Mercedes SL 500 (2012) Test: Dieser Roadster geht ins Blut

, 13.05.2012


Gebaut, um Glückshormone auszuschütten und eine Euphorie ohnegleichen hervorzurufen, fährt die neue Mercedes-Benz SL-Klasse (R 231) jetzt in ihrer mittlerweile 6. Generation vor. Dabei ist der Luxus-Roadster kein bisschen müde und lässt die Sportwagen-Gene seines berühmten Urahnen 300 SL wieder deutlicher in Erscheinung treten. Der SL möchte beides sein: dynamischer Sportler und komfortabler Cruiser. Gelingt dem neuen SL dieser Spagat mit der gehörigen Portion Fahrspaß? Wir testeten den 435 PS starken Mercedes SL 500 BlueEfficiency sowohl in den Bergen auf scharfen Serpentinen als auch auf Straßen entlang des Mittelmeeres, die zum Träumen einluden.

Der Kick beim Extremsport sorgt genauso wie die Sonne für ein positives Lebensgefühl - beide setzen eine Flut von Endorphinen frei, um einen wohligen, stimmungsaufhellenden Körperzustand hervorzurufen. Da hat der neue Mercedes SL 500 bei der Fahrt unter freiem Himmel gleich doppelte Chancen, ohne gleich mit einem Gummiseil von der Brücke baumeln oder ohne Sicherung eine Steilwand hochklettern zu müssen.

Design: Klare Signale in Richtung Sportlichkeit

Bereits im Stand geht der SL 500 ins Blut und weckt Vorfreude auf die Fahrt: Der langen Motorhaube folgt ein zurückgesetztes kompaktes Passagierabteil. Ein breites, kraftvolles Heck bildet den Abschluss. Die lang gestreckte Form des neuen Mercedes SL 500 besticht derweil durch einige wenige Linien und kraftvoll ausmodellierte Flächen. Traditionelle Formelemente, die auf den legendären Mercedes 300 SL verweisen, setzen charaktervolle Akzente, wie zum Beispiel die seitlichen Öffnungen mit zwei markanten Finnen.

Die Zugehörigkeit zur aktuellen Familie der besonders dynamischen Mercedes-Modelle betont die aufrecht stehende klassische Sportwagen-Kühlermaske. Weit außen platzierte, schräg gestellte Scheinwerfer und ein breiter Lufteinlass kennzeichnen die maskuline Front und verleihen dem neuen Roadster ein unverwechselbares Gesicht.

Der 1954 erstmals vorgestellte 300 SL galt damals als Supersportwagen. Das Kürzel „SL“ stand für „Sport Leicht“. So wog der 300 SL als Coupé nur 1.295 Kilogramm, der Roadster lediglich 1.330 Kilogramm. Die neue Mercedes SL-Klasse nahm ab: So wiegt exemplarisch der SL 500 mit 1.785 Kilogramm rund 125 Kilogramm weniger als sein Vorgänger. Grund: Der neue SL wurde zum ersten Mal fast vollständig aus Aluminium gefertigt.

Mit 1.785 Kilogramm stellt der SL 500 keinen wirklich leichten Sportler dar. Aber in Anbetracht der zahlreichen sich an Bord befindenden Komfort- und Sicherheits-Features, deren Umfang die Macher sogar weiter ausbauten, stellt das einen durchaus überzeugenden Wert dar, der sich zudem positiv auf die Agilität auswirkt - es fehlt immerhin ein Beifahrer der Schwergewichtsklasse.

Im Vergleich zum Vorgänger legt die neue Generation des SL deutlich in der Länge auf 4,612 Meter (+50 Millimeter) und in der Breite auf 1,877 Meter (+57 Millimeter) zu. Die Höhe beträgt 1,315 Meter und der Radstand 2,585 Meter. Auf wen das Heck des neuen Mercedes SL eher satt als „sportlich leicht“ wirken sollte, findet die Erklärung im vorgegebenen Rohrrahmen des Mercedes SLK (R 172), auf den ebenfalls die neue SL-Klasse zurückgreift und damit die Möglichkeit schafft, das versenkbare Variodach unterzubringen.

Dach wird auf Knopfdruck durchsichtig

Die sechste Generation des SL bietet ebenfalls ein elektrohydraulisch platzsparend im Kofferraum versenkbares Variodach, das den SL nach Wunsch und Wetter vollelektronisch in 20 Sekunden zum Roadster oder zum Coupé werden lässt. Im Unterschied zu seinem Vorgänger stehen für den neuen SL drei Varianten zur Wahl: lackiert, mit Glasdach oder dem Panorama-Variodach samt „Magic Sky Control“, dessen Transparenz sich auf Knopfdruck wahlweise hell oder dunkel schalten lässt.

