Aber egal: Wer den SL 63 vorsichtig von der Ampel weg anfährt, zieht schon die Blicke auf sich. Wer dabei auch noch den Lautstärkeregler (sonst „Gaspedal“ genannt) aufdreht (sonst „durchtritt“), tut dies natürlich umso mehr.
Von Airscarf bis Windschott
Was fällt am Suchtmittel SL 63 AMG noch auf? Außen sieht der potente SL sehr sportlich aus. Die Formel 1 lässt grüßen beim Anblick der pfeilförmigen Frontschürze oder des Diffusors am Heck. Insgesamt ein schlüssiger Mix mit den kantigen Zitaten der neuen Designsprache von Mercedes. Innen genießt der Fahrer edelstes Ambiente (Beispiel: Nappaleder und Carbon), höchsten Komfort (Beispiel: Airscarf“ genannter warmer Luftstrom aus den Kopfstützen) und sportliches Fahrgefühl (Beispiel: Exakt einstellbare Sitze mit viel Seitenhalt).
Das elektrisch ausfahr- und versenkbare Windschott sorgt für nahezu Windstille bei offen gefahrenen 200 km/h und mehr. Nur der rechte Oberarm meldet erhöhten, aber immer noch erträglichen Luftzug im Cockpit. Wer dennoch von offen auf geschlossen wechseln möchte, tut dies per Knopfdruck in flotten 16 Sekunden.
Neue 7-Gang-Automatik
Schalten kann der AMG-Pilot über Paddel. Aber: Wer eine Weile den Automatik-Modus des neuen 7-Ganggetriebes genossen hat, kann auf die Paddelei getrost verzichten. Die Automatik namens „Speedshift MCT“ arbeitet dank Multi-Kupplungs-Technologie wandlerfrei und somit ohne Schlupf oder Zugkraftunterbrechung und mit geringen Schaltpausen. Die Schaltmodi reichen von „komfortbetont“ bis „besonders sportlich“ und schließlich „manuell“. Je nach Modus wechselt die Automatik bei bestimmten Drehzahlen die Gangstufe. Und je sportlicher die Moduswahl, umso kürzer die Schaltzeiten, bis runter auf 100 Millisekunden. Wie gesagt: Selbst den Gang wählen muss im SL 63 AMG wahrlich nicht sein.
Außerdem erfreut sich der Pilot an dreistufigem ESP, an der elektronischen Dämpferregelung ABC („Active Body Control“) oder an der sogenannten Parameterlenkung: Die Servounterstützung hängt von der gefahrenen Geschwindigkeit ab. Motto: Je schneller, desto straffer. Des weiteren bietet der SL 63 AMG Platz für großgewachsene Insassen und für reichlich Gepäck bzw. Mitbringsel von der Roadster-Tour: 339 Liter fasst der Kofferraum bei geschlossenem Dach, immerhin noch 235 Liter beim offen Fahren. Und der Clou: Auch wenn das Dach im Kofferraum verstaut ist, kommt man noch ungehindert an sein Gepäck – das ist bei solchen Klappdach-Konstruktionen eine rühmliche Ausnahme.
Suchtpotenzial schon im Stand
Was es noch zur Droge SL 63 AMG zu sagen gibt: Eine Nebenwirkung ist nicht so schlimm wie befürchtet. Im Testbetrieb mit reichlich Soundorgien aus den beiden Doppelendrohren im Wechsel mit gemütlichem Cruisen blieb der Durchschnittsverbrauch knapp unter 14 Liter. Für ein Auto mit diesen Fahrleistungen imponierend: 525 PS (386 kW), ein Drehmoment von 630 Nm bei 5.200/min., 0 auf 100 km/h in 4,6 s – all dies übrigens bei einem Hubraum von nicht 6,3, sondern exakt 6,208 Litern.
Bei 250 km/h ist Schluss mit dem Vortrieb. Macht überhaupt nichts, denn süchtig macht der stimmgewaltige SL 63 AMG schon im Stand kurz nach dem Anspringen. Das Leerlauf-Grummeln kündigt an, dass es gleich was auf die Ohren geben wird, die folgenden Klangerlebnissen halten weit mehr, als die ersten Geräusche bereits versprochen haben.
Risiken und Nebenwirkungen
Fazit: Die meisten Risiken und Nebenwirkungen des SL 63 AMG nimmt man gerne in Kauf. Ausnahme Kaufpreis. Der bewahrt die meisten von uns vor dieser Sucht. Wenige Glückliche dagegen können die 145.240 Euro nicht abschrecken, und dann versagen sie als Gegenmittel völlig.