Von der Planung über die Entwicklung bis hin zum fertigen Rennwagen: Wir stellen den neuen BMW M4 im Detail vor und nennen die wichtigsten technischen Daten
© Foto: BMW AG
Bereits lange vor Beginn der DTM-Saison 2013 begannen die BMW-Ingenieure damit, sich mit 2014 und der Entwicklung des neuen M4 DTM zu beschäftigen. Am 22. April - also 13 Tage vor dem Saisonauftakt 2013 in Hockenheim - feierte das erste Modell seine Windkanal-Premiere im Aero-Lab der BMW-Group. Während sie die aerodynamische Erprobung weiterführten, widmeten sich die Experten in München ab Sommer auch der Gestaltung des Fahrwerks.
Im Dezember 2013 kamen die neuen Komponenten erstmals auf der Strecke zum Einsatz, damals noch im M3. Noch vor dem Jahreswechsel wurden die endgültigen Teile für das Chassis des M4 in Produktion gegeben, sodass die BMW-Teams im Januar und Februar die ersten Modelle des neuen Fahrzeugs aufbauen konnten. 300 Tage nach dem ersten Test im Windkanal ging der M4 am 11. Februar 2014 zur Jungfernfahrt in Monteblanco auf die Strecke.
Die Basis
Die Serienversion des BMW-M4-Coupe bot BMW-Motorsport eine perfekte Basis für die Entwicklung des DTM-Rennwagens. Das verwundert kaum, schließlich lautete das oberste Ziel der Ingenieure der BMW-M-GmbH, beim BMW-M4-Coupe eine robuste Rennstreckentauglichkeit zu erreichen. Unter anderem die beiden DTM-Piloten Bruno Spengler und Timo Glock trugen im Rahmen von Abstimmungsfahrten auf der Nürburgring-Nordschleife selbst dazu bei, dieses Ziel zu erreichen.
"Es macht mich stolz, einen Beitrag zum Feintuning geleistet zu haben", sagt Spengler. "Das Fahrwerk des BMW-M4-Coupe ist sehr sportlich abgestimmt, das Feedback von der Vorderachse ist extrem direkt, der Grip an der Hinterachse ist phänomenal. Dieser Wagen ist die ideale Basis für unser Einsatzfahrzeug in der DTM."
Produktion und Fertigung
Im Münchener BMW-Stammwerk war 1991 das vorerst letzte BMW-M-Automobil gebaut worden, ehe die Produktion ins BMW-Werk Regensburg wechselte. Nach fast 23 Jahren kehrte die Fertigung nun in das Stammwerk zurück - und nur einige Meter entfernt tüfteln die BMW-Ingenieure an der Rennversion des Fahrzeugs.
Aber auch die BMW-Werke in Regensburg und Dingolfing waren an der Entwicklung des M4 beteiligt. Unter anderem konnten die knapp einen Kilometer langen Einfahrbahnen der modernen Fertigungsstätten für aerodynamische Untersuchungen genutzt werden. Wo sich sonst alle BMW-M-Fahrzeuge einer eingehenden Qualitätskontrolle unterziehen, war auch das DTM-Auto für 2014 während der Entwicklungsphase unterwegs.
Design
Das M4-Coupe und der DTM-M4 stehen tief geduckt und breit auf dem Asphalt. Mit seinen starken Konturen unterstreicht das Design schon im Stand die Leistungsfähigkeit der beiden Brüder. Charakteristische Designelemente wie die modern interpretierten Doppelscheinwerfer oder die markante Doppelstegniere lassen die Fahrzeuge eindeutig als BMW-M-Automobile erkennen.
Ebenso charakteristisch ist der Powerdome auf der Motorhaube. Auch in der Seitenansicht setzt sich der kraftvolle Eindruck der Front fort. Die für das M4-Coupe typischen Proportionen wie die lange Motorhaube, ein langer Radstand, das zurückversetzte "Greenhouse" und ein kurzer Frontüberhang bildeten die Basis für die flache und aerodynamisch vorteilhafte Silhouette des M4.
