Jetzt wird der deutsche Ausnahmeathlet Porsche 911 Turbo S noch stärker, noch schneller und richtig brachial. Dazu kommen im Rahmen einer Modellpflege heiße Zutaten zur Steigerung der Dynamik. Aber reicht das aus, um im Kampf gegen die oftmals hypermodern gestylten Konkurrenten von Ferrari, Lamborghini oder McLaren zu bestehen und besitzt der Porsche 911 Turbo S womöglich noch einen Trumpf an Bord? Der Porsche 911 Turbo S Test soll es zeigen.
Das Gaspedal durchgedrückt, macht der Porsche 911 Turbo S kurzen Prozess und beschleunigt, begleitet von einem emotional rauen Sound, brutal nach vorne - ohne jeglichen Durchhänger über das komplette Drehzahlband bis zum roten Bereich. Das kommt nicht von ungefähr: Für den Antrieb sorgt im Heck ein 3,8 Liter großer Sechszylinder-Biturbo-Boxermotor, der dank neuer Turbolader mit größerem Verdichterrad jetzt 580 PS bei 6.750 Touren leistet. Ein Plus von 20 PS. Doch für richtig Schub sorgt das maximale Drehmoment von 700 Nm, das zwischen 2.100 und 4.250 U/min zur Verfügung steht. Mit Overboost erhöht sich der Wert sogar auf gewaltige 750 Nm von 2.250 bis 4.000 Touren.
© Foto: Manuel Hollenbach, Porsche
Die Beschleunigung fühlt sich nicht nur brachial an, der Porsche 911 Turbo S Test beweist es auch. In nur 2,9 Sekunden katapultiert der Sportwagen seine Insassen von 0 auf 100 km/h (Vorgänger mit Sport-Chrono-Paket 3,1 Sekunden). Damit unterbietet der Porsche 911 Turbo S erstmals die magische 3-Sekunden-Marke. Dazu rückten die Macher das extrem schnell schaltende 7-Gang-Doppelkupplungsgetriebe (PDK) noch näher an den Motorsport. Wer über den PDK-Hebel manuell schalten möchte: Das Runterschalten erfolgt wie im Rennsport nach vorne, das Hochschalten nach hinten.
Insbesondere beim Spurt von 0 auf 200 km/h zeigt sich die Stärke des „S“-Modells, das für diese Disziplin nur 9,9 Sekunden benötigt. Sogar die Durchzugsbeschleunigung von 80 auf 120 km/h im „Sport Plus“-Modus dauert lediglich 1,8 Sekunden. Die Höchstgeschwindigkeit beläuft sich auf 330 km/h (Vorgänger 318 km/).
Zum Vergleich ein Blick auf die Konkurrenten: Der Audi R8 V10 plus (610 PS) benötigt 3,2 Sekunden für den Spurt von 0 auf 100 km/h und beendet seinen Vortrieb ebenfalls bei 330 km/h. Ebenfalls eine Spurtzeit von 3,2 Sekunden aus dem Stand auf Tempo 100 legt der Lamborghini Huracán (610 PS) hin und erzielt eine Höchstgeschwindigkeit von 325 km/h. Sogar dem Ferrari 458 Speciale (605 PS) zeigt der Porsche 911 Turbo S die Rücklichter. Der Italiener absolviert den klassischen Sprint in 3,0 Sekunden und erreicht eine Top-Speed von 325 km/h. Der deutlich stärkere McLaren 650S (650 PS) erledigt den Spurt auf Tempo 100 in 3,0 Sekunden und spurtet bis auf 333 km/h.
Sports Response: Der Knopf für den Extra-Kick
Für noch mehr Glücksgefühle sorgt der im Lenkrad integrierte Mode-Schalter mit Katapultwirkung. Der „Normal“-Modus eignet sich ideal für den Alltag und besitzt nun eine deutlich komfortablere Auslegung. Sportlich-straff führten die Macher hingegen den „Sport“-Modus aus, der die Stabilität spürbar steigert und beim Beschleunigen mit Vollgas für eine zeitlich begrenzte Zeit den maximalen Ladedruck im unteren und mittleren Drehzahlbereich erhöht (Overboost).
© Foto: Manuel Hollenbach, Porsche
Im „Sport Plus“-Modus spricht der Motor noch direkter an und das Doppelkupplungsgetriebe legt das System auf extrem kurze Schaltzeiten und optimale Schaltpunkte für eine maximale Beschleunigung aus. Die elektronische Verstellung des Stoßdämpfersystems „Porsche Active Suspension Management“ (PASM) sorgt zudem für eine noch sportlichere Auslegung der Dämpfung. „Individuell“ ermöglicht es dem Fahrer, sein ganz individuelles Fahrzeug-Setup des aktiven Dämpfersystems, aktiven Motorlagern, Schaltstrategie und Sportabgasanlage zu konfigurieren.
