Die kurze Unbekannte Moskau: 'Youtube' hilft nicht

, 02.08.2013

Viele Piloten lernten den Moscow Raceway mit 'Youtube'-Videos - Reifenpartner Hankook rechnet mit wenig Verschleiß und viel Grip

Freitag in der DTM, das heißt für die Fahrer - bis auf ein kurzes Rollout - in der Saison 2013: Berufsverbot. Vor dem Freien Training sind die Piloten gespannt, was der Moscow Raceway zu bieten hat. Vielversprechend sieht die Bahn aus, da sind sich die Fahrer einig. "Und technisch sehr anspruchsvoll", meint Andy Priaulx über die 2555 Meter lange Kurzanbindung. Auf dieser Variante wird erstmals überhaupt ein Rennen ausgetragen.

Das schmeckt vielen Aktiven nicht, schließlich erinnert das Szenario an den ungeliebten Indy Circuit in Brands Hatch. "Ich wäre gerne auf der großen Schleife, das wäre sicher toller Rennsport", schwärmt Priaulx. Hinzu kommt, dass in der noch gänzlich jungfräulichen Kurve sechs - derjenigen, die die Abkürzung realisiert - eine besondere Unwegbarkeit lauert. Es gibt nämlich keine Randsteine. Allerdings sind die vielleicht auch gar nicht nötig: Es könnte sein, dass es Kurve nicht erfordert, den Scheitelpunkt zu treffen, sondern eher eine andere Linienwahl favorisiert. Trotzdem sagt Priaulx: "Das könnte spannend werden."

Informationen gesammelt haben die Stars mit unterschiedlichem Erfolg: "Ich habe mit Freunden aus der Renault-World-Series (WSbR, Anm. d. Red.) gesprochen, die mir gesagt haben, wie gut sie ist", berichtet deren Ex-Meister Robert Wickens. "Der Asphalt sieht sehr glatt aus mit Randsteinen, die für uns eigentlich keine Randsteine sind", beschreibt der Kanadier die sehr flachen Begrenzungen. Auch Filipe Albuquerque hat sich WSbR-Tipps geholt - und zwar bei Landsmann und Red-Bull-Junior Felix da Costa. Er findet: "Das wird bestimmt eine schwierige Aufgabe für die DTM."

Rundenzeiten unter Minutenmarke möglich

Der Audi-Pilot glaubt, dass Maßarbeit gefragt sein wird: "Die Strecke ist so glatt, dass man jeden Zentimeter ausnutzen muss. Wir werden die Ecken noch mehr auskratzen als die Formelfahrzeuge." Wie das geht, erfahren auch DTM-Stars im Internet. "Videospiele", lacht Wickens, "nein, ich habe bei 'Youtube' geschaut, aber nach zehn Minuten aufgegeben, weil ich nichts finden konnte." Schließlich wurde die Kurzanbindung ja noch gar nicht befahren. "Aber Mercedes macht schon eine gute Vorbereitung, da bin ich unbesorgt. Es wird im Qualifying keine Überraschungen mehr geben."

Priaulx war am heimischen Rechner offenbar erfolgreicher, ohne einen Informationsvorsprung gewonnen zu haben: "In den Videos sieht die Strecke sehr breit aus, im Simulator war sie dann eher schmal", wundert sich der Brite. Und auch bei den Rundenzeiten-Prognosen gibt es unterschiedliche Eindrücke: Während Wickens sie mit "eine Minute, plus minus zehn Sekunden" angibt, ist sich Albuquerque sicher: "57 Sekunden." Seine Hausaufgaben besser gemacht haben will Reifenpartner Hankook, der mit seinen Spezialisten am Donnerstag das erste Mal überhaupt vor Ort war.

Option-Reifen als Joker bei Regen?

Michael Eckert schätzt die Sache so ein: "Hoher mechanischer Grip, wenig Verschleiß", sagt der Chefingenieur über die Bahn, die ihn an Hockenheim mit weniger schnellen Kurven und an das Infield des Lausitzring erinnert. "Wir können also davon ausgehen, dass die Karkasse weniger belastet wird." Es gibt weitere Besonderheiten: Der für krasse Temperaturunterschiede von minus 30 bis plus 30 Grad Celsius konzipierte Asphalt trocknet bei Regen sehr schnell ab und führt wenig Wasser.

"Der Option-Reifen sollte sich also auch im Feuchten gut fahren lassen", so Eckert. In der Tat ist mindestens für Samstagvormittag Niederschlag angekündigt, weitere Prognosen beschreiben sogar mehrere Schauer im Verlaufe des Wochenendes. Hankook rechnet mit einem Delta von rund einer halben Sekunden zwischen den beiden Mischungen, was in Anbetracht der relativen Streckenkürze ein Wert ist, der dem Lastenheft der DTM entspricht. Nur wer aber am Sonntagnachmittag die Nase vorne hat, bliebt für alle ein Rätsel.

Auf sich selbst würde der neuerdings Wickens allerdings nicht wetten, wenn er an das Urteil seiner Pauker denkt: "Gut im Lernen? Meine Lehrer in der Schule haben etwas anderes gesagt", schmunzelt der neuerdings wieder sieglose Mercedes-Star. In Anbetracht des scheinbar ständig wechselnden Kräfteverhältnisses in der DTM und des ohnehin schon dichten Fahrerfeldes, das oft nur Wimpernschläge voneinander trennen, hält sich auch Priaulx lieber bedeckt: "Um irgendein Resultat vorherzusagen, müsste man schon sehr mutig sein."

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