Schadet die politische Korrektheit der DTM? Viele Experten sind der Meinung, dass die Piloten häufiger einmal den Mund aufmachen und zu ihrer Meinung stehen sollen
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Die Suche nach "echten Typen" ist heutzutage im Motorsport an allen Ecken und Enden ein Thema. Viele Zuschauer sind der Ansicht, dass es nicht nur der DTM an Charakteren mit Wiedererkennungswert mangelt, sondern beispielsweise auch der Formel 1. Viele Fahrer scheinen sich häufig nicht mehr zu trauen, ihre eigene Meinung zu vertreten. Stattdessen erzählen die Piloten vor dem TV-Kameras und Mikrofonen nur noch das, was der jeweilige Arbeitgeber gerne hören möchte.
Diese politische Korrektheit kommt - besonders bei den echten Petrolheads - gar nicht gut an. Sie wünschen sich Fahrer, die offen und ehrlich ihre Meinung sagen - und dabei gerne auch einmal etwas über die Strenge schlangen. "Die DTM braucht Typen, die mal den Mund aufmachen und sagen, was Sache ist. Was die DTM noch viel mehr braucht, sind Emotionen", stellt Christina Surer bei 'Sport1' klar.
"Das ist in der Formel 1 ein Thema wie auch in der DTM. Und in letzter Zeit gab es einige verbale Entgleisungen einiger Fahrer. Das gefällt den Fans auf jeden Fall. Es muss natürlich schon noch ein gewisses Niveau haben. Aber es braucht Typen, wo es mal richtig kracht und der Kragen platzt, wo es den Fans Spaß macht, zuzuschauen", so die Schweizerin, die damit vielen Zuschauern aus der Seele spricht.
Lob für Ekströms Offenheit
Als Positivbeispiel ist in dieser Hinsicht ganz sicher Mattias Ekström zu sehen. Der Schwede eckt immer wieder an - auf und abseits der Strecke. In diesem Jahr geriert der Audi-Pilot unter anderem mit Maximilian Götz und Christian Vietoris aneinander. Das kommt natürlich nicht bei allen gut an, doch Ekström produziert durch sein Verhalten die interessanten Geschichten, die sonst häufig fehlen.
"Die DTM braucht Typen wie 'Eki'. Am besten noch zehn weitere", lobt Klaus Ludwig daher. Ekström selbst erklärt: "Wir kämpfen mit den Waffen, die wir haben. Da sind Emotionen dabei. Würde man den Adrenalinspiegel messen, bin ich wohl einer von denen, die am meisten haben. Ich finde das normal im Sport. Jeder will gewinnen und Emotionen gehören dazu."
"Ich denke, es zeigt, dass die Jungs emotionale Typen sind", erklärt BMW-Motorsportdirektor Jens Marquardt, der in diesem Zusammenhang auch die Bedeutung der sozialen Medien hervorhebt: "Mit den neuen Medien lässt sich einiges machen. Und wenn die Jungs sich damit neben der Strecke noch ein bisschen kabbeln, dann ist das nicht schlecht für die DTM."
Emotionen das "Salz in der Suppe"
"Es muss ein gewisses Niveau gehalten werden, da gebe ich Christina Recht. Aber über die neuen Kanäle geht das auch relativ schnell", so Marquardt. "Wir haben gesagt, wir wollen die Typen in der DTM mehr fördern - und dass wir nicht nur den Kampf auf der Strecke, sondern auch neben der Strecke fördern wollen", erinnert Mercedes-DTM-Teamchef Uli Fritz.
"Die Jungs nehmen das wahr. Ich finde es schön, mir das anzuschauen. Das gibt dem ganzen einfach Salz und Pfeffer und die Suppe. Von daher denke ich, dass dies der richtige Weg ist", sagt Fritz und Ludwig appelliert: "Wir wollen keine Billardspiele sehen. Wir wollen Motorsport sehen. Und Motorsport muss eben ein bisschen rauer sein als zum Beispiels Billard."
Es bleibt abzuwarten, wie "mutig" die DTM-Piloten 2017 sein werden. Auffällig: In diesem Jahr äußerten beispielsweise Martin Tomczyk, Timo Scheider und zuletzt auch Adrien Tambay Kritik an der Serie - allerdings erst nachdem bereits feststand, dass sie im kommenden Jahr kein Cockpit mehr bekommen werden. Dass sich aktive Fahrer kritisch äußern, ist weiterhin eine Seltenheit.