VW Nils: Der kleine Pfeil für die urbane Zukunft

, 19.10.2011


Wer sich den kleinen Nils anschaut, blickt weit in die Zukunft von Volkswagen. Das einsitzige Elektrofahrzeug spiegelt eine neue Form der Minimalmobilität wider. Die Studie zeigt mit ihrer progressiv konzipierten Alu-Space-Frame-Karosserie, Flügeltüren und freistehenden Rädern einen hohen Grad an Dynamik, gleitet dabei aber völlig emissionsfrei und geräuschlos in Richtung Zukunft. Gefördert wird das Projekt durch das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung.

Nils ist dabei alles andere als eine Trockenübung, sondern sehr konkret. Mit einer Reichweite von 65 Kilometern soll der 130 km/h schnelle Nils in Deutschland für die Mehrzahl der beruflichen Pendler das ideale Fahrzeug sein. Hintergrund: 73,9 Prozent aller beruflichen Pendler zwischen Berlin und München, so das Statistische Bundesamt, legen auf dem Weg zur Arbeit weniger als 25 Kilometer zurück.

Nils braucht wenig Verkehrsfläche

Schmaler, niedriger, kürzer: Die Studie erweist sich als sehr kompaktes Auto, das extrem wenig Verkehrsfläche benötigt. Lang ist Nils nur 3,04 Meter und damit noch einmal rund 50 Zentimeter kürzer als der neue up! von Volkswagen. In der Breite von Rad zu Rad misst Nils 1,39 Meter; die Karosserie selbst ist nur 0,86 Meter breit. In der Höhe misst die Studie 1,2 Meter. Hier zur Einordnung: Ein Porsche 911 bringt es auf 1,31 Meter.

Wichtiger als die Dimensionen ist der Zuschnitt der Karosserie. Das Grundlayout teilt sich Nils mit einem Formel-1-Boliden: Fahrer in der Mitte, Motor hinten und Alu-Räder freistehend. Die 17-Zoll-Leichtmetallfelgen sind mit rollwiderstandsoptimierten Reifen der Dimensionen 115/80 vorne und 125/80 hinten bestückt.

Für Volkswagen ein neues Karosseriekonzept, korrespondiert Nils mit der Design-DNA der Marke. Die Stoßfänger erinnern beispielsweise mit ihren schwarz eingefassten Prallflächen nicht zufällig an den neuen up. Durch das Konzept der zwei verglasten Flügeltüren konnte Volkswagen außerdem große, transparente Flächen schaffen und gleichzeitig selbst in engsten Parklücken einen komfortablen Ein- und Ausstieg realisieren.

Nils ist auf Pendler-Distanzen zugeschnitten

Obwohl oder gerade weil Nils so kompakt und 460 Kilogramm leicht ist, soll er jede Menge Spaß bereiten. Ein immerhin 130 km/h schnelles Auto, das in weniger als 11 Sekunden auf 100 km/h beschleunigt. Dazu reichen dem Elektromotor überschaubare 15 kW/20 PS Nennleistung respektive 25 kW/34 PS als kurzzeitige Spitzenleistung.

 

Mit Energie versorgt wird der Elektromotor von einer Lithium-Ionen-Batterie. Je nach Fahrweise ermöglicht die Akku-Kapazität (5,3 kWh) Reichweiten von bis zu 65 Kilometern. Eine Batterie dieser Größe ist vergleichsweise günstig und ihre Kapazität für diese Art Auto ausreichend. Aufgeladen wird das Forschungsfahrzeug entweder an ganz normalen 230-Volt-Steckdosen (maximale Ladezeit 2 Stunden) oder an einer Elektrofahrzeug-Ladestation. Der Steckkontakt befindet sich im Heckbereich unterhalb des Rückleuchten-Moduls.

Beim Aufbau des elektrischen Antriebssystems konnten die Ingenieure auf das große Potenzial an Erfahrungen zurückgreifen, das Volkswagen bei der Entwicklung von Studien wie dem L1 und XL1 sowie künftigen Serienfahrzeugen vom Schlage eines Golf Blue-e-Motion oder up! Blue-e-Motion sammelte.