Doch für den wahren Extra-Kick sorgt, vom Motorsport inspiriert, der in der Mitte des Mode-Schalters integrierte „Sport Response“-Button. Einmal gedrückt, stellt das System damit für 20 Sekunden den Antriebsstrang auf ein bestmögliches Ansprechverhalten ein, um zum Beispiel mit viel Wums zu überholen oder anderen Sportwagen zu zeigen, wer das Sagen hat.
Um das Ansprechverhalten weiter zu verbessern, besitzt der Porsche 911 Turbo S jetzt außerdem die so genannte „Dynamic Boost“-Funktion, die das Turboloch einfach wegboostet und sich insbesondere in Kurven bemerkbar macht. Dabei bleibt der Ladedruck beim Lastwechsel - also bei kurzem Lösen des Gaspedals - erhalten. Erreicht wird das dadurch, dass nur die Kraftstoffeinspritzung unterbrochen wird, die Drosselklappe aber offen bleibt. So reagiert der Motor praktisch verzögerungsfrei auf erneutes Gas geben. Im „Sport“- und „Sport Plus“-Modus ist diese Funktion deutlicher ausgeprägt als im „Normal“-Modus.
Kurvenspektakel: Wie ein Auftragskiller im Maßanzug
Sofort fällt in Kurven auf, dass der Porsche 911 Turbo S unglaublich viel Grip besitzt. Der Über-Elfer fährt präzise wie auf Schienen durch Kurven und ist vergleichbar mit einem Auftragskiller im Maßanzug. Erst beim Anbremsen einer Kurve mit zu viel Speed und gleichzeitigem Einlenken wird das Heck ein wenig instabil - und die serienmäßige Keramik-Bremsanlage packt bestens zu. Ansonsten zeigt sich der Über-Elfer sehr neutral ohne Unter- oder Übersteuern. Das neue, griffige GT-Sportlenkrad mit nur 360 Millimetern Durchmesser besitzt zudem durch den kleinen Radius eine direkte Lenkung.
© Foto: Manuel Hollenbach, Porsche
Zu der immens hohen Bodenhaftung tragen unter anderem die mächtigen Schmiederäder in 9 x 20 Zoll vorne und 11,5 x 20 Zoll hinten bei, die Porsche mit „Pirelli P Zero“-Reifen im Format 245/35 ZR20 an der Vorderachse und in der Größe 305/30 ZR20 hinten bestückte. Dazu verteilt der weiter optimierte Allradantrieb noch schneller und noch präziser die Antriebsmomente zwischen der Hinterachse und der Vorderachse.
Damit gab sich Porsche nicht zufrieden und verpasste dem Turbo-Elfer zahlreiche Features zur Steigerung der Dynamik und Agilität. Eine elektronisch geregelte Hinterachs-Quersperre verteilt vollvariabel die Antriebsmomente (PTV Plus - Porsche Torque Vectoring). Das System arbeitet so intensiv, dass der Porsche nicht genug von Kurven bekommen kann. Bei dynamischer Fahrweise wird mit dem Einschlagen der Lenkung das kurveninnere Hinterrad leicht abgebremst. Dadurch besitzt das kurvenäußere Hinterrad eine höhere Antriebskraft und ermöglicht einen zusätzlichen Drehimpuls in die eingeschlagene Richtung. Folge: Der Sportwagen lenkt noch dynamischer in Kurven ein und beschleunigt noch besser aus Kurven heraus.
© Foto: Manuel Hollenbach, Porsche
Die Hinterachslenkung steigert darüber hinaus das agile Handling und die Fahrstabilität. Bei niedrigen Geschwindigkeiten unter 50 km/h lenkt das System die Hinterräder entgegen den eingeschlagenen Vorderrädern. Das führt zu einer virtuellen Radstandsverkürzung. Der Wendekreis wird fast um einen halben Meter verkleinert, das Einlenkverhalten in Kurven deutlich dynamischer und sogar das Einparken spürbar erleichtert.
Vorteil bei sportlicher Fahrweise: Bei Geschwindigkeiten ab 80 km/h lenkt das System die Hinterräder in die gleiche Richtung wie die eingeschlagenen Vorderräder, so dass sich der Radstand virtuell verlängert und die Fahrzeugstabilität bei schnellen Richtungswechseln deutlich steigt. Zwischen 50 und 80 km/h erfolgt je nach Fahrsituation ein kontinuierlicher Übergang zwischen gegensinnigem und gleichsinnigem Lenkeinschlag. Durch die Hinterachslenkung wird das Fahren auf Rennstrecken, insbesondere in langen Hochgeschwindigkeitskurven, noch einfacher.