Im hellen Zustand erweist sich das Variodach mit „Magic Sky Control“ als fast durchsichtig und bietet sogar bei kalter Witterung ein Open-Air-Erlebnis. Im dunklen Zustand spendet das Dach wohltuenden Schatten und verhindert bei intensiver Sonneneinstrahlung das Aufheizen des Innenraumes.

Wer sich die Frage stellt, warum sich das Variodach beim Mercedes SL nur im Stand öffnen und schließen lässt: Die Krux liegt in der deutschen Straßenverkehrsordnung; denn beim Öffnen bzw. Schließen ist das Kfz-Kennzeichen für ein paar Sekunden nicht zu sehen, wenn sich der Heckdeckel öffnet.

Power-Antrieb für ungetrübten Roadster-Spaß

Der neue V8-Motor im SL 500 BlueEfficiency leistet aus 4.663 cm³ Hubraum satte 435 PS und damit trotz der rund 0,8 Liter weniger Hubraum ca. 12 Prozent mehr als sein Vorgänger. Gleichzeitig stieg das Drehmoment von 530 Nm auf atemberaubende 700 Nm, die zwischen 1.800 und 3.500 U/min anliegen - ein Drehmomentplus von 32 Prozent. Der SL 500 benötigt für den Sprint von 0 auf Tempo 100 nur 4,6 Sekunden, ganze 0,8 Sekunden weniger als der vorherige SL 500. Bei elektronisch abgeregelten 250 km/h endet der Vortrieb.

Mit fast unmerklichen Schaltvorgängen auf optimalem Drehzahlniveau - eine Symbiose aus Dynamik und Effizienz - treibt das Automatikgetriebe 7G-Tronic-Plus den SL 500 vehement voran, während bei geöffnetem Dach ein sattes V8-Grollen genussvoll in den Ohren liegt. Wer Handarbeit bevorzugt und schneller schalten möchte, kann über Schaltpaddles am Lenkrad die Gänge ganz nach Gusto einlegen, während die direkte Lenkung den Befehlen des Fahrers präzise folgt.

Darüber hinaus ist der neue Mercedes SL serienmäßig mit einer Eco-Start-Stopp-Funktion ausgerüstet, um den Verbrauch weiter zu senken. Da sich bei einer dynamischen Fahrt durch die Berge der Spritverbrauch nicht repräsentativ ermitteln lässt, beschränken wir uns auf die Werksangabe: Mercedes-Benz gibt den Durchschnittsverbrauch ab 9,1 Litern pro 100 Kilometer an, das heißt, die CO2-Emissionen beginnen bei 212 g/km.

Sportlich oder komfortabel - Fahrwerk nach Wunsch des Fahrers

Unterschiedliche Federungssysteme sprechen die verschiedenen Charaktere der Käufer an. Wir testeten sowohl das aktive Federungssystem ABC (Active Body Control) und das im AMG-Sportpaket enthaltene Sportfahrwerk. Eine Domäne des SL besteht darin, sportlichen Komfort zu bieten. Das ABC-Fahrwerk mit den Modi „Komfort“ und „Sport“ unterdrückt durch eine elektrohydraulisch gefederte aktive Stahlfederung die Wank- und Nickbewegungen auf unebener Fahrbahn, in Kurven und beim Bremsen. Sensoren erfassen dabei die Straßenverhältnisse und senden binnen Millisekunden die entscheidenden Impulse an die vier aktiven Federbeine.

Wer Komfort sucht, ist mit dem ABC-Fahrwerk bestens bedient; denn es absorbiert beispielsweise Unebenheiten der Fahrbahn souverän und der Fahrer hält dennoch einen spürbaren Kontakt zur Straße. In dynamisch durchfahrenen Kurven wirkt der „Komfort“-Modus allerdings leicht schwammig. Der „Sport“-Modus reduziert die Seitenneigung und löst das Problem gut, um ein schnelles Cruisen auf Fahrspaß bietenden Straßen zu ermöglichen, die sich durch die Landschaft winden. Unebenheiten schluckt der SL mit dem bekannten Komfort.

Für das intensive Fahrerlebnis mit bissigeren Kurvenfahrten empfehlen wir allerdings das straffer ausgelegte Sportfahrwerk, das im AMG-Sportpaket enthalten ist und mit einer Tieferlegung um 10 Millimetern einhergeht. Hier kommt der sportiv orientierte Fahrer auf seine Kosten und kann das Zirkeln durch Kurven unter freiem Himmel richtig genießen. Zusätzlich umfasst das AMG-Sportpaket unter anderem eine spezifische Front- und Heckschürze sowie Seitenschwellerverkleidungen und AMG-Leichtmetallräder, die im Gesamtpaket die athletische Ausstrahlung des Roadsters unterstreichen.