Aerodynamik
In der DTM spielt die Aerodynamik eine entscheidende Rolle. Deshalb verwendeten die Ingenieure besonders viel Zeit auf Themen wie Luftwiderstand und Luftführung. Wie beim Serienmodell senken die "Air Curtains" an der Front auch beim DTM-M4 den Luftwiderstand. Sich verengende Luftkanäle beschleunigen dabei den durch die Frontschürze einströmenden Fahrtwind, führen ihn gezielt an den Rädern vorbei und verringern die Luftturbulenzen im Bereich der Radhäuser. Neu am M4 ist zudem eine Platte entlang des Seitenkanals, die dem Rennwagen noch mehr Kontur verleiht.
Der markante Einzug in der Dachmitte verringert die Stirnfläche des M4 und senkt den Luftwiderstand weiter. Aufgrund der flacher verlaufenden Heckscheibe wird der Heckflügel optimal angeströmt. Ein besonderes Detail sind schon beim Serienmodell die markanten Außenspiegel im Doppelfußdesign. Auch die Spiegel des M4 wurden für den Einsatz auf der Rennstrecke aerodynamisch optimiert, sodass sie die effiziente Führung des Luftstroms in Richtung Heck ideal unterstützen.
Leichtbau
Schon das M4-Coupe ist ein Paradebeispiel für intelligenten Leichtbau. Der Hochleistungs-Sportler bringt es auf ein Leergewicht von 1.497 Kilogramm - das sind 80 Kilogramm weniger als noch bei seinem Vorgänger. Diese Gewichtsersparnis wirkt sich positiv auf die Fahrdynamik und den Verbrauch aus. Möglich wurde dies durch den weitreichenden Einsatz von leichten Materialien wie kohlefaserverstärktem Kunststoff (CFK) und Aluminium.
Im Rennsport ist die Verwendung von Kohlefaser ebenfalls weit verbreitet. Nahezu die komplette Karosserie des M4 besteht aus diesem ultraleichten und verwindungssteifen Werkstoff. Die Gewichtsersparnis und die damit verbundene Absenkung des Schwerpunkts sind maßgeblich für die Performance des Fahrzeugs auf der Rennstrecke. Das Gewicht des M4 inklusive Fahrer liegt bei 1.110 Kilogramm.
Sicherheit
Wie das M4-Coupe bietet auch die Rennversion ein Höchstmaß an Sicherheit. Über 50 der insgesamt mehr als 5.000 Teile, aus denen sich der DTM-M4 zusammensetzt, sind Einheitskomponenten, die in allen DTM-Fahrzeugen zum Einsatz kommen.
Eines davon ist das Kohlefaser-Monocoque, das in Sachen Sicherheit im Motorsport Maßstäbe setzt. Mit integriertem Tank, einem Stahlüberrollkäfig sowie zusätzlichen Crashelementen schützt es den Fahrer bei einem Unfall wirkungsvoll. Auch Bauteile wie Getriebe, Kupplung, Dämpfer und Heckflügel sind in allen DTM-Rennwagen baugleich. So ist auch sichergestellt, dass die Entwicklungskosten im Rahmen bleiben.
Motor
Der BMW-P66-Motor im M4 leistet mit den vom technischen Reglement definierten Luftmengen-Begrenzern circa 480 PS. Er setzt sich aus 800 verschiedenen Komponenten zusammen und besteht aus 3.900 Einzelteilen. Beim Design des DTM-Antriebs macht sich BMW das technologische Know-how der BMW-Group gleich in vielerlei Hinsicht zu Nutze. Die an das BMW-Werk Landshut angeschlossene High-Tech-Gießerei steuert wie auch bei der Fertigung des Sechszylinder-Reihenmotors für das M4-Coupe die großen Gussteile wie Zylinderkopf und Kurbelgehäuse bei.
