BYD: Stella Li verrät das Erfolgsrezept im Interview

, 31.07.2024


BYD kennt inzwischen fast jeder. Doch wer ist Stella Li? Eine der weltweit mächtigsten Frauen in der Automobilbranche, die wir zum Interview trafen - und Stella Li gab sehr interessante Informationen preis: Wie sie BYD zum Erfolg verhalf, was für ein Typ der Unternehmensgründer von BYD ist und ein Ratschlag, der sie derart erfolgreich machte. Mehr noch: Die Top-Managerin und weltweite Nummer 2 von BYD verriet uns, welche heißbegehrten Autos BYD schon bald nach Europa bringen wird, was sie besonders liebt und was sich in Europa ändern wird.

1995 wurde BYD von Chuanfu Wang als Batteriehersteller in der chinesischen Stadt Shenzhen gegründet. BYD Auto folgte 2003. Stella Li, geboren 1970, kam bereits im Oktober 1996 zu BYD und ist die stellvertretende Vorstandsvorsitzende des gesamten Unternehmens. Innerhalb dieser Struktur zeichnet Stella Li für die strategische Planung wie Marketing und unter anderem für BYD Europa verantwortlich, wo eine große Expansion ansteht.

Stella, wie bist du damals zu BYD gekommen und wie verlief der Start?

Das ist eine gute Story. Ich schloss mein Bachelorstudium an der Fudan-Universität in Shanghai ab und war danach in einer Werbeagentur im Verkauf tätig. BYD war einer meiner Kunden und sagte selbstbewusst, dass sie die Nummer 1 der Batteriehersteller von China sein werden. So traf ich mich persönlich mit Herrn Wang und seinem Team. Das Büro des gerade erst gegründeten Unternehmens war nur etwa 100 qm groß und erinnerte mich an ein Appartement mit zwei Schlafzimmern, indem die die meisten Angestellten in einer Art Wohnzimmer arbeiteten. Du musst dir vorstellen: Das war der damalige Hauptsitz - speziell, aber sehr sauber. Ich musste sogar meine Schuhe ausziehen.

Es war ein kleiner Betrieb, aber Herr Wang hatte eine große Vision, investierte wie verrückt und wurde mein Kunde. Bereits 6 Monate später zog BYD um und besaß in einem Gebäude zwei komplette Etagen. BYD wuchs in China und Herr Wang fragte mich, ob ich für BYD arbeiten möchte. So kam ich zu BYD und zeichnete für Marketing und Promotion verantwortlich. Ich trainierte das Verkaufsteam, um dieses professioneller aufzustellen. 

Einige Monate später erhielt ich die Aufgabe, ins Ausland zu gehen, um dort neue Märkte zu erschließen. So besuchte ich unter anderem die USA, anschließend in Hannover die Computer- und Informationstechnik-Messe CeBIT und in Berlin die Internationale Funkausstellung IFA, um die Türen für BYD zu öffnen. Noch vor 1997 richtete ich in Hongkong das erste Auslandsbüro ein.

1999 kam ich in die Niederlande und sollte dort ein Büro für BYD Europa gründen. Doch das Budget war nur klein und Herr Wang gab mir dazu 30.000 US-Dollar als Bargeld mit. Zum Überleben erhielt ich noch einen Container voll mit wiederaufladbaren Batterien, die ich mit zwei Mitarbeitern verkaufen musste. Wir waren erfolgreich und erreichten bereits nach 6 Monaten die Gewinnschwelle und konnten Kunden wie Nokia, Motorola, Siemens und Sony Ericsson gewinnen.

2000 bat mich Herr Wang, das nächste Büro von BYD in den USA zu eröffnen. Das war in Chicago. Das gleiche Spiel: Ich bekam 30.000 US-Dollar und einen Container voll mit wiederaufladbaren Batterien. Allerdings war der Markt in den USA schwieriger, so dass wir 12 Monaten benötigten, die Gewinnschwelle zu erreichen. So begann die BYD-Erfolgsgeschichte.

Welches ist derzeit dein Lieblingsauto von BYD?

Mein Lieblingsauto ist der BYD Seal. Ein cooles Auto! Die Fahrt ist dynamisch und im Innenraum gleichzeitig geschmeidig. Du bezahlst einen Premiumpreis, bekommst dafür aber ein luxuriöses, sportliches Auto. Es fühlt sich an, als wärst du wie ein Vogel, der am Himmel fliegt. Für mich ist das ein Gefühl von Freiheit.

