Schicke Schale, vertrauenswürdiger Kern? Der neue Fiat Bravo tritt in der 1.9 Multijet 16V-Dieselversion zum Test bei Motorvision an.
Endlich gibt es unter den Kompakten wieder eine Alternative für diejenigen, denen das übliche Angebot zu gewöhnlich ist. Der neue Fiat Bravo setzt mit seinem Design ein dickes Ausrufezeichen und soll helfen, den nach wie vor angeschlagenen Konzern zu konsolidieren. Ob der italienische Beau seinen schicken Auftritt mit inneren Werten untermauern kann, zeigt unser Fahrbericht der 1.9 Multijet-Dieselversion mit 150 PS.
Design
Modern, elegant, dynamisch und keine Spur mehr von biederer Design-Hausmannskost à la Stilo: Der neue Fiat Bravo bringt eine Menge italienischen Chic in die Kompaktklasse und kaschiert gekonnt seine üppigen Ausmaße. Die Front ähnelt mit den weit nach hinten gezogenen Scheinwerfern und der keck nach vorn gestreckten Nase mit neuem Fiat-Logo der des kleinen Bruders Grande Punto. Mit ihrer stark ansteigenden Gürtel-, der nach hinten abfallenden Dachlinie und großen 18-Zoll-Rädern in ausgestellten Radhäusern wirkt die Silhouette sehr kraftvoll. Schick auch das Heck; so muss das Hinterteil einer rassigen italienischen Schönheit aussehen: Rund und schnörkellos, mit den richtigen Accessoires (wohlgeformte Rückleuchten, Doppelrohrauspuff) in Szene gesetzt. Schade nur, dass eine Griffmulde fehlt, um problemlos das Geheimnis zu lüften, was sich hinter der schönen Fassade verbirgt.
Karosserie/Innenraum
Womit wir beim Kofferraum sind: Das Gepäckabteil ist gut nutzbar und mit einem Fassungsvermögen zwischen 400 und 1.175 Litern für diese Klasse üppig dimensioniert. Leider entsteht bei umgeklappter Rücksitzlehne keine ebene Ladefläche, die hohe Ladekante erspart so manches Krafttraining im Fitnessstudio. Dass die Hutablage an einfachen Kreuzschlitzschrauben aufgehängt ist, werden Italo-Fans sympathisch finden, Perfektionisten dagegen ernüchtert zur Kenntnis nehmen. Ein weiteres Manko ist die schlechte Rundumsicht; hier fordert das schicke Design viel Aufmerksamkeit seitens des Fahrers ein.
Nichts zu meckern dagegen beim Platzangebot im Passagierabteil, das vorne und hinten den Ansprüchen genügt. Schade nur, dass sich Fahrer über 1,80 Meter angesichts der zu hohen Sitzposition, des zu kleinen Lenkrad-Verstellbereiches und des zu wenig Seitenhalt bietenden Sitzes fühlen, als hätten sie auf einem Barhocker Platz genommen. Verarbeitung und Design des auf den Piloten ausgerichteten Cockpits überzeugen, doch einige Bedienschwächen trüben das Bild: So lassen sich die Instrumente teilweise schlecht ablesen und sind einzelne Tasten unlogisch angeordnet.
Antrieb/Fahrwerk:
Der 1.9 Multijet 16V Common Rail-Diesel mit 150 PS bildet gemeinsam mit dem neuen 1,4 Liter-Turbo-Benziner die Spitze der Bravo-Motorenpalette. Ist man aus dem sehr tiefen Turboloch unterhalb von 2.000 Touren gekrabbelt (hier erreicht der Motor sein maximales Drehmoment von 320 Newtonmetern), geht es kraftvoll vorwärts. Bei stehendem Start geht es bei Bedarf in neun Sekunden auf Tempo 100. Bei 209 km/h erreicht der Bravo seine Höchstgeschwindigkeit, agiert dabei aber noch angenehm leise. Der von Fiat angegebene Durchschnittsverbrauch von 5,6 Litern auf 100 Kilometern ist dann naturgemäß nur noch von theoretischer Natur. Entspannte Fahrernaturen dürften den Wert aber durchaus erreichen.
Lob verdienen sich auch das komfortabel abgestimmte Fahrwerk, das nur grobe Querfugen recht ungefiltert in den Innenraum durchlässt, sowie das gut gestufte, aber nicht besonders exakt zu schaltende Sechsgang-Getriebe. Dagegen verhindert die viel zu leichtgängige, wenig Fahrbahnkontakt vermittelnde Lenkung, dass sich der Fiat auch bei schneller Kurvenfahrt ein ungetrübtes ,,Bravo!" verdient. Denn dank des fahrsicheren und agilen Fahrwerks hätte der Italiener durchaus das Zeug zum kurvengierigen Spaßmacher.
Kosten
Mit einem Grundpreis von 22.400 Euro (,,Dynamic"-Version) platziert sich der neue Fiat Bravo 1.9 Multijet 16V mittendrin im Konkurrenzumfeld - auch ein Ausdruck des neuen italienische Selbstbewusstseins. Mit den verschiedenen Ausstattungsvarianten (,,Emotion" für 23.900, ,,Sport" für 24.000 Euro) lässt sich der Bravo an den eigenen Geschmack anpassen und ist dann reichhaltig bestückt. Das Sicherheitspaket ist mit sieben Airbags sowie ESP schon in der Basisversion reichhaltig, die Crashtestergebnisse (fünf EuroNCAP-Sterne) beruhigen das Gewissen zusätzlich. Die Versicherungseinstufungen (KH/TK/VK: 18/21/24) sind fair. Der günstige Verbrauch und lange Wartungsintervalle schonen ebenfalls den Geldbeutel.
Fazit
Fiat erwartet viel vom neuen Bravo: Er soll nicht nur die Verkaufszahlen in die Höhe schnellen lassen, sondern auch das Image der Italiener nachhaltig verbessern. Doch der Fünftürer scheint dem Druck gewachsen: Er sieht gut aus, ist geräumig, in der 150 PS-Dieselversion kräftig und sparsam und macht einen sehr soliden Eindruck. Natürlich leistet er sich einige Schwächen; diese sind aber nur geringfügiger Natur und deshalb verzeihbar. Bravo, Fiat!
Technische Daten (Werksangaben):
Leistung: 110 kW (150 PS) / 4.000 U/min
Max. Drehmoment: 305 Nm / 2.000 U/min
Höchstgeschwindigkeit: 209 km/h
Beschleunigung 0 - 100 km/h: 9,0 s
Durchschnittsverbrauch: 5,6 l / 100 km
CO2-Emission: 149 g/km
Grundpreis: 22.400 Euro