England gegen Deutschland, das hat Tradition. Keiner gibt nach, da ist Dreck fressen angesagt und am Ende gewinnt immer Deutschland. Immer? Nun zur Neuauflage: Landrover gegen BMW, der wuchtige Freelander gegen den flinken Platzhirschen aus Bayern, den BMW X3.
England tritt an mit dem Freelander 2, welcher 152 Diesel-PS bei einem angegebenen Verbrauch von 7,5 Litern leistet. In der luxuriösen SE-Ausstattung kostet er 37.500 Euro. Den neuen Zweiliter-Diesel von BMW gibt es jetzt auch im X3. 27 PS mehr bei geringerem Verbrauch von 6,5 Litern sind ein Wort - leider auch der Preis von knapp 38.000 Euro. Beide wollen an die Tabellenspitze in der Liga der kompakten SUV`s.
Das Duell England - Deutschland beginnt auf tiefem Boden
BMW nennt den X3 einen SAV, ein Sports Activity Vehicle. Schließlich ist der Bayer kein schnöder Gebrauchsgegenstand, wie das Utility in SUV vermuten lässt.
Trotzdem, das Aktive bleibt im X3 Wunschdenken - zumindest Offroad. Trotz Bergabfahrhilfe und permanentem Allradantrieb: Der X3 reagiert nur im Gelände.
Schrammen am Unterboden sind hier vorprogrammiert. Kein Wunder: 20 Zentimeter Bodenfreiheit und 2,80 Meter Radstand ergeben einen Rampenwinkel von bescheidenen 19 Grad. Im mittelschweren Gelände steht der Bayer auf verlorenem Posten, sein bevorzugter Untergrund sind Waldwege und verschneite Zufahrten.
Wie schlägt sich nun der kleine Landie? Besser, ja sogar viel besser. Zwei Zentimeter mehr Bodenfreiheit, 13 Zentimeter kürzerer Radstand, kurze Überhänge vorn und hinten - schon die Maße sprechen für den kleinen Briten. Bei der Wattiefe herrscht Gleichstand, ab einem halben Meter werden die Füße sowohl im BMW als auch im Landrover nass. Der Joker des Freelander heißt ,,Terrain Response" - ein Gelände-Voll-Automat. Einfach den Drehschalter auf Gras, Schnee, Schlamm oder Wüstensand stellen, schon werden Übersetzung und Motorsteuerung dem gewählten Untergrund angepasst. Ergebnis: Ein Höchstmaß an Traktion, denn der Engländer hat für jeden denkbaren Untergrund die idealen Stollen parat. Dem X3 geht am Berg schnell die Puste aus, eins zu null für den Briten.
Die Designwertung - mehr als nur Schönspielerei
SUVs sollen nicht nur praktisch und robust sein, auch auf der hauseigenen Garagenzufahrt sollen die Allrounder eine schicke Figur machen. Der Freelander ist mit seinen geraden Linien, Ecken und Kanten ein markanter Typ, Robustheit sein Verprechen. Die Beatmungsschlitze übernimmt er vom Range Rover, Unterbodenblech und das steil abfallende Heck erinnern an den großen Bruder Discovery. Die neue Freelander-Generation trägt das unverwechselbare Landrover-Markenkleid.
Konzerntypische Doppelniere und dicke Stoßfänger: Der X3 outet sich auf den ersten Blick als Kind der Bayrischen Motorenwerke. Das Blechkleid sieht eher nach feldweg-tauglichem Familienkombi als nach Geländewagen aus. Das Hinterteil mit den zerklüfteten Heckleuchten gefällt nicht jedem. Der Bestseller aus München punktet mit seinem sportlichen Markenimage, schließlich sind SUVs mehr Prestige- denn Nutzfahrzeuge.
Design bleibt Geschmacksache: Wir vergeben den Schönheitspreis an den geradlinigeren Freelander. Zur Halbzeit führt England zwei zu null.