Der 19 Kilogramm leichte Elektromotor bildet zusammen mit dem Getriebe und der Batterie das Herzstück des Antriebs. Das Energiemanagement erfolgt über einen Hochleistungs-Pulswechselrichter, der zusammen mit dem 12-Volt-Bordnetz-DC/DC-Wandler und dem Ladegerät zu einem Integralantrieb zusammengefasst wurde. Der Antrieb erfolgt über die Hinterachse. Integriert ist die Einheit inklusive der Antriebswellen im Heckbereich des NILS.

Der Motor, die Batterie und alle anderen Komponenten bauen derart knapp, dass oberhalb dieser Einheit noch Platz für einen kleinen, aber praktischen Kofferraum bleibt. Wie etwa beim Golf, wird die Kofferraumhaube mit dem VW-Zeichen entriegelt. In diesem Fall klappt der in Wagenfarbe gehaltene Bereich oberhalb des Rückleuchten-Moduls hoch. Der Raum ist so ausgelegt, dass sich der klassische Einkauf - eine Getränkekiste und eine Tasche - verstauen lässt.

Optimale Gewichtsverteilung: Nils ist sportlich und agil

Die Zielgruppe würde mit Nils nicht nur emissionsfrei zur Arbeiten gleiten, sondern, wie skizziert, auch Spaß dabei haben; denn der leichte Nils fährt sich mit seiner rein mechanischen Lenkung und dem mittig angeordneten Schalensitz grundsätzlich wie ein Sportwagen. Der Elektromotor liefert aus dem Stand heraus ein maximales Drehmoment von 130 Nm, das mit Hilfe eines einstufigen Getriebes auf die Hinterachse übertragen wird.

Für die Radführung und Federung sind vorne wie hinten Doppelquerlenkerachsen zuständig. Das elektronische Stabilisierungsprogramm ESP sorgt bei aller Agilität dafür, dass Nils auf Kurs bleibt. Die sehr gute Gewichtsverteilung zwischen Vorder- und Hinterachse trägt ihren Teil dazu bei, dass das ESP möglichst wenig zu tun haben soll.

 

Nils bremst und beschleunigt auf Wunsch automatisch

Ein weiterer, wichtiger elektronischer Helfer an Bord ist die City-Notbremsfunktion. Das permanent aktive System registriert per Lasersensor - im vorderen VW-Zeichen untergebracht - die Gefahr einer drohenden Kollision und bremst den Wagen in diesem Moment automatisch ab. Je nach Tempo und Situation kann die Notbremsfunktion die Aufprallgeschwindigkeit reduzieren und mitunter sogar den Unfall verhindern.

Die City-Notbremsfunktion erweist sich als eine Software-Erweiterung der automatischen Distanzregelung (ACC), die ebenfalls per Lasersensor die Entfernung und die Relativgeschwindigkeit zum vorausfahrenden Fahrzeug misst - Parameter, an die Nils automatisch sein Tempo anpasst. Der Fahrer wählt zuvor einfach - ähnlich wie bei einer Cruise Control - den gewünschten Folgeabstand und die Geschwindigkeit.

Die Bedienung erfolgt über die automatische Distanzregelung mit drei neu konzipierten Multifunktionstasten im Lenkrad. Über zwei Pfeiltasten lassen sich die Geschwindigkeit und der Abstand zum Vorausfahrenden variieren. Zwischen den zwei Pfeiltasten befindet sich eine weitere Taste, mit der das ACC aktiviert respektive deaktiviert wird. Zudem bremst das System den Wagen je nach Situation sogar automatisch bis zum Stillstand ab.

Verzögert wird nicht nur über die vier Scheibenbremsen, sondern je nach Situation auch durch die Elektrotraktion per Elektromotor und Rekuperation. In das ACC integriert ist fern der sogenannte „Front Assist“. Dieses permanent aktive System warnt den Fahrer vor einer möglichen Kollision. Bei Geschwindigkeiten bis 30 km/h kann der „Front Assist“ unter Umständen durch das automatische Bremsen eine Kollision vermeiden.

