Jens Marquardt und Dieter Gass warnen vor radikalen Umbrüchen für die Saison 2014 und fordern feinfühlige Verbesserungen des bestehenden Reglements
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In der Formel 1 wird unter der "Silly Season" das wilde Spekulieren über Cockpitvergabe und übrige Teampersonalien verstanden. Sollte der Begriff eines Tages Einzug in die DTM finden, dann wäre er eine geeignete Umschreibung für kreative bis abstruse Regelideen, wie sie dieser Tage kursieren. Dabei gibt es dafür kaum Nährboden, schließlich sprechen sich die Verantwortlichen der drei Hersteller Audi, BMW und Mercedes für Kontinuität aus - um das Vertrauen der Fangemeinde zu gewinnen.
Jens Marquardt tritt leise, wenn es um Novellen des Wochenend- und des Rennformats geht: "Ich bin definitiv kein Freund, etwas zu ändern, um es zu ändern. Kleine Anpassungen sind besser, damit das Ganze endlich mal wieder verstanden werden kann", so der BMW-Motorsportchef nach Einführung von DRS und Option-Reifen zu Saisonbeginn. "Sonst brauche ich mich nicht wundern, wenn es der Zuschauer nicht mehr kapiert." Das darf als Absage an Ideen wie die von Thomas Betzler, Vorstandsmitglied des DTM-Dachverbandes ITR, verstanden werden.
Der Jurist hatte am Donnerstag in einem Interview mit seiner Heimzeitung "Wiesbadener Kurier" davon gesprochen, dass es "eine Möglichkeit" sei, an den Rennsonntagen zwei Wertungsläufe auszutragen. Boxenstopps, die Marquardt vehement vertritt, würden bei diesem Modell komplett gestrichen. Das wären ähnliche Bedingungen wie in der Rückkehr-Saison 2000, allerdings eine radikale Kehrtwende zur jüngsten Entwicklung. Die hatten zuletzt sowohl ITR-Boss Hans Werner Aufrecht als auch Fahrer und Herstellervertreter gelobt.
Marquardt warnt vor "Try and Error"
Marquardt tritt weiter auf die Aktionismusbremse: "Was macht den Fußball so populär? Da haben sich die Basisregeln kaum geändert. Bedacht ist da definitiv ganz gut", mahnt er. Auch Dieter Gass ist Freund der kleinen Stellschrauben: "Wenn man sich das Reglement genauer anschaut, findet man erstens immer gute Gründe, warum so entschieden wurde. Zweitens wenige Ansätze, wie man es besser machen könnte", meint der Audi-Rennleiter im Gespräch mit 'Motorsport-Total.com'. Für ihn bleibt dieser Überlegung zufolge nur ein Punkt, an dem Hand angelegt werden müsste: DRS.
Der umklappbare Heckflügel darf drei Runden vor dem Rennende nicht mehr genutzt werden. Gass erkennt wie viele Beobachter keinen Grund dafür und wünscht sich Action bis zum Schluss. Für Marquardt sind Passagen im sportlichen Reglement renovierungsbedürftig, dazu verlangt er eine starke Sportbehörde mit klarem Mandat. "Ich weiß nicht, ob das neue Reifenreglement und die blauen Flaggen optimal zusammenpassen", spielt er auf Vorkommnisse auf dem Norisring an und sieht in der Winterpause Gelegenheit, sich im Dialog mit allen Beteiligten Gedanken zu machen.
Marquardt und Gass sind sich einig, dass der nötige Konsens nur an einem runden Tisch gefunden werden kann. Detailarbeit sei gefragt: "Eine winzige Änderung bei der Safety-Car-Regel hat dazu geführt, dass wir von Anfang bis Ende offenen Motorsport haben", erinnert der BMW-Verantwortliche und hält kleinere Schritte für gewinnbringender als große Einschnitte, die sich als Fehlschlag entpuppen und Fans vergraulen: "Wir sind alle zu lange miteinander unterwegs, als dass wir Try and Error bräuchten", so Marquardt.