Im Interview spricht Mercedes-Fahrer Gary Paffett über die DTM-Saison 2015, seine persönlichen Ziele und auch über das neue Rennformat mit zwei Läufen
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So wenige Punkte wie 2014 hat Gary Paffett in seiner DTM-Karriere noch nie eingefahren. Doch der britische Mercedes-Pilot hat Anlass zur Hoffnung, dass in der DTM-Saison 2015 alles besser wird. Im Interview mit 'Motorsport-Total.com' schildert Paffett, wie er sich auf das neue Rennjahr vorbereitet hat und wie sich die Zusammenarbeit mit seinem französischen Team ART anlässt. Außerdem erklärt der frühere DTM-Champion, dass er einiges vom neuen Rennformat der Rennserie erwartet.
Frage: "Gary, was hast du seit dem DTM-Saisonfinale 2014 in Hockenheim gemacht?"
Gary Paffett: "Ziemlich viel. Es war eine lange Zeit. Als erstes haben wir uns angeschaut, wo wir als Team und Hersteller stehen und wo wir hinwollen. Wir hatten im vergangenen Jahr eine sehr schwierige Situation, haben das Team umgestellt und das Auto modifiziert. All dies während der Saison zu machen, war nicht einfach. Es war schwierig, alles im Blick zu haben."
"Im Winter ging es daher darum, die internen Umstrukturierungen weiter voranzutreiben. Alles mit dem Ziel, in diesem Jahr zurückzuschlagen, indem wir konkurrenzfähig sind. Ich persönlich habe im Winter etwas Abstand gewonnen und konnte auf meine Leistung zurückschauen. Ich habe mir die Bereiche angeschaut, in denen ich mich steigern kann. Ansonsten hatte ich das übliche Programm für die Winterpause, habe mich also körperlich und geistig auf die Saison vorbereitet und viel trainiert."
Frage: "Wie sieht ein typischer Trainingstag in der Winterpause aus?"
Paffett: "Das ist ganz unterschiedlich. Es kommt auf die Art des Trainings an. Ein zentraler Punkt für mich ist Kardiotraining. Ich sitze so oft auf dem Fahrrad, wie ich nur kann. Leider muss ich aufgrund des Wetters oft auf eine Indoor-Maschine umsteigen, was nicht ganz so toll ist."
"Ansonsten absolviere ich auch Einheiten auf einer Rudermaschine oder einem Crosstrainer. Und dann stehen noch Kraft- und Ausdauerübungen auf dem Programm - meist mit dem eigenen Körpergewicht. Du musst einfach genug Power haben, um das Auto zu fahren. Ein Rennen ist schließlich nicht nach der ersten Runde zu Ende."
Zwei Rennen, mehr Chancen, weniger Risiko?
Frage: "Musstest du dein Training umstellen, weil in der DTM künftig zwei Rennen pro Wochenende gefahren werden?"
Paffett: "Das körperlich anspruchsvollste an einem Rennwochenende war bisher immer das Rennen am Sonntag, einfach aufgrund der Länge."
"Weil wir nun mehr Einheiten auf der Strecke bestreiten, müssen wir Fahrer uns künftig besser erholen und frische Energie tanken, damit wir fit und bereit sind. In den vergangenen Jahren hatten wir dazu sehr viel Zeit, denn zwischen dem Qualifying am Samstag und dem Rennen am Sonntag gab es keine weitere Session. Da ist viel Zeit zum Erholen. Diese Zeit ist nun wesentlich kürzer. Damit muss man sich ganz sicher auseinandersetzen."
Frage: "Und was hältst du vom neuen Rennformat mit zwei Läufen pro Wochenende?"
Paffett: "Ich halte es für eine großartige Idee. Leider kam ich erst in die DTM, nachdem die Rennserie schon auf ein Rennen pro Wochenende umgestellt hatte. Ich habe hier also noch nie zwei Rennen an einem Wochenende bestritten."
"In den vergangenen Jahren bestand die Schwierigkeit in der DTM darin, dass du nur zehn Saisonrennen hattest. Ein schlechtes Rennen hatte zur Folge, dass ein Zehntel deiner Chancen dahin war. Es war unheimlich schwierig, das zu kompensieren. Jetzt stehen 18 Rennen auf dem Programm. Damit hast du 18 Gelegenheiten, Punkte zu sammeln. Jeder hat also mehr Chancen. Und das ist nicht nur gut für uns Fahrer, sondern auch für die Zuschauer. Dadurch wird die ganze Show attraktiver."
