Ein Sound, der süchtig macht: Vor der Droge SL 63 AMG schützen – wenn überhaupt – sein Preis oder kleine Schönheitsfehler. Erhältlich ist er rezeptfrei für 145.240 Euro beim Mercedes-Händler, zu Risiken und Nebenwirkungen lesen Sie folgenden Fahrbericht.
In einer Zeit, da wir uns fragen, für welche Klangkulisse wohl in Zukunft Elektromotoren und andere alternative Antriebe auf unseren Straßen sorgen werden, holt Mercedes mit dem SL 63 AMG zum großen Schlag in Sachen Motorsound aus fossilen Treibstoffen aus: Der V8 im 525 PS starken Roadster grummelt, blubbert und brüllt so verführerisch, dass sich der Gasfuß verselbständigt und völlig instinktiv das Auspuffkonzert zu immer neuen Höhepunkten dirigiert.
Sound mit Suchtpotenzial
Die Symphonie in SL Moll, Opus 63 macht süchtig, und wenn man sich erst einmal daran gewöhnt hat, klingt nichts mehr wie zuvor. Das V8-Dröhnen des mächtigen 6,3-Liter-Motors von AMG klingt im Vergleich zu anderen V8-Motoren etwa so, als würde man eine audiophile CD zuerst auf einer exklusiven High End-Dolby-Surround-Anlage hören (SL 63), und dann in einem tragbaren CD-Player aus den 80er Jahren mit ausgeleierten Lautsprechermembranen abspielen (andere V8).
Weitere Risiken und Nebenwirkungen der Droge SL 63 AMG: Der Preis von 145.240 Euro, der viele gefährdete Personen vor der Sucht SL 63 AMG bewahrt. Wer dennoch empfänglich für die Droge ist, könnte sich zum Schutz vor der Sucht einige Schönheitsfehler vor Augen halten. Zum Beispiel Plastik, wo man Aluminium erwartet und auf den ersten Blick auch vermutet – etwa an den Flanken des exklusiven Roadsters. Hier signalisieren Zierblenden, mit wem man es zu tun hat. „6.3 AMG“ steht aber auf ordinärem Kunststoff. Das gilt auch für die Drehregler der Klimaanlage im Innern des SL.
Passanten: Überrascht oder begeistert
Doch das wär’s auch schon im Großen und Ganzen mit abschreckenden Argumenten. Die würden höchstens den von einem Plastik-Helm behüteten Fahrradfahrer überzeugen, der an der Ampel neben mir in die Pedale tritt und beim Losfahr-Stakkato meines V8 die Nase rümpft. Das ist jedenfalls, was ich von ihm kurz im Innenspiegel wahrnehme, ehe er als strampelnder Punkt am Horizont verschwindet.
Wer dagegen genüsslich und angstfrei ohne Fahrradhelm das mobile Leben genießt oder als Fußgänger dem SL 63 AMG-Sound begegnet, lauscht eher überrascht bis begeistert. Das hängt ganz von der Vorkenntnis ab: Die meisten Passanten sind überrascht, dass es so etwas auf öffentlichen Straßen überhaupt gibt. Wenigen anderen steht ins Gesicht geschrieben, dass sie von der Existenz eines solchen Autos wussten, aber nie mit einer direkten Begegnung gerechnet haben.