Um das Team mit dem Hyundai i20 WRC voranzubringen, finden selbst organisierte Tests auf abgesperrten Strecken statt - üblicherweise in den Ländern, wo auch der Weltmeisterschaftslauf stattfindet, um möglichst ähnliche Konditionen vorzufinden. Allerdings sind derartige Tests seitens der FIA lediglich innerhalb Europas erlaubt und pro Jahr auf nur 42 Tage begrenzt. Für die Rallye-Events in Argentinien, Mexiko und Australien sucht Hyundai nach ähnlichen Straßen in Europa. So fanden die Testfahrten für die Rallye Mexiko in großen Höhen bei Almeria in Spanien statt für die Rallye Argentinien im Norden Portugals.
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Beeindruckende Einrichtung: Alles von Deutschland aus gesteuert
Seine Heimat hat das neue Werksteam von Hyundai mitten in Deutschland. Dazu gründeten die Macher die Hyundai Motorsport GmbH (HMSG), die in Alzenau sitzt - rund 50 Kilometer vom Frankfurter Flughafen entfernt und ganz in der Nähe von Hyundai Motor Europe (HME) und Hyundai Deutschland in Offenbach sowie dem Hyundai Technical Center (HMETC) in Rüsselsheim. Ein idealer Standort, um die weltweiten Geschicke des Motorsport-Teams zu steuern.
In Alzenau baute Hyundai auf einem 8.200 m² großen Gelände neben dem Verwaltungsbereich (2.125 m²) eine riesige Werkstatt. In den 5.878 m² großen Hallen wird der Hyundai i20 WRC auf seine weltweiten Einsätze vorbereitet. Derzeit arbeiten rund 100 Mitarbeiter aus 22 Nationen für HSMG in Alzenau. Die Werkstatt ist in 10 Montageplätze aufgeteilt: Motorwerkstatt, Teilmontagebereiche, Elektronik- und Karosseriewerkstatt, Lager und Konstruktionsbereich sowie Prüfeinrichtungen für Motordynamik und Fahrwerk.
Die Weiterentwicklung des Hyundai i20 WRC erfolgt in enger Zusammenarbeit zwischen den Mitarbeitern in Alzenau sowie der Forschungs- und Entwicklungsabteilung von Hyundai im südkoreanischen Namyang, wo Hyundai ein über 3,3 Millionen Quadratmeter großes, hermetisch abgeriegeltes Gelände besitzt, das wie eine eigene Stadt wirkt und modernste Einrichtung zur Entwicklung von Fahrzeugen bereithält. Von diesen Möglichkeiten profitiert das Rallye-Team immens.
Doch auch in Alzenau wird kräftig an der Verbesserung des Hyundai i20 WRC gearbeitet. Nach den Rallye-Events werden die Rennwagen in Deutschland zerlegt und alle Komponenten gesäubert sowie inspiziert, um mögliche Schwachstellen aufzudecken und diese anschließend zu ersetzen. Dabei setzt Hyundai Motorsport nicht nur auf Komponenten von externen Zulieferern wie das Getriebe und die Aufhängung, sondern auch auf Eigenentwicklungen wie das Chassis und der Motor.
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Selbstredend, dass bereits während der Rallyes beim Service stets Öl zur Analyse entnommen wird. Motoröl ist wie Blut. So lässt sich aus den Ergebnissen ablesen, ob beispielsweise der Motor reibungslos funktioniert. Aus dem Motoröl lässt sich vieles erkennen - wie bei einem kranken Menschen der Bluttest.
Schließlich dürfen laut FIA-Reglement in jeder Saison nur drei Motoren pro Fahrzeug zum Einsatz gelangen - und die Motoren sind mächtig aufgeladen und die Einsätze extrem. Da ist absolute Zuverlässigkeit gefragt. Auf dem Motorenprüfstand in Alzenau werden die Motoren schließlich gesund gehalten und neue Motoren entwickelt.
Recce-Autos: Die geheimen Helden einer Rallye
Auf den ersten Blick sehen sie normal aus und verbringen die meiste Zeit ihres Lebens verschlossen in Containern. Und doch nehmen Recce-Autos einen wichtigen Teil bei jeder Rallye ein. Denn mit diesen unter dem Blechkleid modifizierten Autos ist es den Rallye-Piloten der WRC gestattet, die einzelnen Wertungsprüfungen mit einem Tempolimit von 70 km/h vorab abzufahren und zu erkunden. Daher der Ausdruck „recce“, eine umgangssprachliche Abkürzung des englischen Wortes „reconnaissance“, was im Deutschen für Aufklärung steht.
Die Aufklärungsfahrzeuge besitzen gegenüber der Serie beispielsweise stark geänderte Fahrwerke und Stoßdämpfer sowie eine steifere Aufhängung, damit sich die Recce-Fahrzeuge wie Rallye-Autos anfühlen. Ein milder Umgang ist den Recce-Autos vergönnt; denn die Fahrer wollen wissen, wie weit sie am Pistenrand ans Limit gehen können, um ihren WRC-Rennwagen nicht in Gefahr zu bringen.
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Unerlässlich: der Kilometerzähler an Bord, mit Hilfe dessen der Co-Pilot das „Gebetbuch“ erstellt - ein Heft mit Aufzeichnungen über die Wertungsprüfungen, die der Co-Pilot dem Fahrer diktiert. Dazu gehören besondere Merkmale der Strecke wie der Verlauf und die Länge von Streckenabschnitten, Kurvenradien und -verläufe, Sprungkuppen, Belagbeschaffenheit und -wechsel und so weiter.
Das sah die Rallye-Weltmeisterschaft noch nie zuvor
Für die Logistik stellt jeder Rallye-Event eine immense Aufgabe dar. Bei europäischen Rallyes sind rund 70 Mitarbeiter vor Ort, in Übersee besteht das Team aus etwa 60 Personen. Dazu kommen exemplarisch in Europa insgesamt 48 Fahrzeuge, unter anderem drei Rallye-Autos, drei Recce-Fahrzeuge, zwei Ersatz-Recce-Fahrzeuge und 18 Trucks samt Aufliegern. Davon alleine 9 Trucks zum Transport der Hospitality und ein Truck nur für das Catering. Dazu kommen Fahrzeuge für das Marketing und Management vor Ort.
Hyundai besitzt den mit beinahe 900 m² größten Hospitality-Bereich, den die WRC jemals sah. Das imposante Glasfront-Gebäude umfasst neben dem Gastronomie-Bereich in der zweiten Etage außerdem Indoor-Service-Boxen für die Rallye-Autos, Büros für die Techniker und eine Zuschauerzone, die es erlaubt, die Hyundai i20 WRC-Autos beim Service zu beobachten.