VW Scirocco R Test (Facelift): Frontkratzer mit Extra Grip

, 22.01.2015


Als Kind der 1980er wurde ich mit dem Scirocco I und Scirocco II groß. Der sportliche Anspruch, den Volkswagen damals an den Scirocco stellte, wird auch im aktuellen Scirocco groß geschrieben. Die Speerspitze des zweitürigen Sportcoupés markiert das R-Model. Grund genug, den Scirocco R in einem Testbericht ausführlich unter die Lupe zu nehmen: Was bietet die flache Flunder aus Wolfsburg und zu welchem Preis? Was leistet der 2,0-Liter-TSI-Vierylinder-Turbomotor, der nur über einen Frontantrieb verfügt und wie hoch ist der sportliche Anspruch tatsächlich? All diesen Fragen gehen wir in diesem Test auf den Grund.

Nach dem Facelift gibt es 15 PS mehr im Scirocco R

 

Der VW Scirocco R ist mit einem Vierzylinder-Turbodirekteinspritzer ausgestattet und stemmt satte 280 PS auf die Kurbelwelle. Bei 6.000 U/min steht die höchste Leistung zur Verfügung, das höchste Drehmoment von 350 Nm zwischen 2.500 und 5.000 U/min. Vor dem Facelift waren es übrigens 15 PS weniger, die an der Vorderachse zerrten; denn der Scirocco R verfügt anders als sein Bruder Golf R nicht über einen Allradantrieb, sondern wird nur über die Fronträder angetrieben.

 

Durch ein elektronisches Sperrdifferenzial bringt der Scirocco R die Kraft gut auf die Straße, so dass die Tachonadel in Kombination mit einem 6-Gang-Doppelkupplungsgetriebe (DSG) in 5,5 Sekunden von 0 auf 100 km/h klettert und erst bei 250 km/h plötzlich stehen bleibt, da Volkswagen den Scirocco R elektronisch abregelt. In Kombination mit dem 6-Gang-Handschalter erfolgt der klassische Spurt in 5,7 Sekunden.

Den Durchschnittsverbrauch gibt VW im Scirocco R im Idealfall mit 7,9 Litern Kraftstoff auf 100 Kilometern beim DSG an. Beim manuellen Getriebe sind es 8,0 Liter pro 100 Kilometer. In unserem zweiwöchigen Scirocco R Test pendelte sich die Tanknadel bei ca. 10 Litern Sprit pro 100 Kilometer im Durchschnitt ein - als "Speed Heads" testen wir mit dem juckenden Gasfuß und auch gerne hart am Limit. Der reale Testverbrauch ist für ein Sportcoupé mit dieser Leistung durchaus noch in einem guten Bereich. Dank des serienmäßigen Start-Stopp-Systems und der Rekuperation sank der Spritverbrauch zum Vorgänger spürbar.

Dank Vorderachs-Quersperrdifferential keine durchdrehenden Räder

 

Serienmäßig besitzt der frontgetriebene VW Scirocco R ein spezifisch abgestimmtes Sportfahrwerk mit einer Tieferlegung um 15 Millimeter und das Vorderachs-Quersperrdifferential XDS. Sobald die Elektronik erkennt, dass das kurveninnere Rad der Vorderachse bei schneller Fahrt zu sehr entlastet wird, baut die ESP-Hydraulik an diesem Rad gezielt einen Bremsdruck auf, um wieder die optimale Traktion herzustellen. Das XDS wirkt so als Quersperrdifferential, um das für Fronttriebler typische Untersteuern in schnell gefahrenen Kurven auszugleichen. Bei Nässe zerren allerdings die Vorderräder durch die immense Kraft und XDS stößt bei sportlicher Fahrweise an seine Grenzen, so dass der Scirocco R dann doch zum Untersteuern neigt und die elektronischen Regelsysteme zum Einsatz gelangen.

 

Optional stattet VW den Scirocco R mit der adaptiven Fahrwerksregelung DCC aus, die unser Testwagen besaß. Das System stellt die Dämpfung permanent und radindividuell anhand der Signale von je drei Aufbau- und Radwegsensoren auf die jeweilige Fahrbahn ein. Bei Beschleunigungs-, Brems- oder Lenkvorgängen wird die Dämpfung jedoch in Sekundenbruchteilen verhärtet, um die fahrdynamischen Erfordernisse optimal zu erfüllen. Durch diese automatische Verstellung ermöglicht DCC in fahrdynamisch weniger anspruchsvollen Situationen eine deutliche Steigerung des Komforts und löst auf diese Weise den Zielkonflikt zwischen einer sportlich-straffen und komfortablen Auslegung. Der Fahrer kann hierbei selbst in den Programmen „Normal", „Sport" und „Comfort" nach seinem persönlichen Empfinden das für ihn gerade passende Setup wählen.

Nach dem Facelift ist das Exterieur noch agressiver

 

Traditionell gestalteten die Macher für das "R"-Topmodell die Front- und Heckschürzen in einer Motorsport-Optik, die prägnante Luftein- und -auslässe sowie das ein oder andere "R-Logo" beinhalten. Die Optik wirkt nach dem Facelift des Scirocco R deutlich agressiver und der Motorsport-Charakter wird noch deutlicher. Ebenso gelungen integrieren sich die neu gestalteten Leichtmetallfelgen des Typs „Cadiz“ in 18 Zoll, die es optional in 19 Zoll gibt.

