Heron Audi S3: Die Heronsche Formel

, 27.08.2007


Die Gleichung lautet: 300 PS + Allradantrieb + Sportfahrwerk - übertriebene optische Effekthascherei = eine unscheinbare Fahrmaschine: Der Heron Audi S3.

Der Mathematiker und Ingenieur Heron von Alexandria war ein kluger Mann und seiner Zeit weit voraus. Bereits zwei bis drei Jahrhunderte vor Christus hat der Gelehrte einen ersten Vorläufer der Dampfmaschine, den Heronsball (,,Aeolipile"), sowie weitere automatische Geräte entwickelt. Zudem zeigt er sich verantwortlich für die ,,Heronsche Formel", mit der sich der Flächeninhalt von Dreiecken ohne Verwendung eines Winkels berechnen lässt. Ohne Verwendung üppig dimensionierter Spoiler, monströser Breitbau- Bodykits oder anderer Versuche plumper Effekthascherei kommt auch der Audi S3 aus, dessen Tuner passender Weise ,,Heron" heißt. Der modifizierte Ingolstädter lässt vielmehr seine inneren Werte sprechen - und überzeugt auf ganzer Linie.

[strong]Naturbelassenes Äußeres[/strong]

Der Heron S3 sieht gewiss nicht langweilig aus, profitiert dabei aber von der Vorarbeit, die Audi selbst geleistet hat. Dank Singleframe-Grill mit Chromauflage sowie einer Frontschürze samt -flügel und größeren Lufteinlässen blickt die S-Variante grimmiger drein als der biedere A3. Weitere typische S-Merkmale: Außenspiegelgehäuse im Alu-Look, stärker ausgeformte Seitenschweller und ein kleiner Dachspoiler am Heck. Herons Beitrag zur stimmigen Optik beschränkt sich auf die Tieferlegung und die Felgen, die vom italienischen Spezialisten OZ stammen: Die 19 Zoll großen ,,Ultraleggera"-Räder im klassischen Mehrspeichen-Design erweisen sich als passendes Schuhwerk für den S3.

Alles in allem macht der Heron S3 also eine eher unscheinbare Figur. Das ändert sich, sobald man den Motor startet. Dumpf grummelnd entsorgt der Zweiliter-Turbo-FSI die Abgase durch die Sportauspuffanlage, Gasstöße quittiert er mit einem Fauchen. Doch noch ist der Motor kalt, wir bringen das Triebwerk mit gemütlichen Showrunden durch die City auf Temperatur. Jetzt kann der heiß gemachte Ingolstädter seine Komfortqualitäten unter Beweis stellen. Die Voraussetzungen für diese Disziplin scheinen nicht die besten zu sein, immerhin hat Heron das KW-Gewindefahrwerk Variante 3 installiert. Das heißt eigentlich: Rennsporttechnik für die Straße, kompromisslos und knüppelhart. Doch Heron hat das Fahrwerk für den S3 etwas komfortabler abstimmen lassen. Bodenwellen filtern die Dämpfer denn auch ordentlich raus, nur kurze Stöße gibt das Fahrwerk recht ungedämpft weiter. Aber Audis exzellentes Sportgestühl verhindert wirkungsvoll, dass sie auch die Insassen erreichen.

[strong]Elastisch wie ein Vierliter-V8[/strong]

Der Motor ist warm, und es kann losgehen. Ohne Verzögerung setzt der mittels Elektronik-Tuning auf Spannung gesetzte Zweiliter-Turbo jeden Druck auf´s Gaspedal in Vortrieb um. Die Drehzahl spielt dabei kaum eine Rolle: Subjektiv gelingt die ,,Pedal to the Metal"-Übung bei 2.000 Touren genauso gut wie bei 5.000 Umdrehungen. Die 300 PS (Serie: 265), die Heron offiziell angibt, glaubt man ihm sofort. Erst recht die 420 Newtonmeter, die im Vergleich zur Serie einen Sprung von 70 Nm bedeuten. Das Aggregat packt so beherzt an, als hätte Heron Hubraum und Zylinderzahl verdoppelt! Und das Beste: Kein Turboloch stört das Vergnügen, und anders als vielen anderen aufgeladenen Motoren geht dem optimierten S3-Triebwerk auch bei hohen Drehzahlen nicht die Puste aus. Der TFSI dreht, als würde bei jedem Erreichen des roten Bereiches eine Belohnung auf ihn warten. Den Werks-S3 hängt er dabei locker ab: Wo der Ingolstädter bei 250 km/h vom elektronischen Bremsfallschirm gestoppt wird, rennt das getunte Pendant munter weiter - bei Bedarf laut Tacho auf 285 km/h!

Doch schnell Geradeausfahren können viele. Auf kurvigem Geläuf trennt sich die Spreu vom Weizen - oder besser: Der Sportler von den Möchtegerns. Schnell zeigt sich, dass der Heron S3 zur ersten Kategorie gehört. Quattro-Antrieb, 225/35er Conti SportContact 2-Reifen und KW-Fahrwerk gehen eine harmonische Verbindung ein, in der Zicken wie Über- oder Untersteuern einfach keinen Platz haben. Von der sehr direkten und viel Fahrbahnkontakt vermittelnden Lenkung auf Kurs gebracht, zieht der Ingolstädter so neutral seine Bahnen, als sei er die Schweiz auf vier Rädern. Wo andere längst heftig untersteuernd Richtung Kurvenaußenrand schlittern würden, beschleunigt der S3 munter weiter und hält exakt die vom Fahrer vorgegebene Spur. Der Vierzylinder-Turbo singt dabei weiter sein bassiges Lied und zieht den Audi fest zupackend aus der Kurve, ohne dass das exakt und knackig zu schaltende Sechsgang-Getriebe bemüht werden müsste. Am Ende der Geraden hat man soviel Fahrt aufgenommen, dass die gut dosierbaren Stopper einiges an Können aufbringen müssen, um den Audi nicht viel zu schnell in die nächste Ecke einbiegen zu lassen.

[strong]Moderate Preisgestaltung[/strong]

Dieses Spiel wiederholt sich Kurve um Kurve und könnte eigentlich ewig so weitergehen - wenn nicht irgendwann neben dem Motor auch die Tankanzeige den roten Bereich erreichen würde. Wir füllen Super Plus auf und rechnen nach: Gut 13 Liter genehmigt sich der Heron S3 auf 100 Kilometern. Keine Zahl, mit der man Klimaaktivisten beeindrucken könnte, aber angesichts unseres schweren rechten Fußes ein ordentlicher Wert. Genauso wie die Preise, die Heron für seine Verbesserungen aufruft. Das Motortuning schlägt mit bescheidenen 999 Euro zu Buche, das Fahrwerk kostet faire 1.399 Euro und auch die Felgen sind mit 1.500 Euro pro Satz nicht zu teuer. Die größte Hürde zum uneingeschränkten S3-Vergnügen setzt immer noch Audi selbst: Für ihren Kompakt-Sportler verlangen die Ingolstädter mindestens 36.050 Euro.

Fazit: Der Heron S3 ist ein dezent verpackter Leistungssportler, der mit seinem unkomplizierten, aber extrem zackigen Handling und seinem sowohl elastischen als auch drehfreudigen Motor begeistert. Es kann gut sein, dass der Tuner damit seiner Zeit weit voraus ist - genau wie damals das Namensvorbild Heron von Alexandria.

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