Mit dem 159 Sportwagon bietet Alfa Romeo eine stilvolle Alternative zum bekannten Kombi-Einerlei. Doch kann der Italiener Fahrspaß und Praxisnutzen ähnlich geschickt verbinden wie die Konkurrenz? Im Fahrbericht: Der Top-Diesel mit Allradantrieb.
Steht der Kauf eines Mittelklasse-Kombis mit Premium-Anspruch an, drängen sich meist deutschen Bestseller auf: Audi A4 Avant, BMW 3er Touring oder T-Modell der Mercedes C-Klasse. Besonders emotionale Typen werden aber auch einen schicken Italiener in Betracht ziehen: den Alfa Romeo 159 Sportwagon. Bleibt noch die Frage nach der richtigen Motorisierung. Unser Testbericht des 2.4 JTDM zeigt: Der 210 PS starke Fünfzylinder-Turbodiesel passt in Verbindung mit dem Allradantrieb gut zur italienischen Interpretation des Themas Mittelklasse-Kombi.
Wer ihm in die Augen sieht, ist sofort Feuer und Flamme für den 159 SW - oder eingeschüchtert. Der Kombi kneift die Drei-Pupillen-Augen genauso grimmig zusammen wie die Plattform-Brüder Brera und Spider. Auch die Seitenlinie ist ein Beweis dafür, dass den Italienern in punkto Design so schnell keiner etwas vormacht. Elegant spannt sich das Dach in Richtung D-Säule, steigen Schulter- und die parallel verlaufende Charakterlinie sanft nach hinten an. Eigenständig geformte Türgriffe und muskulös ausgestellte Radhäuser setzen eigene Akzente in der sonst auf überflüssigen Schnickschnack verzichtenden Linienführung. Nachteile des schicken Designs: Das schmale Fensterband schränkt die Rundumsicht stark ein und erfordert ein Kreuzchen beim Aufpreislisten-Posten ,,Einparkhilfe".
Der Alfa will fahren, nicht schleppen
Kompromissbereit müssen Besitzer eines Alfa 159 SW auch sein, wenn es um traditionelle Kombi-Qualitäten geht. Hat man es geschafft, die Blicke vom wohlgeformten Hinterteil loszureißen und die mitleidigen Gedanken an Golf V Variant-Fahrer aus dem Kopf zu vertreiben, lässt bereits die Laderaumöffnung erste Zweifel an den praktischen Qualitäten des Sportwagon aufkommen. Der Wochenendeinkauf wird zum immer wiederkehrenden Belastungstest für die Bandscheiben. Wer einige Male Getränkekisten über die oberschenkelhohe Ladekante gewuchtet hat, wünscht sich, dass jemand einen Kofferraum-Lift für dieses Auto erfindet. Und spätestens auf dem Möbelhausparkplatz schwenkt der 159 SW - oder besser: dessen Besitzer - die weiße Fahne: Ein Kofferraumvolumen von 445 bis 1.235 Litern nötigt der Konkurrenz nur ein müdes Lächeln ab. Der schmale Laderaum schränkt die Nutzungsmöglichkeiten zusätzlich ein.
Golf V Variant-Fahrer können ihr hämisches Grinsen übrigens wieder ablegen. Denn: Einmal in Fahrt, zeigt der Alfa 159 Sportwagon 2.4 JTDM sein wahres Gesicht. Als charakterstarker Italiener, der er nun mal ist, möchte er kein verkannter Lastesel, sondern ein potenter Vollblüter sein. Souverän überträgt der 210 PS starke Fünfzylinder seine 400 Newtonmeter über alle vier Räder auf den Asphalt und sorgt dafür, dass der Alfa nicht nur im Stand, sondern auch beim Ampelstart und auf der linken Autobahnspur gut aussieht. Am Kurvenausgang hilft der Allradantrieb mit seiner exzellenten Traktion, schnell wieder Fahrt aufzunehmen. In Kurven überzeugt der Kombi mit seinem neutralen, narrensicheren Fahrverhalten, das durch die exakte und direkte Lenkung unterstützt wird. Allerdings gibt sich der Italiener am Kurveneingang ein wenig unwillig - ein Tribut an das hohe Leergewicht von mehr als 1,8 Tonnen. Das sorgt außerdem für erhöhten Spritverbrauch: Von den vom Werk angegebenen 7,6 Litern auf 100 Kilometern entfernt man sich in der Realität recht schnell. Zwischen neun und zehn Litern sind für den Alltagsgebrauch realistischer.
Schickes Cockpit mit Bedienschwächen
Wer hinter dem Lenkrad Platz nimmt, fühlt sich also schnell in seinem Element - was auch am konsequent zum Fahrer orientierten Cockpit liegt. Das Design überzeugt; im Interieur gibt sich der 159 sofort als typischer Alfa zu erkennen. Allerdings wirken die Materialien zuweilen recht billig. Zudem trüben einige Bedienschwächen das Bild: Eine zu tief platzierte Klimaregelung, fummelige und kleine Lenkradtasten fürs Radio und je nach Sonneneinstrahlung schlecht ablesbare Instrumente in der Mittelkonsole. Die Sitze sind bequem, bieten bei forscher Kurvenfahrt aber zu wenig Seitenhalt. Das Platzangebot in der zweiten Reihe reicht in den meisten Situationen aus.
Obwohl der Kauf eines Alfas meist eine Herzensangelegenheit ist, entscheidet spätestens beim Thema Geld der Kopf. In diesem Punkt ist der allradgetriebene 159 Sportwagon 2.4 JTDM mit 36.300 Euro deutlich günstiger als die deutsche Konkurrenz, die Serienausstattung präsentiert sich auf ähnlichem Niveau. Der Preisvorteil verringert sich allerdings durch die Aufpreispolitik: Tempomat, Klimaautomatik sowie Licht- und Regensensor müssen entweder einzeln oder mit anderen Ausstattungsdetails kombiniert in der Top-Variante ,,Distinctive" (plus 3.050 Euro) bestellt werden. Unverständlich: Eine Diebstahlwarnanlage, Bi-Xenon-Scheinwerfer und eine Einparkhilfe kosten grundsätzlich - also auch beim ,,Distictive" - Aufpreis. So nimmt der Alfa 159 Sportwagon 2.4 JTDM die 40.000 Euro-Hürde problemlos.
Fazit
Wird Alfas vom Top-Diesel angetriebener Kombi den Erwartungen gerecht? Uneingeschränkt ja! Niemand kann vom schick eingekleideten Italiener wirklich ausgeprägte Transporter-Qualitäten erwarten, die Bedienschwächen werden Alfa-Fans nicht an ihrer Kaufentscheidung hindern. Eher schon der hohe Spritverbrauch, der einen Schatten auf die dynamischen Qualitäten des Fünfzylinder-Diesels wirft. Wer aber im geschmackvollen Fünftürer-Look verpackten Fahrspaß sucht und aus dem teutonischen Kombi-Einerlei ausbrechen möchte, ist mit dem Dressman vom Appenin gut bedient. Zum Schnäppchen-Preis gibt es die Extraportion italienischen Kombi-Chic allerdings nicht.
Techn. Daten Alfa Romeo 159 Sportwagon 2.4 JTDM Q4 (Werksang.):
Leistung: 154 kW (210 PS) / 4.000 U/min
Max. Drehmoment: 400 Nm / 1.500 U/min
Höchstgeschwindigkeit: 224 km/h
Beschleunigung 0 - 100 km/h: 8,6 s
Durchschnittsverbrauch: 7,6 l / 100 km
CO2-Emission: 199 g/km
Grundpreis: 36.300 Euro