Konzentriert muss ich die Fußkommandos geben, doch das ist okay. Ich fahre schließlich nicht gedankenversunken und umhüllt von lauter Musik gezielt von A nach B, sondern ich fahre Sport Spider von A nach völlig-wurst-wohin; denn das Fahren selbst ist das Ziel. Am Ende stelle ich fest: Manchmal im Leben sind maximal 1,85 Meter Körpergröße eine erstrebenswerte Gnade der Schöpfung.
Roh und ungehobelt, aber am Ende sympathisch wie Gérard Depardieu
Der puristische Roadster ist ein wenig wie Gérard Depardieu in seinen typischen Rollen: roh, ungehobelt, alles andere als gut aussehend, aber ehrlich und am Ende sympathisch. Im Spider fühlt sich Fahren an, wie man es gar nicht mehr kennt. Die Recaro-Sitze beinhart wie ein Fakir-Brett, das kleine Lenkrad nur mit hohen Armkräften zu bewegen. Derweil verlangt die Fünf-Gang-Schaltung konzentrierte Knüppelführung sowie ein energisches Drücken und Ziehen.
Die Pedalkräfte sind hoch, der Fahrtwind bläst großgewachsenen Fahrern auch im Windschutzscheiben-Spider bei 50 km/h mit der Wucht eines bretonischen Winterorkans ins Gesicht. Von hinten gröhlt, brüllt und brabbelt der Zweiliter-Vierzylinder, dass es eigentlich nerven müsste. Tut es aber nicht, stattdessen belohnen die hohen Anforderungen mit hohen, mehr als 100-prozentig fühlbaren Beschleunigungs-, Brems- und Seitenkräften.
Im Renault Sport Spider sind 50 km/h wie in anderen Roadstern 100 km/h. Hier wirken 120 km/h wie 200 km/h. Praktisch: Der starke Fahrtwind im Gesicht legt sich ab Tempo 100 und ist in der bevorzugten Geschwindigkeitsregion deutlich erträglicher als bei aufgezwungenen 50 km/h im Stadtverkehr.
Was eigentlich stört, passt zum Spider wie Pferdesattel-Geruch zu gutem Bordeaux
Schön auch, dass die Kupplung überraschend leichtgängig ist und man sich an Lenkung und Schaltung schnell gewöhnt. Was mich in jedem normalen Fahrzeug stören würde, passt hier zum Konzept des Autos wie der Geruch von Pferdesattel und Bibliothek zu edlem Bordeaux-Wein. Und: Das Fahrwerk und der Aluminium-Gitterrohr-Rahmen sind spürbar von Profis geschaffen und abgestimmt, stammt der Sport Spider doch im Gegensatz zu sportlich aufgepeppten Serienautos direkt aus der damaligen Formel 1-Abteilung.
Schön berechenbar weist das Heck den Fahrer darauf hin, dass jetzt bald Gegenlenken gefragt wäre, um nicht mit dem Hintern voraus im äußeren Grünstreifen des Kreisverkehrs zu landen. Keine bösen Überraschungen ohne Ankündigung, sondern höchst transparente Fahrzustände. Klar, dass ein solches Fahrwerk die Insassen mit derselben ungefilterten Direktheit über jedes kleinste Steinchen auf dem Asphalt schonungslos informiert.
Besitzer eines Renault Sport Spider berichten von hoher Zuverlässigkeit, niedrigem Verbrauch und grenzenlosem Fahrspaß. Es grenzt nahezu an ein Wunder, dass überhaupt gebrauchte Exemplare des Renault Sport Spider noch erhältlich sind. Schreibt doch in einem einschlägigen Internetforum ein glücklicher Besitzer die nachvollziehbaren Worte: „Dieses Auto gibt man nie mehr her.“
Technische Daten Renault Sport Spider (1995-1999)
Antriebsart: Heckantrieb | Hubraum: 1.998 cm³ | Leistung: 108 kW (147 PS) bei 6.000 U/min | Drehmoment: 185 Nm bei 4.500 U/min | Vmax: 215 km/h | CO2-Emission: 216 g/km | Beschleunigung 0-100 km/h: 7,1 Sekunden | Durchschnittsverbrauch: 9,3 l/100 km | Gewicht: 930 Kilogramm | Preis: etwa 29.000 Euro bis 29.800 Euro
Peter Hoffmann (Gast)
www 14.08.2018
Das Spider Register mit 220 Spidern... www.frenchracer.de.