Der Wunsch geht in Erfüllung: Den Grenzbereich noch stärker ausloten
Einen weiteren Beitrag zur hohen Fahrdynamik des Porsche 911 Turbo S leistet die Wankstabilisierung PDCC (Porsche Dynamic Chassis Control), die neben einem Plus an Komfort für ein optimiertes Einlenk- und ein ausgeglichenes Lastwechselverhalten sorgt.
Das „Porsche Stability Management“ (PSM) stellt zudem ein automatisches Regelsystem zur Stabilisierung im fahrdynamischen Grenzbereich dar, das jetzt einen neuen „PSM Sport“-Modus besitzt, der über eine deutlich stärkere Verschiebung der Eingriffsschwelle besitzt als dies beim Vorgänger im „Sport Plus“-Modus der Fall war, und ermöglicht damit ein noch näheres Herantasten an den Grenzbereich. Im Hintergrund bleibt das PSM jedoch auch im „PSM Sport“-Modus stets aktiv.
© Foto: Manuel Hollenbach, Porsche
Über einen langen Druck auf die PSM-Taste lässt sich das PSM komplett deaktivieren. Doch davon ist - insbesondere auf öffentlichen Straßen - abzuraten, da der Grenzbereich des Porsche 911 Turbo S sehr hoch liegt und die elektronischen Helferlein erst spät eingreifen. Langeweile kommt selbst bei aktivierter Elektronik nicht auf.
Porsche 911 Turbo Design: Dicke Backen und neue Merkmale
Im Rahmen der Weiterentwicklung erhielt der Porsche 911 Turbo S eine neu geformte Front mit seitlichen Airblades und schmalen LED-Leuchten mit Doppelsteg, die mit der zusätzlichen Lamelle im mittleren Lufteinlass die Front breiter wirken lassen. LED-Hauptscheinwerfer mit 4-Punkt-Tagfahrlicht gehören zur Serienausstattung. In der Seitenansicht zeigt sich der Sportwagen mit neuen 20-Zoll-Rädern in Schmiedetechnik. Beim Porsche 911 Turbo S zieren nun 7 statt 10 Doppelspeichen die Felgen mit Zentralverschluss.
© Foto: Porsche
Unverändert sind die dicken Backen am Heck: Der Porsche 911 Turbo S ist 7,2 Zentimeter breiter als ein herkömmlicher Porsche 911 Carrera, da unter den Backen die Ladeluftkühler sitzen. Die Gestaltung des Hecks ist ebenfalls neu: Auf den ersten Blick fallen die aus der Porsche 911 Carrera-Reihe bekannten dreidimensionalen Heckleuchten ins Auge. Sowohl die Austrittsöffnungen für die Abgasanlage im Heckteil als auch die Doppelendrohre selbst passte Porsche im Design an. Das Heckdeckelgitter wurde ebenfalls neu gestaltet und ist nun dreiteilig ausgeführt: rechts und links mit längs angeordneten Lamellen, in der Mitte mit einem separaten Deckel für die optimierte Luftansaugung des Motors.
Nicht für den Porsche 911 Carrera erhältlich ist die aktive Aerodynamik in Form eines mehrstufig verstellbaren Frontspoilers und Heckflügels. Dabei fährt das System den Frontspoiler, der aus einem flexiblen, pneumatisch ausfahrbaren Elastomer besteht, und den Heckflügel in drei Positionen synchron aus beziehungsweise ein. In der ersten Stufe (Start) sind Frontspoiler und Heckflügel komplett eingefahren, um die Alltagstauglichkeit zu erhöhen.
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In der zweiten Stufe (Speed) fahren ab 120 km/h der Frontspoiler und Heckflügel teilweise aus. Das sorgt für eine hohe Fahrstabilität, einen geringen Luftwiderstand und ermöglicht eine hohe Endgeschwindigkeit. Die dritte Stufe „Performance“ lässt sich mit der Spoiler-Taste oder über den „Sport Plus“-Modus aktivieren - der Frontspoiler und der Heckflügel sind jetzt komplett ausgefahren. Durch den hohen Abtrieb an der Vorder- und der Hinterachse kann der Porsche 911 Turbo S in dieser Stellung sein volles Performance-Potenzial entfalten.
