Beim Thema Downsizing werden sich in Zukunft noch viele weitere Parallelen ergeben, bei denen Sport und Großserie voneinander profitieren. Gewann Audi 2006 noch mit einem V12-Aggregat mit 5,5 Litern Hubraum das Rennen von Le Mans, arbeiten inzwischen nur noch sechs Zylinder im Motorraum. Der Hubraum wurde im Reglement auf 3,7 Liter verkleinert. In der Summe kommt der Motor in der aktuellen Fahrzeuggeneration also mit der Hälfte der Zylinder aus, besitzt 32 Prozent weniger Hubraum und ermöglichte dem R18 dennoch signifikant verbesserte Rundenzeiten.
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Um solch enorme Steigerungen zu erzielen, wird im Brennraum des Motors mit viel höheren Drücken und Temperaturen als früher gearbeitet. Dadurch erhöhte sich beispielsweise die Zylinderleistung erheblich. So muss jeder einzelne Zylinder inzwischen rund 60 Prozent mehr leisten als noch 2006 im Audi R10 TDI.
Die Motorenentwickler bei Audi mussten dabei auf neues Terrain vorstoßen. Ein bislang besonders gut gehütetes Geheimnis stellte das Aufladekonzept des Audi R18 dar. Die Ingenieure konzipierten ein zentrales Mono-Turbosystem im Innen-V des Motors (heiße Seite innen), das in Verbindung mit den innenliegenden Auspuffkrümmern die Physik besonders gut ausnutzt. Durch die Verwendung einer einzigen, großen Turbine vergrößert sich der Gesamtwirkungsgrad, da die Spaltverluste stark reduziert werden.
Das Zusammenfassen der Abgasströme in einer Turbine bewirkt wiederum eine höhere Turbinenleistung. In den extrem kurzen Rohren der Abgasanlage vor dem Turbo geht deutlich weniger Wärmeenergie verloren. Damit steigt die Leistung, aber auch die Abgastemperatur der Turbine wegen des höheren Energiegehaltes im Abgas an. Auf der Verdichterseite müssen rund 2.000 Kubikmeter Luft pro Stunde für die effiziente Verbrennung komprimiert werden. Der Mono-Turbolader muss damit für über 510 PS Leistung eine ähnliche Ladeluftmenge durchsetzen wie zuvor die zwei Turbolader beim V10 TDI für 550 PS.
Einen Schlüssel zum technologischen Durchbruch liefert außerdem die variable Turbinengeometrie (VTG) im Turbolader, die es erlaubt, den Abgasstrom so zu leiten, um die Turbine ständig an unterschiedliche Betriebsbedingungen wie Lastwechsel anzupassen. Ein einzelner großer Lader besäße ohne VTG ein viel zu schlechtes Ansprechverhalten. Während die Leitschaufelkranz-Verstellung bei Audi in der Serie längst üblich ist, erwies sich die Anpassung an die hohen thermischen Belastungen im Motorsport eine besondere Herausforderung.
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Wenn man beim Schaltvorgang, der ohne Kupplungsbetätigung etwa 30 Millisekunden dauert, die Einspritzung zurücknimmt, droht Ladedruckverlust. Das VTG-System von Audi reagiert allerdings dank ausgeklügelter elektronischer Schaltstrategien und eines sensiblen Stellmotors entsprechend schnell. Sogar der Le-Mans-Veranstalter ACO soll gestaunt haben: Als dessen Techniker die Motordaten auslasen, stellten sie keinen Ladedruckabfall bei Schaltvorgängen fest.
Auch in der Serie möchte Audi aus Downsizing-Motoren mit weniger Hubraum noch mehr Leistung gewinnen. Damit werden dort, wie beim V6 TDI 3.7, Zünddrücke und Temperaturen steigen. Das gilt ebenfalls für die Einspritzdrücke, die bei Serienmotoren derzeit um 2.000 bar erreichen, während in den Le-Mans-TDI-Motoren 2.600 bar bereits weit übertroffen werden. Das beeinflusst wiederum Verbrauch, Leistung und Abgasqualität positiv, steigert gleichzeitig aber die thermischen und mechanischen Belastungen vor allem im Brennraum. Genau hier spielt der Motorsport als Testlabor eine wichtige Rolle für die Standhaftigkeit und Serienreife.