Welches Auto fährst du aktuell?

Das kommt darauf an, wo ich bin. Wenn ich in China bin, fahre ich nicht selbst, sondern ein Chauffeur, der mich mit einem Denza D9 abholt. Das ist ein Luxus-Van, den ich in einer nur viersitzigen Variante nutze: vorne zwei Sitze und hinten zwei First-Class-Sessel. Das ist ein vollelektrischer Luxus-Van, den ich mit seinem großen Bildschirm im Fond wie ein mobiles Büro nutze. Dazu bietet der Van eine gute Privatsphäre: Wenn ich eine Telefonkonferenz habe, fährt die Trennwand per Knopfdruck hoch und der Chauffeur kann mich nicht mehr hören. Zwischen den Vordersitzen befindet sich außerdem ein Kühlschrank, in den ich Eiscreme legen kann oder ein kaltes Wasser habe. Aber ich fahre auch sehr gerne selbst Auto, privat einen Fangchengbao Bao 5.

Hast Du Vorbilder? Personen, die Dich und Deine Aktivitäten beeinflussten?

Früher hatte ich verschiedene Vorbilder. Aber eins kann ich sagen: Mein größtes Vorbild ist Herr Wang, der Gründer von BYD, der noch immer sehr hart arbeitet. 16 Stunden am Tag. Herr Wang schaut sich den Markt genau an, um diesen zu verstehen, er arbeitet sehr effektiv und besitzt ein tiefes Verständnis.

Ich erinnere mich noch, als BYD zur Erweiterung der Geschäftsfelder 2003 den Automobilhersteller Xian Qinhuan Automobile kaufte. Herr Wang besaß kein Wissen über Motoren und kaufte sich ein großes Buch über Motorentechnologie, um alles zu lernen. Ein Jahr später war Herr Wang ein Experte für Motoren. Das ist sehr inspirierend!

Was für eine Person ist Herr Wang, der Gründer von BYD?

Herr Wang ist ein einfacher Mensch. Ich erzähle dir etwas: Als wir mit BYD an die Börse gingen, stand noch ein letztes Investment-Meeting mit Managern an. Wir schlugen vor, dass wir schöne Jacken, Anzüge und T-Shirts von einer bekannten Marke kaufen sollten. Mr. Wang stellte uns die Frage: „Warum benötigen wir Markensachen?“ Als wir an einer Art Marktstand vorbeikamen, sah Herr Wang T-Shirts für 50 RMB, das sind ca. 6 Euro pro T-Shirt. Herr Wang schaute sich die Ware an und meinte, dass dies eine gute Qualität sei und wir hier die T-Shirts kaufen sollten. Das ist sein Stil.

Für BYD scheut Herr Wang allerdings keine Investition. Vor 28 Jahren, wir hatten noch nicht so viel Geld, bestellte Herr Wang für unsere Forschung und Entwicklung eine Ausrüstung in Höhe von 1.000.000 US-Dollar, da diese BYD voranbringt.

Wie wichtig ist Europa für die Wachstumsstrategie von BYD?

Europa ist für die globale Strategie von BYD sehr wichtig und wir investieren daher auch stark in Europa. Ich bin zuversichtlich, dass wir hier sehr erfolgreich werden und Europa künftig der zweitwichtigste Markt von BYD wird.

Wie will BYD Marktanteile in Europa erobern?

Ich denke, solange wir uns auf die Bedürfnisse der Kunden konzentrieren, das Händlernetz ausbauen und das Augenmerk auf den besten Verkauf setzen, kann BYD erfolgreich sein. Bei der Technologie, bei der Produktqualität, bei der Wettbewerbsfähigkeit und dem Preis nehmen wir eine globale Führungsrolle ein. Bauen wir ein starkes Team vor Ort auf, können wir sehr erfolgreich sein.

Wenn mehr Menschen die Marke BYD kennen, unsere Autos Probe fahren und sich in unsere Autos verlieben, werden sie treue Kunden. BYD ist nicht nur elektrisch, sondern auch cool. Es sind Spaßautos und zugleich Hightech-Fahrzeuge.

Darüber hinaus wollen wir unsere Automarke Denza noch 2024 nach Europa bringen und beginnen mit dem D9 (Van) und dem N7 (Crossover-SUV). Wir planen ebenfalls, den Fangchengbao Bao 5 künftig in Europa anzubieten.

