Neue Technik kommt, der Fahrspaß bleibt. Das ist die beruhigende Erkenntnis, die Speed Heads aus zahlreichen Testfahrten auf dem Kurs des ADAC-Fahrsicherheitszentrums Schlüsselfeld nahe Würzburg zog. Dabei reichte die Palette der Autos vom elektrischen ZF-Versuchsfahrzeug auf Basis des Suzuki Altos bis hin zu Boliden wie Jaguar F-Type, Porsche 911 oder Maserati Quattroporte. Zulieferer ZF gewährte einen Blick in die Kristallkugel auf die ganz nahe und etwas fernere Zukunft des Autofahrens. Bleibender Fahrspaß ist zunächst die Essenz nach Testfahrten mit der weltweit ersten 9-Stufen-Automatik in einem Range Rover Evoque.
© Foto: ZF Friedrichshafen
Das Ende der Handschaltung?
Mit nicht ganz so vielen Stufen protzt der neue Power-Roadster Jaguar F-Type. Doch auch mit einem 8-Gang-Automatikgetriebe und weiteren Komponenten, wie zum Beispiel einer Servotronic-Lenkung von Zulieferer ZF, kommt mächtig Laune in der offenen Raubkatze auf. Hier wie später in vielen weiteren Testfahrzeugen macht sich schnell die Erkenntnis breit: Zum reinen Fahrvergnügen gehört immer weniger das hoffentlich knackige bis schlimmstenfalls hakelige Herumrühren in einer Schaltkulisse. Die Handschaltung verliert immer mehr ihre Vorteile gegenüber einer Wandlerautomatik, einem Doppelkupplungsgetriebe oder weiteren Lösungen dieser Art.
Grund: Mit fortschreitender Entwicklung sind die Automatik-Getriebe immer leistungsfähiger und schneller. Aktuelle Entwicklungen ermöglichen beispielsweise die GPS-gelenkte Steuerung von Gangwechseln je nach Position des Fahrzeugs - also das Zurückschalten, rechtzeitig bevor man eine Steigung unter die Räder nimmt.
Erster Praxistest mit der neuen 9-Gang-Automatik
Schon bald werden 9 Gangstufen Realität in Autos mit quereingebautem Motor und Frontantrieb sein. Beispielhaft diente in Schlüsselfeld der Range Rover Evoque als Testträger, der nach einem baldigen Facelift mit der neuen Automatik von ZF namens 9HP48 (für Drehmomente bis 480 Nm) ausgerüstet wird. Später soll der neue Jeep Cherokee folgen.
Das 9-Gang-Getriebe wiegt nur 86 Kilogramm und baut sehr kompakt. Dank ineinander verschachtelter Radsätze ist die 9-Gang-Automatik nur 367 Millimeter lang, 429 Millimeter breit und 521 Millimeter hoch. ZF platziert das Getriebe zwischen dem Motor und dem linkem Vorderrad. Die Zahl der Gangstufen ergab sich im Laufe des komplexen Entwicklungsprozesses.
Die neun Gänge ermöglichen unter anderem verbrauchsgünstige und geräuscharme Drehzahlen - bei etwa 120 km/h sind es mit dem 9HP48 nur 2.170 U/min gegenüber 2.890 U/min mit einem Sechsgang-Getriebe. So soll sich laut ZF eine Spritersparnis von bis zu 16 Prozent ergeben. Die neue 9-Gang-Automatik wird mit Start-Stopp-Automatik, Allrad- und Hybridantrieb kombinierbar sein.
© Foto: ZF Friedrichshafen
Wichtig für das dynamische Fahren, wie man es bei Speed Heads gerne mag: Die Schaltzeit der 9HP48-Automatik beträgt nur 450 Millisekunden, die Reaktionszeit 150 Millisekunden. Damit sind direkte Mehrfachschaltungen, zum Beispiel von den siebten in den vierten Gang nicht nur möglich, sondern besonders unauffällig für den Fahrer. Ein Doppelkupplungsgetriebe vermissten wir bei den Tests jedenfalls nicht, wenn man das neue 9HP zum ersten Mal ausprobiert.
Für die Zielgruppe der Autos mit quereingebautem Frontmotor entschied sich ZF zunächst, weil dies drei Viertel aller Autos weltweit ausmacht. Damit zielt die neue 9-Gang-Automatik zunächst eher in mittlere bis niedrigere Fahrzeugklassen als in die Luxusklasse mit ihren größtenteils längseingebauten Antrieben. In Vorbereitung befindet sich derzeit sogar ein 9HP28 für die Kombination von Motoren mit bis zu 280 Nm Drehmoment, das nur 78 Kilogramm wiegen wird.
ZF-Fahrwerke: Neuer Schlüssel für intensiven Fahrspaß
Bei ausgiebigen Testfahrten auf dem abwechslungsreichen Handlingkurs des Fahrsicherheitszentrums Schlüsselfeld kristallisierten sich einige besondere Spaßmobile heraus, darunter der Mini Countryman, der Opel Astra OPC, der Porsche Boxster und der BMW 3er, die mit Fahrwerks- und weiteren Komponenten von ZF ausgestattet waren. Dem Countryman kommt sein kurzer Radstand zugute, den zum Beispiel in der Global Rallyecross-WM der tollkühne Brite Liam Doran zu schätzen weiß. Der Astra OPC stellt wieder einmal unter Beweis, was unzählige Nordschleifen-Runden in der Hand von Joachim Winkelhock oder Manuel Reuter bei der Fahrwerksabstimmung bringen.
ZF entwickelt Elektroantrieb mit deutlich höherer Reichweite
Fahrspaß der nicht ganz so greifbaren Zukunft brachten Tests mit dem ZF-Versuchsträger zum rein elektrischen Antrieb. In einen Kleinstwagen vom Typ Suzuki Alto baute ZF einen kompletten Elektroantrieb ein. ZF arbeitet intensiv daran, dank Energieträger mit höherer Leistungsdichte und konsequentem Leichtbau, die Reichweiten solcher Elektroautos deutlich zu erhöhen.
Abgesehen von solch alltäglichen Ansprüchen: Der reine Fahrspaß ist mit dem Elektro-Zwerg von ZF immens. Typisch für diese Antriebsart liegt das maximale Drehmoment ab der ersten Umdrehung an. Daraus ergibt sich eine enorme Schubkraft, die dank der lautlosen Geräuschkulisse noch intensiver wirkt, als wenn sie wie gewohnt von Motorenlärm begleitet wäre. Der Jaguar F-Type hat zwar in puncto Motorsound die Nase vorn, aber Fahrspaß werden künftige Elektroautos auch ohne kerniges V8-Bollern bieten - besonders für überzeugte Speed Heads ist dies eine aufmunternde Erkenntnis.