Fair oder nicht? Die Zwei-Sekunden-Strafe in der Kritik

, 15.06.2014

Wer zu viel über die Randsteine räubert, muss um zwei Sekunden verlangsamen: Die DTM-Piloten sind keine Fans dieser Regelung, die ihnen zu "schwammig" ist

Einmal über den Streckenrand hinausfahren, das ist noch in Ordnung. Doch beim zweiten Mal sieht sich die Rennleitung zum Handeln gezwungen. Denn wer sich einen Vorteil verschafft, indem er mit allen Rädern über die weiße Linie hinausfährt, der muss dafür büßen. In der DTM bedeutet das: Im Vergleich zur vorherigen Runde muss der betreffende Fahrer um zwei Sekunden verlangsamen.

Und wie genau muss man sich das vorstellen? Timo Glock (MTEK-BMW) erklärt, was dabei im Cockpit vor sich geht: "Du hast deine Rundenzeit auf dem Display und hast dort auch die vorherige Rundenzeit. Auf diese Zeit musst du zwei Sekunden verlieren. Du siehst die Differenz zur vorherigen Runde und kannst anhand dessen relativ einfach abschätzen oder steuern, wie du verlangsamen musst."

Zwei Sekunden - was bei geringen Abständen in der DTM auch einen Positionsverlust bedeuten könnte. Edoardo Mortara hat eben diesen am Hungaroring umgangen und damit auch die Strafe ad absurdum geführt: Er "bummelte" einfach nur, verlangsamte so um zwei Sekunden, hielt im direkten Duell aber Glock auf Distanz. Der kam als Hintermann nicht vorbei, obwohl Mortara nicht voll fuhr.

Stimmt das Verhältnis zwischen Vergehen und Strafe?

Klingt seltsam? Ist aber so! Und daran stört sich auch Glock. "Ich meine: Es ist unfair, wenn sich jemand behauptet, weil er zweimal über den Streckenrand hinausfährt. Dann muss er zwar zwei Sekunden langsamer fahren, hat aber die Möglichkeit, alle anderen zu blockieren. Das kann nicht Sinn der Regeln sein", meint der deutsche Rennfahrer. Einen Verbesserungsvorschlag habe er aber nicht.

Jamie Green (Rosberg-Audi) pflichtet seinem DTM-Konkurrenten bei. Denn auch er hat am Hungaroring eine solche Strafe kassiert und "abgesessen". Seine Erfahrung: "Ich habe es auf der Geraden gemacht. Ich musste abbremsen, um die Zeit zurückzugeben. Da muss man sich also sicherlich Gedanken machen", so der Brite. Solche Vorgänge seien schließlich auch gefährlich.

"Die Frage ist auch", meint Glock, "ob das Verhältnis zwischen Vergehen und Strafe stimmt." Laut Green stimmt das Verhältnis eben nicht. Er sagt: "Zwei Sekunden sind etwas zu viel. Das ist schon ärgerlich. Denn in jeder Runde fährst du wie ein Irrer, um ein, zwei Zehntelsekunden zu gewinnen. Und dann kommst du mal etwas zu weit über eine Linie hinaus und musst gleich zwei Sekunden zurückgeben."

Überfahren des Streckenrands: ein "DTM-Problem"?

"Durch das Vergehen an sich hast du halt keine zwei Sekunden gewonnen. Sicher nicht", erklärt der langjährige DTM-Pilot und fügt hinzu: "Es sind Zehntel, wenn überhaupt. Manchmal fährst du ja über Kunstrasen und verlierst dann sogar an Grip. Das ist also schon eine sehr ärgerliche Regel. Die Sache an sich ist allerdings sinnvoll. Es sollte ein Streckenlimit geben, an das sich alle halten müssen."

Das Strafmaß und dessen Umsetzung stehe jedoch zur Debatte, sagt Green und nennt ein Beispiel: "Bei einer gelben Flagge, wo Menschen auf der Strecke sein könnten, musst du um 0,5 Sekunden verlangsamen. In einer solchen Situation ist diese halbe Sekunde ausreichend. Weshalb also zwei Sekunden, wenn du die Strecke verlässt? Für beides wäre eine halbe Sekunde angemessen und sinnvoll."

Doch mit den Regeln ist es wie mit dem Überfahren der weißen Linien am Streckenrand: nicht ganz ideal. Das empfindet zumindest Glock so. Er meint: "In der DTM tut man sich generell schwer, diese Regelung einzuhalten. Ich glaube, es gibt wenige Rennserien, die da so viele Probleme haben wie wir. An was das liegt? Das kann ich nicht sagen. Ich weiß es nicht. Aber diese Regel ist zu diskutieren."

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