"Wir dürfen ja nicht vergessen: Ohne die Fans wären wir nicht hier. Wir müssen einfach schauen, dass sie ihren Spaß haben an der DTM. Und allzu viel haben wir ihnen zuletzt nicht geboten. Ein bisschen Testen am Samstag, dazu das Qualifying, dann nichts mehr bis zum Rennen am Sonntag. Die Fans sehen die Autos ab 2015 aber deutlich öfter auf der Strecke. Das wollen sie. Deshalb halte ich es für eine tolle Änderung."
Das französische Team spricht Englisch
Frage: "Du hast dein neues Team ART schon besucht. Wie war dein erster Eindruck?"
Paffett: "Nun, ich habe dabei nicht meinen ersten Eindruck gewonnen. Ich kenne ART und Frederic Vasseur sehr gut, auch wenn ich bisher nie in einem ihrer Autos gefahren bin. Als ich in der Formel 3 fuhr, waren sie noch nicht in dieser Rennserie engagiert."
"Frederic und das Team hatten schon viele Erfolge in den unterschiedlichsten Meisterschaften. Ich war nun auch erstmals bei ihnen im Workshop. Sie haben eine tolle Anlage und sind ebenso gut aufgestellt wie viele andere Rennställe. Die Jungs und die Ingenieure sind sehr motiviert. Die Vorfreude wächst. Auch bei mir. Und ich freue mich sehr darüber, 2015 für ART fahren zu können."
"Vor uns liegt eine großartige Saison, wenngleich das Team natürlich einiges lernen muss. Sie haben bisher noch nie ein DTM-Auto eingesetzt. Deshalb geht es für sie erst einmal darum, zu lernen, wie man das macht. Ab dem zweiten Test sollte es uns aber gelingen, mehr und mehr Leistung aus dem Auto herauszuholen."
Frage: "Sprichst du eigentlich Französisch oder ist das komplett neu für dich?"
Paffett: "Nein. In der Schule hatte ich mal Französisch. Im Klassenzimmer habe ich es auch gesprochen, aber seither eigentlich gar nicht mehr. Ich weiß aber: Die Jungs an meinem Auto sprechen alle Englisch. Das wird also funktionieren."
"Und ich kann ja versuchen, ein paar Worte zu lernen, damit ich mich gut mit den Mechanikern verständigen kann. Es ist aber keine Sprache, die ich fließend beherrsche. Meine Kids lernen aber Französisch in der Schule. Vielleicht können sie mir ein bisschen behilflich sein."
Rennen gewinnen - aber wann?
Frage: "Was können wir von dir und Mercedes in der DTM-Saison 2015 erwarten?"
Paffett: "Das ist immer eine schwierige Frage. Es ist so eng in der DTM. Aber wir können definitiv mehr erwarten als im vergangenen Jahr. Ich habe keinen Zweifel daran, dass wir deutlich besser dastehen werden als 2014. Ob wir gleich von Beginn an Rennen gewinnen können, weiß ich nicht."
"Wir wollen aber konkurrenzfähig sein. Wenn uns das gelingt, dann geben wir uns selbst die Chance, unsere Ziele zu erreichen. Eine Vorhersage ist in der DTM aber sehr schwierig zu treffen. Die Rennserie ist ungeheuer umkämpft. Und wir sind noch nicht ganz so weit. Wir haben Veränderungen vorgenommen und Fortschritte gemacht, was uns konkurrenzfähig machen sollte."
"Wir werden aber nicht kilometerweit vor Audi und BMW liegen. Das geht nicht. Das braucht man sich gar nicht erst einreden. Wir wollen aber alsbald um den Sieg kämpfen. Wenn mehr drin ist, umso besser. Das wäre ein Bonus. Das Ziel lautet daher, dass wir uns selbst die Chance geben, vorn an der Spitze mitzukämpfen."
Frage: "Und wie lauten deine persönlichen Ziele?"
Paffett: "Ich will bester Mercedes-Fahrer sein. Das ist das Ziel und das muss auch immer das Ziel sein. Du willst besser sein als deine Markenkollegen. Wir sind aber ein Team und arbeiten alle zusammen. Das ist uns wichtig. Und wo wir am Ende ankommen, das wird sich zeigen. Natürlich ist es mein Ziel, DTM-Champion 2015 zu werden. Das wäre das ideale Ergebnis. Aber noch ist es viel zu früh, um überhaupt ein Ziel zu formulieren."