campbell, Motorsport-Manager von Volkswagen of America, sind sich über die Zielsetzung einig: „Wir wollen bei der Premiere des VW Touareg TDI die Route der Baja 1000 meistern und das Ziel erreichen. Das wäre bei einer so harten und ungewöhnlichen Veranstaltung ein erster Erfolg und ein vielversprechender Ausgangpunkt für die erste vollständige Offroad-Saison 2009.
VirusM54B30
21.11.2008
Hab im TV den einen oder anderen Bericht über die Baya Rallye gesehen. Absolut KLrank mit welchem Speed die da durch die Gegend ballern ...
Aston Martin (Gast)
21.11.2008
Hat man sich bei VW ja endlich dazu entschlossen, den Race Touareg serienmäßiger zu gestallten. Zumindest vom Design. Ein V12 Diesel in so einem Teil ist natürlich schon nicht schlecht. Mal gespannt, wie man damit bei der Baja 1000 abschneidet.
speedheads
22.11.2008
Volkswagen hat bei der Premiere des Baja Race Touareg TDI die extreme Tortur der berühmten Baja 1000 auf Anhieb gemeistert. Die Piloten Mark Miller und Ryan Arciero (beide USA) brachten nach mehr als 1.000 Kilometern durch das unwegsame Gelände der mexikanischen Halbinsel California den neu entwickelten Prototypen unbeschadet ins Ziel in Ensenada. Erstmals in der 41-jährigen Geschichte des amerikanischen Offroad-Sports bestritt damit ein Fahrzeug mit Diesel in der hart umkämpften Spitzenklasse der leistungsstarken Profi-Trucks (SUVs laufen in den USA als "Light Trucks") die anspruchsvolle Baja 1000 erfolgreich. "Wir wollten bei unserer ersten Baja 1000 mit dem völlig neuen Touareg TDI ins Ziel kommen – und das haben wir geschafft. Deshalb sind wir wirklich zufrieden", bilanzierte Volkswagen Motorsport-Direktor Kris Nissen. "Es war die härteste Baja, die ich jemals gefahren bin, die Strecke war einfach gnadenlos hart", äußerte Mark Miller, mehrmaliger Baja-Gewinner, bei der Zielankunft am frühen Samstagmorgen. Im Feld der 26 gestarteten Profi-Trucks erreichte Volkswagen den 13. Platz, insgesamt zählte die Baja 1000 sogar 369 Teilnehmer aus 24 Ländern in den verschiedenen Auto-, Motorrad- und Quad-Klassen. Gesamtsieger in der Auto-Kategorie wurden die Amerikaner Roger Norman/Larry Roeseler. Der Touareg TDI lief über die gesamte Distanz nahezu perfekt. Lediglich eine defekte Dichtung am Getriebe sorgte für einen frühen Zeitverlust und machte in der Folge sogar einen Getriebewechsel notwendig. Beim Start am Freitagvormittag (21. November) in Ensenada übernahm der 35-jährige Ryan Arciero aus Los Angeles/Kalifornien das Steuer, navigiert von Benny Metcalf jr. (32) aus San Clemente/Kalifornien. "Nach der intensiven Vorbereitung war es ein gutes Gefühl, mit diesem tollen Fahrzeug in diese einzigartige Rallye zu starten", so Arciero. "Der Touareg war in diesem harten Gelände wirklich gut zu fahren", so Arciero, der bei Einbruch der Dunkelheit an den 46-jährigen Mark Miller aus Phoenix/Arizona und Co-Pilot Willie Valdez jr. (34) aus Los Angeles/Kalifornien übergab.