Dinge, die Autofahrer gerne vermeiden: TÜV-Termine, Taxidienst beim Kindergeburtstag, Winterreifen aufziehen. In jüngster Zeit gehört auch der Besuch einer Tankstelle zu dieser Liste automobiler Zumutungen. Spätestens an der Kasse ist Schluss mit der Freude am Fahren, dafür leert sich der Geldbeutel zoom zoom - und das Umweltgewissen nagt sowieso.
Volvo will mit dem V50 FlexiFuel den Spaß ins Autofahrerleben zurückbringen. Der kompakte Kombi verarbeitet in seinem 1,8 Liter-Vierzylinder-Triebwerk sowohl herkömmliches Superbenzin als auch E85 Bioethanol, das den CO2-Ausstoss deutlich reduziert. Nicht nur die Umwelt freut sich, der Bio-Sprit kostet knapp 90 Cent pro Liter und entlastet somit die Tankkasse spürbar. Zumindest theoretisch.
Die Aufgabe für den auf der Ford Focus-Plattform aufbauenden V50 ist praxisnah gewählt: Er soll seinen Fahrer möglichst schnell und bequem von München nach Düsseldorf transportieren. Knapp 600 Kilometer Gelegenheit für den kleinen Schweden, seine Vorzüge unter Beweis zu stellen. Der Blick ins Internet (http://www.ethanol-statt-benzin.de) bringt Ernüchterung: An der Fahrtstrecke entlang der A9 und A3 befindet sich keine einzige Tankstelle mit E85 im Sortiment. Sämtliche Bio-Tränken für das kompakte 125 PS-Arbeitstier liegen abseits der Autobahn, der vermeintliche Kosten- und Verbrauchsvorteil von E85 ist somit schnell dahin. Wer fährt schon Umwelt und Geldbeutel zuliebe einen Umweg von 30 Kilometern?
Zunächst fließt daher konventionelles Super in den 55 Liter-Tank. Der oberhalb von 3.000 Umdrehungen leicht brummige Volvo-Motor genehmigt sich bei zügiger Fahrweise davon knapp über elf Liter - das ist kein Spar-Rekord. Schüttet man den grünen Sprit E85 in den Tank, steigt der Verbrauch wegen des schlechteren Alkohol-Brennwerts sogar noch leicht an. Allerdings wirkt der Motor mit dem Biosprit ein wenig spritziger.
Im Innenraum bietet der Volvo solide Verarbeitung und ansprechendes Design. Allein die Mittelkonsole begeistert Formen-Freaks durch ihren Bang&Olufsen-Look. Nach 600 Kilometern am Steuer steigt der Fahrer dank guter Sitze, übersichtlicher Instrumentierung und klarer Anordnung aller Bedienelemente entspannt aus dem V50. Der Kofferraum mit 417 Litern reicht für die Reisetasche, den Schminkkoffer und den sprichwörtlichen Kasten Bier, bei Urlaubsreisen mit dreiköpfiger Besatzung dürfte es trotz variabler Erweiterungsmöglichkeiten eher eng zugehen.
Das Thema Übersichtlichkeit ist beim Volvo wie bei vielen seiner modernen Artgenossen ein sensibles: Der Trend zur Schießscharte gebiert Einpark-Dramen und Beulen-Tragik. Der vorgeschriebene Blick über die Schulter beim Spurwechsel endet beim V50 an der breiten B-Säule - brenzlige Situationen beim Überholen sind vorprogrammiert. Das BLIS-System von Volvo will diesem Übel mit moderner Technik begegnen: Eine Art Seitenradar zeigt dem Fahrer über rote Lämpchen in der A-Säule an, ob sich ein Fahrzeug neben ihm im toten Winkel befindet. In der Praxis funktioniert dieser elektronische Sicht-Helfer aber nicht immer zuverlässig. Tiefstehende Sonne von hinten führt zum Beispiel dazu, dass die Warnlampe permanent brennt, obwohl weit und breit kein Auto zu sehen ist.
Der Volvo V50 verfügt also über zwei Features, die auf den ersten Blick sinnvoll erscheinen, bei genauerem Hinsehen aber wenig Vorteile bieten: Der flexible Betrieb mit konventionellem Super oder Bio-Ethanol krankt am dünnen Netz der E85-Tankstellen und das BLIS-System ersetzt den klassischen Schulterblick nur unzureichend. Das ist schade, denn in der Summe ist der Schweden-Kombi ein grundsolider, kompakter Begleiter für alle Lebenslagen.
Technische Daten (Werksangaben):
Leistung: 92 kW (125 PS) / 6.000/min
Max. Drehmoment: 165 Nm / 4.000/min
Beschleunigung 0 - 100 km/h: 11 s
Höchstgeschwindigkeit: 200 km/h
Durchschnittsverbrauch (im Benzinbetrieb): 7,4 l / 100 km
CO2-Emission (im Benzinbetrieb): 177 g/km
Grundpreis: 25.320 Euro