Digitaler Rückspiegel: Der Blick in die Zukunft
Doch es sind nicht nur die Meilensteine, die ihre Wurzeln im Motorsport haben und nach und nach in die Serienmodelle einfließen. Bei den Renneinsätzen schauen die Techniker aus der Serienentwicklung ganz genau hin und sind bereits bei der Umsetzung beteiligt, wie zum Beispiel beim digitalen Rückspiegel.
Beim digitalen Rückspiegel des Rennwagens Audi R18 filmt eine nur wenige Millimeter große Kamera nach hinten und überträgt die Bilder digital ins Cockpit. Die Situation hinter dem Fahrzeug wird auf einem Display abgebildet, das dort sitzt, wo sonst ein Innenspiegel angebracht ist. Anstelle eines LCD-Displays mit LED-Hinterleuchtung kommt ein Aktivmatrix-OLED-Display (AMOLED) zum Einsatz. Bei diesen Displays leuchten die im Display verwendeten organischen Materialien selbst, benötigen also keine Hinterleuchtung mehr. AMOLEDs sind deutlich dünner sowie leichter als herkömmliche Displays und besitzen einen extrem hohen Kontrast, eine sehr gute Farbwiedergabe und Schaltzeiten von wenigen Millisekunden - und das temperaturunabhängig.
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Auch beim Rennen an sich bietet der digitale Rückspiegel Vorteile: Das Konzept und der Aufbau des Monocoques sowie die Anordnung des Mittelmotors lassen beim Audi R18 keinen Raum für ein rückwärtiges Fenster. Bislang waren die Fahrer beim Blick nach hinten auf die seitlichen Außenspiegel angewiesen. Doch das Heck und der Heckflügel sowie die bei hohen Geschwindigkeiten auftretenden Vibrationen begrenzen das Sichtfeld dieser Spiegel deutlich.
Interessant für die kommende Serie: Der digitale Rückspiegel funktioniert wetterneutral. Bei herkömmlichen Außenspiegeln dagegen wird das Sichtfeld im Regen durch die starke Gischt beeinträchtigt. Für den neuen, digitalen Spiegel stehen sogar verschiedene Tag- und Nachtfahrmodi zur Verfügung. Selbst bei aufgeblendeten Scheinwerfern des Hintermannes ergibt sich ein hervorragendes Bild und nicht nur ein greller Lichtpunkt.
Da die neuartigen Bildschirme frei programmierbar sind, nutzt Audi sie, um weitere Anzeigen darzustellen. Zusätzliche Informationen zum eingelegten Gang, dem Schlupfniveau der Reifen oder auch einzelne Warnleuchten sind beim Rennwagen in das zentrale Anzeigeinstrument integriert.
Weiter voraus mit Erfolg
Es sind neben akribischen Vorbereitungen etliche technisch ausgeklügelte Innovationen, die Audi zum Erfolg verhelfen. Audi besitzt die Möglichkeit, neue Technologien zu entwickeln und zu testen - und nutzt diese auch. Mit dem e-tron quattro in Kombination mit Leichtbau brachte Audi eine völlig neue Technologie an den Start und gewann damit auf Anhieb - das ist alles andere als selbstverständlich.
Genau von diesen Erfahrungswerten profitieren die Serienmodelle - seien es durch den neuen Mono-Turbo noch höhere Leistungswerte beim Downsizing oder der e-tron quattro als Allradantrieb der nahen Zukunft. Für Sicherheit und weitere Möglichkeiten sorgt wiederum der digitale Rückspiegel. Unter diesen Aspekten ist es immer wieder interessant, sich die Prototypen-Rennwagen genauer anzuschauen und mehr über die Zukunft zu erfahren.
Speed0r
07.08.2012
Glückwunsch an Audi