Zur sportlicheren Ausrichtung des neuen SL trägt ebenfalls die um rund 20 Prozent gesteigerte Verwindungssteifigkeit bei. Ebenso der Agilität in Kurven zugute kommt die serienmäßige „Torque Vectoring Brake“ durch eine gezielte Verteilung der Antriebskräfte an die Räder. Den Kontakt zum Asphalt halten beim SL 500 serienmäßig 18 Zoll große Leichtmetallfelgen.

Interieur: Herausragenden Komfort auf Luxus beschränkt

Luxus und eine Verarbeitungsqualität auf höchstem Niveau prägen den Innenraum, der von Leder geprägt wird, während Aluminium-Elemente eine sportliche Note hinzufügen. Das edle geräumige Interieur unterstreicht den komfortablen Charakter mit Premium-Anmutung, die das dynamische Cruisen im Mercedes SL 500 zum Erlebnis werden lassen. Den Komfort unterstreichen die passenden, Halt bietenden Sportsitze mit Memory-Funktion und ein Multifunktions-Sportlenkrad. Wer einmal hier Platz genommen hat, mag so schnell nicht mehr aussteigen.

Zum offenen Cruisen unter blauem Himmel entlang der Meeresküste gehört Musik. Hier setzt Mercedes-Benz auf eine Innovation und nutzt beim bislang weltweit einzigartigen „FrontBass“-System den freien Bauraum in den Aluminium-Hohlstrukturen vor dem Fußraum als Resonanzvolumen und verzichtete auf herkömmliche Basslautsprecher in den Seitentüren. Dazu schallt die Akustik aus den Längsträgern des Vorderwagens. Ergebnis: Knackige Bässe und ein kräftiger Sound selbst bei offener Fahrt. Das „FrontBass“-System wird dem hohen Anspruch gerecht.

Wer bei kühleren Außentemperaturen nicht auf das Open-Air-Erlebnis verzichten möchte, drückt einen Knopf und schon legt sich ein warmer Schal aus Luft um den Hals. Mercedes nennt das gut wärmende Feature „Airscarf“, das optional erhältlich ist. Auf der anderen Seite kann sich das Leder unter freiem Himmel bei intensiver Sonneneinstrahlung stark aufheizen. Nicht so im Mercedes SL 500: Hier sorgt serienmäßig ein sonnenlichtreflektierendes Leder effektiv für ein angenehmes Gefühl nach dem Einsteigen, ohne sich zu „verbrennen“.

In der heutigen Zeit möchte ein dynamischer Zeitgenosse auf das Internet und Entertainment an Bord nicht verzichten. Bei modernen Technologien nimmt Mercedes eine führende Rolle ein und bietet in unserem Testwagen mit dem auf Wunsch bestellbaren System „Comand Online“ einen Internet-Zugang, der allerdings nur im Stand zur Verfügung steht. Jung, dynamisch und gut situiert - diese Käufer dürfen sich auf die Facebook-App freuen, um stets auf dem Laufenden zu bleiben bzw. dem Freundeskreis den aktuellen Status mitzuteilen, zum Beispiel, wo man gerade den SL-Roadster ausführt. Ab Herbst 2012 ist darüber hinaus die iPhone 4-Integration möglich.

Ebenfalls an Bord unseres Testwagens befinden sich unter anderem ein DVD-Wechsler und ein einwandfrei arbeitendes Navigationssystem, das uns problemlos mit klaren Ansagen zu den Zielen führt. Zur guten, übersichtlichen Bedienung trägt ein hochauflösendes TFT-Farbdisplay mit 17,8 Zentimetern Diagonale (800 x 480 Pixel) seitlich neben dem Kombi-Instrument in der Instrumententafel bei. Diese Anordnung des Monitors führt zu einer geringen Ablenkung beim Fahren.

Insektenbeseitigung bei offener Fahrweise

Im Sommer bzw. bei warmen Temperaturen klatschen die Insekten nur so an die Windschutzscheibe, so dass diese gelegentlich eine Reinigung benötigt. In der Regel ist dies bei offener Fahrt in anderen Fahrzeugen nicht möglich, ohne die Insassen beim Spritzvorgang nass zu machen. Mercedes bietet die Lösung: Mit „Magic Vision Control“ steht serienmäßig ein neues Wisch-/Wasch-System zur Verfügung.

Bei „Magic Vision Control“ bringen kleine Düsen im Scheibenwischer die Reinigungsflüssigkeit über die im Wischerblatt integrierte Wasserzuführung immer direkt vor die Wischlippe auf. Ergebnis: Man erlebt beim Sprühen keinen Wasserschwall, der die Sicht behindert, und erzielt gleichzeitig einen optimalen Reinigungseffekt. Außerdem bleibt das Wasser auf der Scheibe und ermöglicht so auch bei geöffnetem Dach ein komfortables Reinigen der Scheibe.