Die Bearbeitung der Gussteile, ihre Beschichtung sowie die nötige Wärmebehandlung erfolgen bei den entsprechenden Fachabteilungen in München. Der BMW V8 für die DTM ist Sprinter und Dauerläufer zugleich. So bewältigt der M4 DTM die Beschleunigung von 0 auf 100 km/h in etwa drei Sekunden. Den acht BMW-Fahrzeugen stehen zehn Motoren für die gesamte Saison zur Verfügung. Zuverlässigkeit ist somit eine entscheidende Grundvoraussetzung für den Erfolg.
Kraftübertragung
Die Kraftübertragung erfolgt über ein sequenzielles Sechs-Gang-Sportgetriebe mit pneumatischer Betätigung via Schaltwippen am Lenkrad. Das Getriebe zählt zu den Einheitskomponenten, die von allen DTM-Herstellern verwendet werden. Es verfügt über elf Vorgelege-Übersetzungen, mit denen die Ingenieure und Fahrer beim Setup auf die jeweilige Strecke und die Motorencharakteristik reagieren können.
Lenkrad
Zusätzliche Statusanzeigen und eine individuelle Anordnung der Bedienelemente machen die Bedienung des Lenkrads im neuen M4 für den Fahrer noch komfortabler. Die einzelnen Knöpfe können je nach Wunsch des Piloten belegt werden. Wie beim Rennwagen lassen sich die Gänge auch beim M4-Coupe je nach Ausstattung mittels Schaltwippen am Lenkrad wechseln.
Licht
Sowohl im DTM-M4 als auch beim Serienmodell M4-Coupe können sich die Fahrer auf die Leistungsfähigkeit moderner LED-Scheinwerfer verlassen. Der Einsatz von Leuchtdioden (LED = Light Emitting Diodes; Anm. d. Red.) spart nicht nur Energie. Dank der deutlich kürzeren Reaktionszeit gegenüber herkömmlichen Glühlampen weiß der folgende Pilot früher, wenn ein Fahrer vor ihm verzögert. Und auf der Rennstrecke kommt es auf jeden Sekundenbruchteil an. Das von LEDs erzeugte Licht kommt zudem dem Sonnenlicht sehr nahe und ist damit für das Auge besonders angenehm.
Technische Daten des BMW M4 DTM
Chassis: CFK- Monocoque mit integrierter Tank und Stahlüberrollstruktur; CFK- Crashelemente seitlich; CFK- Crashelemente vorne und hinten
Länge/Breite/Höhe: 4.775 mm/1.950 mm/ca. 1.200 mm
Tankinhalt: 120 Liter
Motor: 90° V8-Saugmotor, 4 Ventile pro Zylinder, reglementbedingte Luftmengenbegrenzung auf 2 x 28,0mm
Hubraum: 4.000 ccm
Leistung: ca. 480 PS (mit Luftmengenbegrenzer per Reglement)
Max. Drehmoment: ca. 500 Nm
Motorsteuerung: Motorelektronik Bosch MS 5.1, zentrales Display
Getriebe: sequenzielles 6-Gang-Sportgetriebe, mit pneumatischer Betätigung über Schaltwippen am Lenkrad; 4-Scheiben-ZF Sachs-CFK-Kupplung; einstellbares Lamellen-Sperrdifferenzial
Vorderachse/Hinterachse: Doppelquerlenker-Achse mit Druckstreben und 6-fach verstellbaren Stoßdämpfern; H&R Schraubenfedern
Bremsen: hydraulische Zweikreisbremsanlage; Monoblock-Bremssättel aus Leichtmetall; innenbelüftete Kohlefaser-Bremsscheiben vorne und hinten; Bremskraftverteilung vom Fahrer stufenlos einstellbar; elektromagnetisches Startventil
Räder: Schmiedefelgen aus Aluminium; 18" x 12" vorn, 18" x 13" hinten
Reifen: Hankook; vorn: 300-680-18, hinten: 320-710-18