Der CLS ist der Mercedes für diejenigen, die nie Mercedes fahren wollten. Im Innern ist das viertürige Coupé aber ein echter Benz geblieben.
Der CLS ist wahrscheinlich der erste Mercedes der jüngeren Geschichte, dessen Design polarisiert. Viele finden ihn schick, viele - besonders die Mercedes- Traditionalisten - können mit ihm wenig anfangen. Wir finden: Der Mut der Designer hat sich bezahlt gemacht. Für einen Mercedes sehr progressiv gestylt und vergleichsweise unpraktisch, haben die Stuttgarter dem Schönling denn auch die Bezeichnung ,,vier- türiges Coupé" verpasst. Doch kann der CLS auch mit handfesten Argumenten überzeugen? Der Testbericht der 292 PS starken 350 CGI-Version gibt die Antwort.
[strong]Design[/strong]
Die coupéhafte, kuppelartige Silhouette lässt den CLS graziler wirken, als er tatsächlich ist. Sinnliche Rundungen sowie eigenständige Scheinwerfer und Heckleuchten heben den CLS deutlich von seinen Geschwistern ab. Besonders die abfallende Heckpartie vermittelt diesen Hauch Extravaganz, den man in der Mercedes-Modellpalette sonst vergeblich sucht. Der Kühlergrill mit prominentem Stern sowie drei Chromstreben, die chromumrandeten Seitenfenster und die geschwungene Charakterlinie machen den Benz zum Star des Boulevards. Zwei üppig dimensionierte Auspuff-Endrohre setzen einen sportlichen Akzent.
[strong]Karosserie und Innenraum[/strong]
Da haben die schwäbischen Marketingstrategen ganze Arbeit geleistet: Mercedes baut ein vergleichsweise unpraktisches Auto und verpasst ihm einfach das Siegel ,,viertüriges Coupé". Denn mit 4,91 Metern verfügt der CLS über die Kleidergröße einer Oberklasse-Limousine, bietet aber nur ein Mittelklasse-Platzangebot. Vorne noch großzügig geschnitten, fordert das Interieur vor allem von den Passagieren auf den beiden hinteren Einzelsitzen Kompromissbereitschaft: Durch die seitlichen ,,Sehschlitze" zeigt das Raumgefühl eingeschränkt, trotz einer niedrigen Sitzhöhe bietet der Stuttgarter wenig Kopffreiheit. Besonders beim Ein- und Ausstieg ist Vorsicht geboten: Akute Kopfnussgefahr! Ein weiteres Manko ist die sehr unübersichtliche Karosserie, die unbedingt ein Kreuzchen neben der Aufpreislisten-Rubrik ,,Parktronic" erfordert. Dafür ist der Kofferraum mit 495 Litern recht groß und trotz seines flachen, dafür weit nach innen reichenden Layouts gut nutzbar.
Sonst ist der CLS im Innenraum ein typischer Mercedes: Die vier Sessel sind sehr bequem, die Verarbeitungsqualität auf höchstem Niveau. Die stilvolle Liaison von Leder und Holz sieht edel aus und besticht durch ihre angenehme Haptik. Aber das Interieur-Design präsentiert lange nicht so avantgardistisch wie das Blechkleid. Dafür finden sich immer wiederkehrende Details wie die Chromränder um Luftausströmer und Instrumente. Das Bedienkonzept kommt ohne das aus den neuen Mercedes-Modellen bekannte Comand-System aus, überzeugt dank des aufgeräumten Cockpits aber trotzdem: Die wenigen Knöpfchen, Schalter und Rädchen befinden sich am rechten Fleck. Aber das etwas zu große Lenkrad und der zu kleine Drehzahlmesser (er ist genauso groß wie Analoguhr) beweisen: Der CLS will zwar ein Coupé, aber kein Sportler sein.