Ebenfalls eine Neuheit bei Mercedes-Benz stellt das „Hands-Free Access“-System dar. Damit lässt sich der Kofferraumdeckel freihändig und berührungslos per Fußbewegung betätigen, was sich mit vollen Händen als ideal erweist. Das gibt es zwar auch bei anderen Herstellern, aber bei Mercedes-Benz lässt sich auf diese Weise sogar der Heckdeckel wieder automatisch schließen.

Neu im SL ist optional ferner der aktive Park-Assistent, der mithilfe von Ultraschallsensoren Parklücken erkennt und beim Einparken das Fahrzeug automatisch in die Lücke lenkt, während der Fahrer nur Gaspedal und Bremse zu betätigen braucht. Alternativ offeriert Mercedes-Benz eine Rückfahrkamera, die den Bereich hinter dem Fahrzeug auf dem Bildschirm anzeigt und das Einparken mit Hilfslinien erleichtert.

Dach auf, Gaspedal runter - hoher Schutz für die Insassen

Mit 435 PS und 700 Nm bietet der neue Mercedes SL 500 reichlich Power und beeindruckende Fahreigenschaften, welche die Insassen durchaus erleben sollen - aber sicher. Vollgepackt mit Assistenz-Systemen auf dem hohen Niveau der S-Klasse, dürfte der neue Mercedes-Benz SL zu einem der sichersten Roadster der Welt zählen. Ein Sicherheits-Highlight stellt das vorausschauende, radarbasierte Insassenschutzsystem „Pre-Safe“ dar. Erkennt das System eine akute Unfallgefahr, bereitet es eine autonome Bremsung vor und aktiviert reflexartig vorsorgliche Schutzmaßnahmen für die Insassen, so dass Gurte und Airbags bei einem eventuell nachfolgenden Aufprall ihre Schutzwirkung bestmöglich entfalten können.

Sollte das Cruisen allerdings zu sehr entspannen und der Fahrer beginnen zu träumen, warnt diesen ohne Aufpreis die an Bord sich befindliche Müdigkeitserkennung „Attention Assist“ durch akustische Signale. Dazu erstellt das System ein Profil vom Fahrer und überwacht laufend das Fahrverhalten und die Lenkbewegungen. Darüber hinaus umfasst die Serienausstattung unter anderem die „Adaptive Break“ mit Berganfahrhilfe, das Antiblockiersystem ABS, die Antriebsschlupfregelung ASR und das „Intelligent Light System“(ILS), das für bestmögliche Sichtverhältnisse die Lichtcharakteristik automatisch anpasst.

Weitere Systeme sind auf Wunsch erhältlich, wie zum Beispiel die „Distronic Plus“, die den Abstand zu einem vorausfahrenden Fahrzeug automatisch anpasst, und der Bremsassistent „BAS“ mit Notbremsfunktion. Beim Spurhalte-Assistenten und dem Totwinkel-Assistenten - ebenfalls Optionen - nimmt das System aktiv Eingriffe vor, um ein unbeabsichtigtes Abweichen von der Fahrspur zu unterbinden bzw. den Kurs zu korrigieren. Diverse Airbags runden die Sicherheitsmaßnahmen ab.

Fazit:

Ein Racer ist der neue Mercedes-Benz SL 500 Roadster nicht - und das möchte er auch gar nicht sein. Vielmehr lässt sich der SL als Gentleman unter den Sportlern bezeichnen, der als luxuriöses Reisefahrzeug mit Stil und Komfort zu überzeugen weiß. Doch sollte es der Fahrer darauf anlegen, bietet der SL 500 durch sein geschärftes Profil und den bulligen, durchzugsstarken V8-Motor dynamischen Fahrspaß, ohne seine komfortable Note zu verlieren. Seine Stärken spielt der SL auf langen Strecken und in weiten Kurven aus. Kurz gesagt: Es ist ein schneller Luxus-Cruiser in Perfektion, der auf seine Weise die Glückshormone freizusetzen weiß und ins Blut geht.


Technische Daten Mercedes-Benz SL 500 BlueEfficiency (R231):

Antriebsart: Heckantrieb | Hubraum: 4.663 cm³ | Leistung: 320 kW/435 PS | Drehmoment: 700 Nm bei 1.800-3.500 U/min | Vmax: 250 km/h (elektronisch abgeregelt) | Beschleunigung 0-100 km/h: 4,6 Sekunden | Durchschnittsverbrauch: ab 9,1 l/100 km | CO2-Emission g/km: ab 212 | Basispreis Mercedes SL 500: EUR 117.096

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