Clever und simpel: Die digitalen Instrumente

Speziell auf das Elektrofahrzeug zugeschnitten wurde das Kombiinstrument. Als Basisfläche dient ein 7-Zoll-TFT-Display, auf dem digital mittig die Geschwindigkeit ablesbar ist, während optische Balkenelemente den Energiefluss darstellen. Eine weitere Grafik informiert über die Reichweite.

Das zweite zentrale Instrument ist ein mobiles Multifunktionstalent, wie es in ähnlicher Form ebenfalls für den neuen VW up! zum Einsatz kommt. Das Portable Infotainment Device (PID) wird rechts neben dem Kombiinstrument an die A-Säule geklickt. Via Touchscreen steuert der Fahrer die Funktionen „Navigation", „Radio", „Media", „Telefon", „Bordrechner" und - zur Vorkonfektionierung der Reichweite - „Eco". Beim Start berechnet das PID die voraussichtliche Reichweite und stellt dann neben der Strecke im Kartendisplay auch den Radius und damit die mit der jeweiligen Batterieladung erreichbaren Ziele dar.

 

Um Gewicht und Kosten zu sparen, arbeiten einige Funktions- und Bedienelemente ohne elektrische Unterstützung. Die Seitenspiegel sind manuell einstellbar, was bei einem nur 0,61 Meter breiten Interieur sowohl links als auch rechts kein Problem darstellt. Auf eine Servounterstützung verzichtet die Lenkung; kein Problem bei unter 500 Kilogramm Fahrzeuggewicht.

Komplett elektronisch geregelt wird indes die Heiz- und Lüftungssteuerung. Über zwei Schieberegler in Form von elektronischen Slidern regelt der Fahrer die Temperatur und das Gebläse, mit zwei weiteren Slidern die Klappenstellung der Belüftung (Luftstromausrichtung) und die Sitzheizung. Rechts von der Lenksäule befindet sich zudem der Start-Stopp-Taster für den Motor; gleichzeitig wird über diesen runden, griffigen Schalter das Einstufengetriebe gesteuert (D, N und R).

Sicher wie ein Großer: Nils setzt auf Alu-Space-Frame-Karosserie

Die Alu-Space-Frame-Karosserie konzipierten die Macher als höchst wirksame Sicherheitszelle. Die Rohkarosserie - gemeint ist die Grundstruktur ohne Anbauteile und Verglasung - wird aus Aluminium-Strangpressteilen, Aluminium-Guss und Aluminium-Blech hergestellt. Der Dachrahmen mitsamt der Flügeltüraufhängung, ein stabiler Überrollbügel hinter dem Fahrer, der Kofferraumbereich und die vordere Spritzwand bestehen aus hochfestem Aluminium-Blech. Extrem stabil sind ferner die Aluminium-Strangpressteile, die im Bereich der Seitenschweller, der Querprofile und der crashoptimierten Längsprofile (Vorder- und Hinterwagen) zum Einsatz kommen.

Als fertigungstechnisches Kunstwerk lassen sich durchaus die zwei Flügeltüren bezeichnen. Ihre Rahmen bestehen im Wesentlichen aus drei Elementen: einem Innenteil, einer Crash-Verstärkung und einem Außenteil. Die Türscheiben sind aus leichtem, kratzfesten, beschichteten Polycarbonat und die Frontscheibe aus Verbundsicherheitsglas.

Xenon- und LED-Elemente bilden die Scheinwerfer, Rückleuchten und Blinker. Vorn übernehmen zwei Bi-Xenon-Module den Job des Fahr- und Fernlichtes. Blinker und Tagfahrlicht werden von weißen und gelben LEDs gebildet. Das Tagfahrlicht befindet sich auf den vorderen Radverkleidungen und dient gleichzeitig als Positionslicht beim Parken. Im Acrylglas der Rückleuchten - seitlich wie kleine Flügel in die Heckpartie integriert - wird das von LEDs erzeugte Licht über transparente Halbleiter wiedergegeben.

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