 

Im Frontbereich fallen die neuen serienmäßigen Bi-Xenon-Scheinwerfer auf, die LED-Tagfahrlicht und LED-Blinker beinhalten, aber keine Kurvenlicht-Funktion besitzen. Unterhalb des Xenon-Moduls der Scheinwerfer integrierten die Macher eine schmale, gewölbte LED-Kontur, die wie ein Augenlid wirkt und als Tagfahrlicht fungiert. Am Heck des „R" gehören nach wie vor die zwei verchromten Abgasendrohre und der größere Dachkantenspoiler zu den Insignien. Neu im Heckbereich fallen die großen Luftaustrittsöffnungen im Stoßfänger auf, die dem Scirocco R ein noch sportlicheres Antlitz verleihen. Leider sind diese nur optisch angedeutet und erfüllen keinerlei Funktion.

Motorsport-Feeling im Innenraum optional durch Schalensitze abgerundet

 

Neu an Bord befinden sich serienmäßig drei oberhalb der Mittelkonsole integrierte Zusatzinstrumente: Ladedruck, Stoppuhr und Motoröltemperatur - eine Hommage an den ersten Scirocco aus dem Jahr 1974, bei dem je nach Ausstattungsversion zwei Zusatzinstrumente weiter unten in der Mittelkonsole eingebaut waren. Analog zu Modellen wie dem VW Golf GTI erhielt der Scirocco ein neues Kombiinstrument in Tubenoptik.

 

Den Fahrer unterstützen unter anderem die automatische Fernlichtregulierung „Light Assist“, die vorausfahrende und entgegenkommende Fahrzeuge erkennt und automatisch das Ein- bzw. Ausschalten des Fernlichtes regelt, eine Geschwindigkeitsregelanlage mit Müdigkeitserkennung und eine Einparkhilfe mit Rückfahrkamera. Der Kunde hat zudem die Wahl zwischen verschiedenen Radio- und Navigationssystemen. In unserem Testwagen verbaute Volkswagen das Topmodell „RNS 510“, das sich über einen Farb-Touchscreen mit 16,5 Zentimetern Bildschirmdiagonale (6,5 Zoll) bedienen lässt.

Das Interieur trägt unverkennbar die Handschrift der Volkswagen R GmbH. Zu den individualisierten Features gehören die Sitzbezüge mit „R“-Logo und kristallgrauen Ziernähten, der schwarze Dachhimmel, Dekoreinlagen in „Carbon Race“, Applikationen in hochglänzendem Schwarz und Pedale aus Edelstahl. Tradition haben die blauen Zeiger der spezifischen „R“-Instrumente und die Aluminium-Türeinstiegsleisten, die ebenfalls das „R“-Logo zieren.

Optional sind Motorsport-Schalensitze mit Alcantara-Mittelbahnen erhältlich, die für einen besonders guten Seitenhalt sorgen und Motorsport-Feeling im Innenraum versprühen. Wählt man diese Option im Konfigurator, ist die Rückbank dazu passend mit Alcantara-Mittelbahnen bezogen, was besonders stimmig wirkt.

Die Sitze im Fond sind konturiert, so dass die Insassen bei agiler Fahrt nicht hin- und herrutschen. Einen fünften Sitzplatz gibt es aufgrund der beschränkten Platzverhältnisse nicht. Wer auf Reisen gehen möchte, muss sich mit einem überschaubaren Kofferraum arrangieren, der nur 312 Liter fasst. Auf einfache Weise lassen sich allerdings die Rücksitzlehnen umklappen, so dass das Kofferraumvolumen auf bis zu 1.006 Liter steigt.

Fazit: Der VW Scirocco R schafft den Spagat zwischen Sportlichkeit und Alltagstauglichkeit

 

Der VW Scirocco R stellt ein tolles Sportcoupé mit gewissem Komfort-Anspruch für seinen Piloten dar und sorgt auch bei sportlich versierten Fahrern für hohen Fahrspaß. Durch den reinen Frontantrieb hat er gegenüber Konkurrenten wie dem Audi TT, dem Porsche Cayman oder dem BMW 1er Coupé Bauart bedingte Nachteile, die allerdings durch die innovative Vorderachsdifferential-Technik etwas relativiert wird. Ein Vorteil, den der reine Frontantrieb mit sich bringt, ist das eingesparte Gewicht.

 

Neben seiner sportlichen Note ist der Scirocco R durch die umklappbare Rücksitzbank und vier Sitzplätze voll alltagstauglich, sofern keine größere Familienplanung ansteht. Als Raum- und Kofferraumwunder erweist sich der Scirocco R trotzdem nicht. Damit schafft das Sportcoupé den Grad zwischen Sportlichkeit und Alltagstauglichkeit und stellt eine klare Kaufempfehlung dar.

Zu Preisen ab 36.175 EUR steht der VW Scirocco R in der Preisliste. Unbedingt wählen sollte man die Motorsport-Schalensitze und das DCC-Fahrwerk; denn damit werden sowohl das Motorsport-Flair als auch die Alltagstauglichkeit gegenüber der Serienausstattung weiter gesteigert.

Technische Daten VW Scirocco R (2014)

 

Antriebsart: Frontantrieb | Hubraum: 1.984 cm³ | Leistung: 206 kW/280 PS bei 6.000 U/min | Drehmoment: 350 Nm bei 2.500-5.000 U/min | Getriebeart: 6-Gang-Handschaltung | Vmax: 250 km/h (elektronisch begrenzt) | Beschleunigung 0-100 km/h: 5,7 Sekunden | Durchschnittsverbrauch: 8,0 l/100 km | CO2-Emission: 187 g/km | Preis: ab 36.175 EUR

 

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