Tatort Oschersleben: Die WTCC-Rennen stehen an - und schreiben Motorsport-Geschichte. Außerdem in Teil zwei des Abschlussberichtes: Das Fazit zum BMW 120d.
In Anderstorp hat Yvan Muller mit dem Turbodiesel-Seat bereits für Aufsehen sorgen können. Als Sechster hat der Franzose in Schweden drei Punkte gesammelt. In Oschersleben setzt ,,Yvan der Schreckliche" noch einen drauf: Im Qualifying bereits Zweiter, gewinnt Muller den ersten Lauf souverän - und schreibt damit Motorsportgeschichte: Nie zuvor hat ein Diesel ein Tourenwagenrennen gewonnen! Die BMW-Fahrer halten sich dagegen - auch aufgrund des wegen der bisher so erfolgreichen Saison sehr hohen Handicap-Gewichts von 50 bzw. 55 Kilogramm - dezent zurück: Jörg Müller hält seinen vierten Startplatz bis ins Ziel, Priaulx wird Fünfter, Farfus gar nur Siebter. Trotzdem stehen die Chancen für das zweite Rennen gut: Da die ersten Acht aus Lauf eins in umgekehrter Reihenfolge starten, fahren Farfus vom zweiten, Priaulx vom vierten und Müller vom fünften Startplatz los. Zudem gelten die BMWs dank des Heckantriebs und der deshalb sehr günstigen dynamischen Achslastverteilung als exzellente Starter.
[strong]Wechsel an der Spitze, aber BMW bleibt vorn[/strong]
Ein Ruf, den alle drei BMW-Topfahrer im zweiten Rennen am Nachmittag bestätigen. Farfus setzt sich vor Priaulx an die Spitze, dahinter will Müller als Dritter in die erste Kurve einbiegen. Dieser Plan wird jedoch von den Seat-Piloten Jordi Gené und Roberto Colciago zerstört, indem sie Müller in die Zange nehmen - das Aus für den bis dahin Meisterschaftsführenden. Teamkollege Farfus nutzt die Gunst der Stunde und setzt sich mit seinem Sieg an die Tabellenspitze. BMWs Dreifachführung in der Gesamtwertung hat dagegen weiter Bestand: Priaulx ist nun Zweiter des Championats, Müller hat als Dritter nach wie vor sehr gute Meisterschaftschancen
Nachdem der obligatorische Champagner verspritzt worden ist und die Erstplatzierten ihren Teams und den Fans gedankt und sich gegenseitig auf die Schultern geklopft haben, wollen der 1er und ich die Heimreise antreten. Leichter gesagt als getan, denn auf diese Idee sind fast alle anderen Zuschauer auch gekommen. So heißt es für uns: Im Stau anstehen und warten, bis sich alle auf die umliegenden Bundesstraßen und Autobahnen verteilt haben. Das gibt uns Zeit, über ein Dauertest-Fazit nachzudenken. Der 120d hat uns mit seinem für Dieselverhältnisse drehfreudigen, sehr durchzugsstarken und dennoch sparsamen (unser Durchschnittsverbrauch während des von vielen Highspeed-Autobahnetappen geprägten Dauertests lag bei sieben Litern) Motor begeistert. Ebenso mit seiner tollen Agilität, die in der Kompaktklasse ihresgleichen sucht. Solang man in der ersten Reihe Platz nimmt, stimmt wegen der guten Materialauswahl, des ordentlichen Platzangebotes und der perfekten Verarbeitung auch der Wohlfühlfaktor. Auch der Kofferraum ist mit 330 bis maximal 1.550 Litern ordentlich bemessen. Die Fondpassagiere wünschen sich dagegen mehr Kniefreiheit.
[strong]Die Preisfrage[/strong]
Wer mit dieser Schwäche leben kann, muss aber noch die große Preishürde überwinden: Als Fünftürer kostet der inzwischen durch ein Facelift aufgefrischte und auf 177 PS erstarkte 120d satte 27.550 Euro. Stattet man den Münchner ähnlich gut aus wie unseren Testwagen, wird man auf einen Schlag 40.000 Euro los. Ist ein 120d eine solche Summe wert? Nimmt man praktische Qualitäten wie das Platzangebot als Maßstab, dann sicherlich nicht. In Anbetracht des zu erwartenden Wiederverkaufswertes, des hervorragenden Qualitätsniveaus (im Laufe unseres 16.000 Kilometer-Dauertests hat uns der Bayer kein einziges Mal mit Defekten geärgert) und des auf Sportwagenniveau liegenden Fahrspaßes lautet unsere Antwort jedoch uneingeschränkt: Ja, jeder Cent ist gut investiert!
[strong]Technische Daten (Werksangaben):[/strong]
Leistung: 120 kW (163 PS) / 4.000/min
Max. Drehmoment: 340 Nm / 2.000/min
Beschleunigung 0 - 100 km/h: 7,9 Sekunden
Höchstgeschwindigkeit: 220 km/h
Verbrauch: 5,7 l / 100 km
Grundpreis (Facelift-Version): 27.550 Euro