[strong]Antrieb und Fahrwerk[/strong]
Den gleichen Eindruck gewinnt man auch beim Fahren: Der CLS ist mehr der souveräne Gleiter als der aufgeregte Dynamiker. Das liegt besonders an der leichtgängigen und eher indirekt ausgelegten Lenkung sowie der sehr komfortablen Federung, welche die Karosserie bei hastiger Kurvenfahrt zu starker Seitenneigung auffordert. Der elektronische Wächter ESP regelt sanft, wenn auch sehr früh, und lässt den Fahrer auch im deaktivierten Zustand nie ganz aus den Augen
Der 3,5-Liter-Motor, der aus der neuen Generation mit Benzin-Direkteinspritzung stammt und 292 statt 272 PS leistet, passt gut zum Charakter des CLS: Der V6 gibt sich laufruhig und unaufgeregt, bei Bedarf aber gut zupackend. Einen heftigen Tritt ins Kreuz darf beim Gasgeben aber nicht erwarten. Überdurchschnittlich in Sachen Elastizität, hat das Triebwerk dennoch nichts gegen hohe Drehzahlen einzuwenden. Das macht sich im Verbrauch bemerkbar: Beim Flanieren schluckt der Direkteinspritzer weniger als neun Liter, bei starker Beanspruchung mehr als deren 15. Im Schnitt sind es rund 12,5 Liter. Zum Sound: Beim Hochdrehen schlägt das Aggregat eine kernige Tonart an, sonst ist fast nichts von ihm zu hören. Auch sonst überzeugt der CLS 350 CGI mit einem sehr angenehmen Geräuschniveau: Die Pirelli-Winterreifen im Format 245/40 R 18 rollen leise ab. Vernehmbare Windgeräusche dringen erst oberhalb von 200 km/h an die Ohren der Insassen.
Ein Sonderlob verdient sich die Automatik. Sie scheint die Zahnräder zu streicheln, der Fahrer bemerkt Gangwechsel nur an der Bewegung der Drehzahl- messernadel. Außerdem vermeidet es der Automat, trotz sieben Gängen hektisch zwischen den Fahrstufen hin und her zu wechseln. Zudem lässt sich das Getriebe an den eigenen Fahrstil anpassen: Per Knopfdruck arbeitet es entweder im Cruising-, Sport- oder manuellen Modus. Ein Manko: Wer von ,,Sport" zu ,,Manuell" wechseln will, muss den Umweg über Cruising-Modus gehen. Ein einfacher Schaltgassen- wechsel würde die Sache vereinfachen.
[strong]Kosten[/strong]
Es war schon immer etwas teurer, ein Auto für Individualisten zu fahren. Das trifft natürlich auch auf den Mercedes unter den Avantgardisten zu. So liegt der Anschaffungspreis des CLS 350 CGI (knapp 60.000 Euro) ziemlich genau auf halbem Wege zwischen dem E 350 (49.147 Euro) und S 350 (72.590 Euro). Trotzdem ist der Viertürer unter den Mercedes-Coupés dank seines Oberklasse-Images kein schlechtes Angebot. Doch Halt, es gibt ja noch die ellenlange Aufpreisliste, die den Preis erst richtig in die Höhe treibt: Die ,,designo Edition"-Ledervollausstattung kostet 5.831 Euro, der Abstandsregelautomat ,,Distronic" 1.844,50 Euro, Bi-Xenon-Scheinwerfer plus Reinigungsanlage 1.963,50 Euro, die Vierzonen-Klimaautomatik 845 Euro und die Einparkhilfe 809,20 Euro. Wer das DVD-Navi mit CD-Wechsler mit MP3-Funktion haben möchte, muss nochmals 4.296 Euro investieren. Auch die 18-Zöller kosten mindestens 833 Euro zusätzlich.
[strong]Fazit[/strong]
Die Sache mit dem viertürigen Coupé klingt nach Marketing-Gag, stimmt aber tatsächlich: Der CLS 350 CGI ist ein Gran Turismo, der zufällig zwei Türen zuviel hat, damit aber im Alltag besser zu gebrauchen ist als die meisten normalen Coupés. Sportlichkeit darf man vom CLS 350 CGI nicht erwarten, dafür viele traditionelle Mercedes-Charakteristika: Beispielsweise das hohe Komfortniveau, was den CLS als Reisewagen prädestiniert. Zudem fährt man den schicksten Mercedes der letzten Zeit und erregt damit mehr Aufsehen als mit den SLs, CLs und S-Klassen dieser Welt. Und man gibt sich als Individualist zu erkennen, obwohl man Mercedes fährt.
[strong]Technische Daten Mercedes CLS 350 CGI (Werksangaben):[/strong]
Leistung: 215 kW (292 PS) / 6.400/min
Max. Drehmoment: 365 Nm / 3.000 bis 5.100/min
Beschleunigung 0 - 100 km/h: 6,7 s
Höchstgeschwindigkeit: 250 km/h
Durchschnittsverbrauch: 9,1 bis 9,3 l / 100 km
Grundpreis: 59.738 Euro