Porsche 911 Turbo Innenraum: Feine Neuheiten im Cockpit
Sportlich das Design, hochwertig die Materialien und tadellos die Verarbeitung - der Innenraum des Porsche 911 Turbo weiß sich in Szene zu setzen. Die serienmäßigen, elektrisch verstellbaren „adaptiven Sportsitze Plus“ bieten mit sportlich-straff aufgepolsterten Seitenwangen und zusätzlicher Schulterabstützung einen idealen Halt. Für Komfort und noch mehr Seitenhalt in scharf durchfahrenen Kurven sorgen die einstellbaren Seitenwangen von Sitzfläche und Lehne. Sogar bis zu zwei Meter große Personen finden bequem Platz auf den Vordersitzen. Die Rücksitze dienen eher als zusätzliche Ablage.
© Foto: Porsche
Serienmäßig besitzt der Porsche 911 Turbo S eine Lederausstattung, welche die Sitze, die Schalttafel sowie die Tür- und die Seitenverkleidungen umfasst. Mit Alcantara bezog Porsche derweil den Dachhimmel. Die Zierblenden für die Schalttafel, die Mittelkonsole und die Türtafeln führten die Macher in Carbon aus.
Erfreulich ist die Übersichtlichkeit und intuitive Bedienung des Cockpits. Dazu bietet das neue, serienmäßige „Porsche Communication Management“ (PCM) mit Multitouch-Bildschirm ein deutlich erweitertes Funktionsspektrum und eine erheblich vereinfachte Bedienung. Das PCM lässt sich analog zu einem Smartphone mit Multitouch-Gesten auf dem 7-Zoll-Bildschirm (17,8 Zentimeter) bedienen. Mobiltelefone und Smartphones können die Insassen per WLAN verbinden. Neu ist die Möglichkeit zur Verbindung des iPhones mit dem PCM zur Nutzung von Apple CarPlay.
© Foto: Manuel Hollenbach, Porsche
Für eine verbesserte Navigation stehen Echtzeit-Verkehrsinformationen zur Verfügung, die dem Fahrer einen schnellen Überblick über die Verkehrslage und eine dynamische Anpassung der Route bieten. Zur besseren Orientierung integrierte Porsche erstmals die Dienste „Google Earth“ und „Google Street View“. Weitere Bestandteile des PCM stellen „Porsche Car Connect“ und die „Porsche Connect App“ dar, unter anderem zur Fernsteuerung von Fahrzeug-Funktionen, zur Übertragung von Zielen an das PCM für eine Navigation und zur Nutzung von Musikstreaming-Diensten von Drittanbietern über das PCM.
Lift-System: Die Furcht vor Bordsteinen und Rampen genommen
Zu den neuen Optionen zählt ein Liftsystem für die Vorderachse, mit dem sich bei niedrigen Geschwindigkeiten die Bodenfreiheit unter der Frontspoilerlippe um 40 Millimeter vergrößern lässt. So sorgt das neue System dafür, dass Bordsteine, Rampen und Garageneinfahrten keine sportliche Herausforderung mehr darstellen.
Porsche 911 Turbo S Test - Fazit:
© Foto: Porsche
Der Porsche 911 Turbo S bleibt eines der weltweit schnellsten Fahrzeuge, um von A nach B zu gelangen. Einmal den „Sport Response“-Button gedrückt, lassen sich entspannt mehrere Autos überholen. Doch sein wahres Potential zeigt der Supersportwagen erst auf der Rennstrecke beziehungsweise beim Track Day. Einer seiner größten Trümpfe: Dieser Supersportwagen lässt sich sogar im Alltag nutzen - und legt im Kontrast dazu eine wahnsinnig hohe Performance an den Tag. Durch seine technischen Zutaten besitzt der Porsche 911 Turbo S trotz der immensen Power ein einfaches Handling und bietet grandiosen Fahrspaß.
Technische Daten Porsche 911 Turbo S 2016:
Antriebsart: Allradantrieb
Hubraum Sechszylinder-Biturbo-Boxermotor: 3.800 cm³
Leistung: 472 kW/580 PS bei 6.750 U/min
Drehmoment: 700 Nm bei 2.100-4.250 U/min (Overboost 750 Nm bei 2.250-4.000 U/min)
Getriebeart: 7-Gang-Doppelkupplunggetriebe (PDK)
Vmax: 330 km/h
Beschleunigung 0-100 km/h: 2,9 Sekunden
Leergewicht: 1.600 Kilogramm
Durchschnittsverbrauch: 9,1 l/100 km
CO2-Emission: 212 g/km
Preis: ab 202.872 EUR