VW Jetta VI Test - Ohne Rucksack auf die Erfolgsstraße

, 01.07.2011


Als völlig eigenständige Stufenheck-Limousine soll der VW Jetta VI endlich kein unschöner Golf-Ableger mit angeflanschtem Rucksack mehr sein, sondern erfolgreich Jagd auf die Kundschaft von BMW 3er und Audi A4 machen. Das Zeug dazu hat er - dieser Meinung ist jedenfalls kein Geringerer als Rennfahrer-Legende Jackie Ickx, der voll auf das klare Design abfährt.

Jetta, Bora und Vento waren bisher immer als „Rucksack-Golf“ verschrien

Er hörte bisher auf drei verschiedene Namen, aber es nützte nichts: Seit dem ersten Golf mit angeflanschtem Kofferraum namens Jetta kamen fünf Generationen Jetta, Bora und Vento nie so recht über das leidige Image eines „Golf mit Rucksack“ hinaus. Jetzt macht Volkswagen endgültig Schluss damit. Stolz und selbstbewusst preisen die Wolfsburger Generation VI als „besten Jetta aller Zeiten“ an.

Er sei definitiv kein Golf mit unelegant angestückeltem Heck, sondern ganz im Gegenteil. „Der Jetta VI ist komplett neu konzipiert, gestaltet und dimensioniert“, so VW-Sprecher Jochen Grüten. Erste Testfahrten rund um Nizza bestätigten uns dies. Der neue, eigenständige Jetta hat tatsächlich mehr als seine unrühmlichen Vorgänger das Zeug zum Erfolgsmodell, vielleicht sogar als Konkurrent für BMW 3er oder Audi A4.

Unrühmlich ist im Falle des Jettas nicht gleichbedeutend mit erfolglos. Zwar musste VW einigen Spott über sich ergehen lassen, weil man Jetta, Bora und Vento stets die Abstammung vom VW Golf ansah. Deshalb hält man sie allgemein vorschnell für Verlierer. Doch weit gefehlt: Immerhin rund 10 Millionen Mal verkauften sich Generation I bis V. In den USA gilt der Jetta sogar längst als der Volkswagen schlechthin, besitzt einen überaus guten Ruf und glänzt mit erfolgreichen Auftritten im Motorsport. Nach 120.000 rasant verkauften Exemplaren in den USA soll der Jetta VI nun auch im Heimatland von Volkswagen erfolgreich durchstarten.

Die neue Jetta-Dimension in Zahlen: Er ist stolze 4,64 Meter lang und misst somit fast einen halben Meter mehr als der Golf VI (4,20 Meter). Der Jetta VI ist somit kaum noch kürzer als der Passat (4,77 Meter). Besonders wertvoll: Von 9 Zentimetern mehr Außenlänge im Vergleich zum Vorgänger sind 7 Zentimeter im Innenraum angekommen. Alleine die Beinfreiheit hinten wuchs um 6,7 Zentimeter.

Oder das Kofferraumvolumen: 510 Liter sind nicht mehr nur ein imposanter Wert. Beim Blick in das riesige Gepäckabteil traut man seinen Augen kaum. Auch hier hebt sich der Jetta deutlich vom Golf (350 Liter) ab und bietet erheblichen Mehrwert.

Jackie Ickx verehrt Walter de Silva und ist wählerisch bei Schokoriegeln

Ein echter Hingucker ist das komplett eigenständige Design des Jettas. Golf-Anleihen sucht man außen vergebens. Lediglich der Innenraum kommt einem Golf-Fahrer vertraut vor, ist aber ebenfalls eine Neuentwicklung. Beim Exterieur entscheidend: „Die Arbeit der Designer hat diesmal nicht am Heck des Golf, sondern ganz von vorne begonnen“, so Grüten.

Von allen Seiten sieht der Jetta jetzt wie eine eigenständige Stufenheck-Limousine aus. Dabei fällt aus jedem Blickwinkel auf, was Motorsport-Legende Jacky Ickx in Nizza auf die Tugenden des Konzern-Designchefs Walter de Silva zurückführte: „Simplicita“ (italienisch für Einfachheit), eine elegante Klarheit, gefalle ihm am besten am neuen Jetta.

Der belgische Renn-Riese Ickx gewann schon Formel-1-Rennen, mehrmals Le Mans und beinahe die Dakar-Rallye. Aber der neue Jetta konnte selbst ihn noch beeindrucken. Nur ein pikantes Detail hatte er an der Limousine aus Wolfsburg augenzwinkernd auszusetzen: „Mir hat der Schokoriegel nicht geschmeckt, der in der Mittelkonsole als Proviant für die Testfahrt lag.“ Den Rennfahrer wird auch gefreut haben, was am Rande der Premiere in Nizza zu hören war: Der Heckdiffusor sei ein klarer Hinweis darauf, dass sich der neue Jetta bestens für einen Einsatz im Rennsport eigne, und zwar nicht nur in den USA.

Mehr Platz und neue Sicherheitsfeatures und dennoch 50 Kilogramm abgespeckt. Eine erfolgreiche Schlankheitskur trug wesentlich dazu bei, dass der Jetta in sechster Generation deutlich sparsamer wurde. Die jeweils 105 PS starken Basismotoren gibt es mit sparsamer Blue Motion-Technologie (Bremskraftrückgewinnung, Start-Stop-Automatik). Der 1.6-Liter-TDI dieselt mit nur 4,2 l/100 dahin, der drehmomentstarke Benziner TSI kommt mit nur 5,3 l/100 km aus.


Durchzugsstarker Downsizing-Benziner lässt sich im Standgas anfahren

Der Benziner wirkt bisweilen so durchzugsstark wie ein moderner Turbo-Diesel. Wie viel Kraft er bereits im Leerlauf hat, merkt man daran, dass er sich bei gefühlvoller Kupplungsarbeit im Standgas anfahren lässt - umso erstaunlicher, da es sich bei diesem Vorzeige-Downsizer um einen 1.2-Liter-Hubraumzwerg handelt. Unsere Testfahrten im Stadtverkehr von Nizza bestätigten nahezu den vom Hersteller angegebenen Normverbrauch mit praxisgerechten 6,2 l/100 km. Außer den Basismotoren gibt es zunächst noch den Jetta 2.0 TDI mit 140 PS.

Die Preise klingen vielversprechend für Volkswagens geplante Streifzüge durch das Revier der Stufenheck-Limousinen; denn zu Preisen ab 20.900 Euro hat die sechste Jetta-Generation allerhand zu bieten: Eigenständiger Auftritt, viel Platz, dazu eine moderne und umfangreiche Ausstattung. Nur eines fehlt dem jüngsten Jetta: der Rucksack.

Technische Daten VW Jetta 1.2 TSI

Antriebsart: Frontantrieb | Hubraum: 1.197 cm³ | Leistung: 77 kW/105 PS | Drehmoment: 175 Nm von 1.550 - 4.100 U/min | Vmax: 190 km/h | Beschleunigung 0-100 km/h: 10,9 Sekunden | Durchschnittsverbrauch: 5,7 l/100 km | CO2-Emission g/km: 134 | Preis: EUR 20.900

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