Kommt die Luxusmarke Yangwang mit dem U8, einem SUV, und dem vollelektrischen Sportwagen U9 nach Europa?

Ja, wir planen, den Yangwang U8 und den Yangwang U9 innerhalb der nächsten zwei Jahre in Europa einzuführen.

Hast du Angst vor Marktbeschränkungen und Importzöllen in Europa?

Nein, weil wir uns vor zwei Jahren entschieden haben, nach Europa zu kommen und hier sein werden, bevor die Strafzölle erhoben werden. Wir werden ein Teil der europäischen Autohersteller. Dann werden unsere Technologien und unsere Qualität hier sein. Wenn wir hier investieren und produzieren, dann richten wir auch ein europäisches Forschungs- und Entwicklungszentrum ein. 

Unsere neue Fabrik in Ungarn startet 2025 mit der Produktion von Autos sowie Batterien und besitzt eine Kapazität von 150.000 Fahrzeugen pro Jahr. Unsere zweite Fabrik wird in der Türkei gebaut und besitzt darüber hinaus ein Forschungs- und Entwicklungszentrum. Die Fabrik in der Türkei soll mit der Produktion in den nächsten zwei Jahren beginnen. Auch hier beträgt wie in Ungarn die Kapazität 150.000 Fahrzeugen pro Jahr.

Um künftig Autos noch besser für Europa entwickeln zu können, wäre ein europäisches Design- und Entwicklungszentrum hilfreich. Wird es eins geben?

Wir werden nicht nur in Europa ein neues Forschungs- und Entwicklungszentren aufbauen, sondern in jedem Land, da wir feststellten, dass sich sogar innerhalb Europas zum Beispiel deutsche und italienische Kunden unterscheiden. Die kleinen, lokalen Teams bestimmen den letzten Schritt für die Kundenbedürfnisse des jeweiligen Landes. Das Forschungs- und Entwicklungsteam in unserer Europa-Zentrale sammelt alle Rückmeldungen, um zum Beispiel Autos extra für Europa bauen zu können.

Nutzt BYD künstliche Intelligenz bei der Entwicklung oder beim Finden von Strategien?

Wir investieren sehr viel in künstliche Intelligenz. In den letzten Jahren stellten wir zum Beispiel über 5.000 Software-Ingenieure ein, um autonomes Fahren zu entwickeln. Bei der Forschung und Entwicklung nutzen wir künstliche Intelligenz, um Zeit und Kosten zu sparen, und bei der Produktion zur Optimierung der Fertigungsprozesse. Künstliche Intelligenz werden wir künftig in allen Technologien finden. Daher stellt die künstliche Intelligenz einen großen Teil der BYD-Strategie dar.

Wo liegen Deine persönlichen Stärken und Deine Schwächen?

Meine Stärke ist ein wirklich guter Instinkt für das Marketing und den Verkauf. Meine schwächste Seite ist das Lernen neuer Sprachen. Ich versuchte Französisch und Spanisch zu lernen, bin aber leider daran gescheitert. Englisch ist die einzige Fremdsprache, die ich beherrsche.

Hast Du ein bestimmtes Hobby zum Ausgleich, um Dich herunterzubringen?

Ich liebe Boxen! Wenn ich Zeit habe, gehe ich gerne in ein Fitnessstudio, um dort eine halbe Stunde Gewichte zu heben und 30 Minuten zu boxen. Das hilft mir bei der Work-Life-Balance. Darüber hinaus habe ich Spaß am Tanzen und Singen. Ich verreise sehr gerne, um neue Orte kennenzulernen, wenn es die Zeit erlaubt.

Was war der beste Rat, den Du jemals im Leben bekommen hast?

Als ich sehr jung war und gerade die Universität abschloss, hatte ich keine Zukunft. Aber ein Freund von mir, ein Sänger, sagte: „Stella, du weißt nicht, was du in der Zukunft machen wirst. Aber eines sollst du dir merken: Bei allem, was du tust, stelle sicher, dass du dein Bestes gibst. Dann wird der Erfolg kommen!“

Also befolgte ich diesen Ratschlag. Ich ging immer um mehrere Schritte bei der Erledigung meiner Aufgaben hinaus. Das wurde zur Gewohnheit. Kunden arbeiten gerne mit mir zusammen, da ich immer über die Erwartungen hinaus abliefere.

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