DTM-Chef Gerhard Berger meint, dass sich die DTM nicht auf Premium-Technik konzentrieren, sondern Fokus auf Emotion und "Freude am Fahren" legen soll
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Seit zwei Wochen ist Gerhard Berger im Amt als neuer Mann an der Spitze der DTM-Dachorganisation ITR. Durch das neue Oberhaupt der DTM erhoffen sich die Verantwortlichen und Hersteller, dass es mit der Tourenwagenserie wieder aufwärts geht, denn in den vergangenen Jahren ist das Interesse der Zuschauer rapide gesunken.
Eine erste Mission hat Berger auch bereits in Angriff genommen: "Wir müssen festlegen, wo wir die DTM positionieren wollen", sagt der Tiroler bei 'ServusTV'. "Wollen wir die Herausforderung annehmen, Premium-Technik zu verbauen und den Premium-Technik-Kampf ansagen? Das glaube ich eher nicht, das ist viel zu teuer."
Das soll der Formel 1 und Le Mans vorbehalten bleiben, ergänzt er. Der ehemalige Formel-1-Fahrer glaubt, dass "der Sport, die Emotion und die Freude am Fahren" im Fokus der Positionierung liegen sollte: "Das würde viel besser zur DTM passen.".
Berger will die Schwächen der DTM "in den Griff bekommen"
Berger, der sich selbst als "neutral" bezeichnet, weil er nicht "auf der Seite eines bestimmten Herstellers" steht, ist im regen Austausch mit den Verantwortlichen der Serie und hat ein offenes Ohr für Verbesserungsvorschläge. "Wir diskutieren die gleichen Themen und es ist verwunderlich, dass sie nicht umgesetzt worden sind", schildert der 57-Jährige.
"Ich weiß, dass mein Vorgänger, Hans-Werner Aufrecht, sehr viel sehr gut und sehr richtig gemacht hat. Und trotzdem hat er die eine oder andere Idee schlussendlich nicht umsetzen können." Es sei nun seine Aufgabe, zu versuchen, diese Dinge anzusprechen und zu ändern. "Wo die Schwächen sind, glaube ich, das liegt auf dem Tisch", fügt er hinzu.
Ein viel diskutiertes Thema werden wohl auch die technischen Regularien sein. Aerodynamik, Flügel, Gewicht und "Taktikspielchen" müsse man in den Griff bekommen und sollten das Renngeschehen nicht zu sehr beeinflussen. Und dann, ist Berger sicher, wird das Publikumsinteresse wieder steigen: "Der Fan will fairen, harten Motorsport sehen. Und da muss man ansetzen."
Gutes Produkt mit Raum für Verbesserungen
Der neue DTM-Chef verfolgt schon seit längerem das Geschehen in der Tourenwagenserie und das nicht nur, weil Neffe Lucas Auer seit zwei Jahren für Mercedes in der DTM fährt. Er kommt zu dem Schluss, dass in den vergangenen Jahren "sehr viel sehr gut gemacht worden" ist.
"Die Autos sehen spektakulär gut aus. Die drei Hersteller sind die drei besten Premium-Hersteller der Welt", erklärt Berger. "Das Fahrerniveau ist hervorragend und sehr ausgeglichen. Das hat man selten in einer anderen Rennklasse." Der Tiroler fühlt sich "sehr wohl mit diesem Produkt", doch es gibt einige Themen, die "korrigiert" werden müssen: "Dann wird es sehr gut sein."
Audi-DTM-Pilot Mattias Ekström teilt die Meinung des ehemaligen Formel-1-Fahrers: "Es sind nur Kleinigkeiten. Ich finde, dass die DTM wahrscheinlich die besten Zutaten von allen Motorsportklassen überhaupt hat", sagt der Schwede. "Es gibt Premium-Hersteller, gute Sponsoren, gutes Fernsehen und gute Fahrer. Meiner Meinung nach sind alle Zutaten da, um einen guten Kuchen zu backen."
DTM muss sich an geändertes Fanverhalten anpassen
Der zweimalige DTM-Meister äußert sich aber auch kritisch über das Format der DTM: "Was mir persönlich nicht so sehr gefällt, sind diese kleinen Flügelchen am Auto. Beim kleinsten Kontakt verschlechtern sich das Fahrverhalten und die Rundenzeit enorm. Das heißt, wenn zwei Flügelchen weg sind, dann fährt man massiv langsamer."
Der 38-Jährige wünscht sich, dass die Fans wieder mehr Freude an der DTM haben und entsprechend miteinbezogen werden: "Den Fan von heute muss man anders pflegen als vor zehn Jahren", sagt er. "Ich freue mich sehr, zu sehen, was Gerhard machen kann. Ein Fahrer, der in der Meisterschaft fährt, muss lachen. Ein Team muss Freude und Ehrgeiz haben, ebenso die Hersteller. Wir brauchen ein paar Leute, die den Sport lieben."
Auch Berger weiß, wie wichtig die Fans für die DTM sind und was sie vom Motorsport erwarten: "Der Fan wünscht sich einfachen, leicht zu verstehenden Motorsport. Rad-an-Rad-Kämpfe mit dem Ritt auf einer Kanonenkugel, so einfach ist es eigentlich", schildert er. Hochgezüchtete Technik und unverständliche Regularien, "die bringen nichts, die entfernen uns vom Fan".
Die DTM müsse eigenständig werden und sich auf das Wesentliche konzentrieren: "Das Abschauen von der Formel 1, das bringt nichts. Die DTM muss eigene Regeln haben. Und da steht für mich die leichte Verständlichkeit im Vordergrund."