Der Hummer H3 stammt von einem hoch dekorierten Soldaten ab, gibt sich aber durch und durch zivilisiert. Doch wie viel Hummer-Feeling gibt es wirklich im kleinen Spross der Offroad-Familie?
Ein Hummer, egal welcher Baureihe er angehört, ist ein Exot auf deutschen Straßen. Entsprechend groß ist die Aufmerksamkeit, die das automobile Riesenbaby erregt. Beim H3, dem Nachzügler der amerikanischen Offroad-Familie, ist das nicht anders als bei seinen Vorfahren. Dabei hat der ,,Baby-Hummer" mit seinem auch heute noch für´s US-Militär dienenden Großvater HMMWV bzw. dessen zivilem Ableger H1 nur Grundform und Namen gemeinsam. Optisch ein ganzes Stück näher dran, aber in seinen Ausmaßen einer höheren Liga zugehörig: Der H2, seines Zeichens Kriegsdienstverweigerer. Auch der H3 ist durch und durch Pazifist. Für das neue Modelljahr hat Hummer seinen Kleinsten aufgefrischt und ihm endlich auch ein V8-Herz spendiert. Geigercars bringt den potenten Geländegänger nach Deutschland und hat Motorvision zu einer Testfahrt in vier Disziplinen eingeladen.
Die erste Kontaktaufnahme: Kaum zu glauben, dass die anderen beiden Hummer-Modelle noch ein ganzes Stück größer sind als der H3. Da türmt sich ein Stahlkoloss auf, dessen mit grobstolligen Offroadreifen bestückten 16-Zöller wirken wie bei anderen Autos die nackten Radnaben. Weit ausgestellte Kotflügel geben den Rädern ein Dach über dem Kopf. Das Imposanteste ist aber auch beim H3 die Front. Die Stoßstange befindet sich samt zweier massiver Abschlepp-Ösen auf Hüfthöhe. Darüber der metallisch glänzende Kühlergrill, der dank senkrecht angeordneter Lufteinlässe die Zähne zu fletschen scheint. Und der H3 zeigt gern, was er hat. Beispiel Fahrwerk: Ihn stört nicht, dass er noch mit Blattfedern arbeiten muss, während viele Kontrahenten längst mit Luft federn. Das macht ihn sympathisch - trotz der martialischen Erscheinung.
Kein Platz für Militarismus
Schon der Einstieg ist ein Erlebnis. Oder besser: Das Aufsitzen. Man erklimmt das Interieur und nimmt in einem Cockpit Platz, das auch jedem anderen amerikanischen SUV gut zu Gesicht stehen würde. Keine Spur von militärischer Zweckmäßigkeit. Hier fühlt man sich durchaus wohl, wozu auch die bequemen, aber - typisch amerikanisch - null Seitenhalt bietenden Ledersitze ihren Teil beitragen. Na dann kann´s ja losgehen.
Per Schlüsseldreh erwacht der V8 mit dem so typischen Grummeln zum Leben. Den massiven Wählhebel der Viergang-Automatik in die D-Stellung gerückt, und das vierrädrige Monster setzt sich in Bewegung. Man erwartet, dass es rappelt und scheppert und wundert sich dann, dass alles so normal vonstatten geht. Erstaunlich handlich gibt er sich auf innerstädtischen Straßen, die Lenkung setzt an sie gerichtete Befehle fast verzögerungsfrei um. Es kommt sogar ein Hauch von Kurvenspaß auf. Denn der Baby-Hummer ist überraschend straff gedämpft, was seine Agilität auf das Level der etablierten Geländewagen-Konkurrenz hebt.
Potential für mehr
Der Motor überzeugt mit der Macht des Hubraums. Dank 5,3 Litern und daraus resultierenden 434 Newtonmetern Drehmoment schiebt der V8 stets mit Nachdruck an. Schade nur, dass das 304 PS-Triebwerk nicht alles geben darf: Wenn die Elektronik auf der Autobahn abregelt, stehen gerade einmal 100 mph, als etwa 160 km/h, auf dem Tacho. Das Potential für mehr ist zweifellos vorhanden, doch die Vernunft gibt den Hummer-Konstrukteuren Recht. Schließlich muss die Bremsanlage im Ernstfall einen Zweieinhalb-Tonnen-Koloss möglichst schnell zum Stehen bringen.
Doch der H3 ist nicht nur für die Straße gebaut. Deshalb steht auch ein Ausflug ins Unterholz auf dem Testfahrt-Programm. Die Karosserie liegt hoch genug, um auch besonders tief ausgefahrene Spuren zu meistern. Kurze Überhänge sorgen für große Böschungs- und Rampenwinkel, und zur Not hilft die sperrbare Hinterachse, sich aus misslichen Lagen zu befreien. So liegt die Offroad-Performance auch ohne Technik-Schnickschnack wie Bergabfahrhilfe oder einer auf Knopfdruck anhebbaren Karosserie auf hohem Niveau. So kann der H3 Wassertiefen von bis zu 610 Millimetern durchwaten oder 407 Millimeter hohe Stufen oder Felsen erklimmen.
Den Vierkampf aus Stadt, Land, Autobahn und Gelände meistert der H3 sehr souverän. Er ist zwar nirgends Spitze (am meisten im Gelände, am wenigsten auf der Autobahn), findet sich aber überall zurecht - und bietet auch ohne Militärausbildung Hummer-Feeling ohne Ende.
Technische Daten (Werksangaben):
Leistung: 224 kW (304 PS) / 6.200 U/min
Max. Drehmoment: 434 Nm / 4.800 U/min
Höchstgeschwindigkeit: 100 mph (ca. 160 km/h)
Beschleunigung 0 - 100 km/h: 8,2 s
Durchschnittsverbrauch: 14,5 l / 100 km
CO2-Emission: 320 g/km
Grundpreis: 45.900 Euro
Kontakt: www.geigercars.de