München macht die Räume eng
Im Innenraum präsentiert sich der Bayer betont sachlich. Das Cockpit ist aufgeräumt, kein Firlefanz sticht ins Auge. Auch die Verarbeitung ist auf Top-Niveau. Da schmerzt der Preis - 38.000 Euro kostet der X3 2.0d vollkommen nackt. Die Aufpreispolitik von BMW tut ihr übriges: Für einen CD-Wechsler sind 430 Euro fällig, das billigste Navi kostet knapp 1.800 Euro. Unser spartanisch ausgestatteter Testwagen knackte locker 41.000 Euro. Serienmäßig an Bord: Die asymmetrisch klappbare Rückbank, die Platz für 1.560 Liter Kofferraum-Volumen macht. Erfreulich: Die niedrige Ladekante und hohe Zuladung von über 500 Kilogramm.
Soviel Gewicht kann auch der Freelander wegstecken, wenn die Bandscheiben bei der hohen Ladekante mitmachen. 100 Liter mehr Gepäck schluckt der Brite, leider bietet auch er keinen ebenen Ladeboden. Das Cockpit des Freelander ist deutlich farbenfroher und weniger streng gestaltet als im puristischeren X3. Die Verarbeitung erreicht nicht ganz das Niveau des BMW. Dafür stimmt der Preis: Für 38.000 Euro besteigt man die gut ausgestattete SE-Version mit Klimaautomatik und einer Soundanlage von Alpine. Das Navi kostet 2.000 Euro und nervt mit seiner umständlichen Touchscreen-Bedienung. Die Platzverhältnisse im Fond sind gut, sieben Zentimeter mehr Höhe sorgen für gute Kopffreiheit. Die Verarbeitung und das Preis-Leistungsverhältnis stimmen beim kleinen Landie. So erhöhen die Engländer Mitte auf drei zu null.
Die Wahrheit liegt auf der Straße
1,9 Tonnen, 2,66 Meter Radstand, hoher Scherpunkt - sehen so gute Vorraussetzungen für ein flottes Match aus? Nein, und die Engländer machen nicht den Fehler, das mit übertriebener Härte zu kaschieren. Sie gehen beim Fahrwerk den komfortablen Weg: Der Freelander gleicht Unebenheiten und Bodenwellen mit langen Federwegen aus. Der 152 PS starke Diesel mit 400 Newtonmetern Drehmoment schiebt den Land Rover souverän nach vorne. Der Testverbrauch von knapp zehn Litern war uns zu hoch. In engen Kurven bringt das serienmäßige ESP die Briten-Schaukel wieder auf Kurs.
Die Taktik des Bayern: Nie aus der Ruhe bringen lassen. So fährt der X3 auf der Straße der gesamten Konkurrenz davon. Die sportlich straffe Fahrdynamik, knackige Schaltung und direkte Lenkung machten den strammen Bayern innerhalb von drei Jahren zum Marktführer bei den kompakten SUVs. Eine Schwäche des X3 war bisher der raue, unkultivierte Zweiliter-Diesel. BMW besserte nach und verpasste dem Motor 27 PS mehr Leistung. Gleichzeitig senkten die Ingenieure den Verbrauch auf beachtliche 6,5 Liter. Dazu ,,Null auf hundert" in zehn Sekunden, Topspeed 206 km/h. Respekt! Kräftiger Motor und eine Fahrdynamik auf PKW-Niveau: Der X3 erzielt doch noch den Ehrentreffer für Deutschland, eins zu drei.
Vorbei die Zeiten des ungestümen Kick `n´ Rush, die Engländer spielen inzwischen variantenreich den gepflegten Ball. So kommt der komfortable und robuste Freelander zu einem guten Ergebnis gegen den dynamischen X3.
Fassen wir zusammen:
Die klassischen BMW-Tugenden hat der X3 auf der Habenseite: Motor, Fahrwerk, Lenkung und neuerdings den geringen Verbrauch. Die unbefriedigende Offroad-Performance und der hohe Preis kosten den Sieg. Der geht knapp, aber eindeutig, an den Freelander. Er punktet im Gelände, mit Komfort und guten Platzverhältnissen. Die Ausstattung ist gut, der Preis aber zu hoch. Außerdem fiel der hohe Verbrauch negativ auf.
England gegen Deutschland, der Klassiker schlechthin. Die Briten gewinnen das Duell mit einer geschlossen Mannschaftsleistung, Der Freelander ist das komplettere Auto, er überzeugt im Gelände und auf der Straße.
onlinemotor
21.03.2013
Der Freelander punktet mit dem Drehmoment von 420Nm Der X3 übertrifft alles mit der sagenhaften 8-Gang-Automatik in dieser Fahrzeugklasse.