Hinter Mattias Ekströms spitzbübischen Auftreten steckt eine Menge Taktik - Hinter den Kameras beschreibt sich der Schwede als ganz anderen Menschen
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Mattias Ekström drückt der DTM seit 16 Jahren nicht nur auf der Strecke seinen Stempel auf. Der Schwede ist auch für sein freundliches, unterhaltsames und manchmal auch ein wenig freches Auftreten im Fahrerlager bekannt. Der 39-Jährige scheint immer einen flotten Spruch auf den Lippen zu haben. Das liegt zu einem sicherlich an seinem sonnigen Gemüt. Aber es steckt auch eine Menge Taktik dahinter.
"Ich mag es ein wenig, der Spitzbube zu sein", verrät er gegenüber 'Bayern 3'. "Ich mag unseren Sport so sehr, weil es dabei um Mann gegen Mann geht. Da gehören eine gewisse Taktik und ein paar strategische Sachen dazu. Man will ja den Gegner schlagen."
Seine zwei DTM-Titel und den stetigen Kampf um die Spitzenplätze hat sich Ekström nicht nur damit erarbeitet, dass er sich nur auf sich selbst konzentriert hat - im Gegenteil: Die Rivalen-Beobachtung hat er sich schon von anderen abgeschaut.
"Ich habe vor Kurzem eine Dokumentation über den schwedischen Tennisspieler Mats Wilander gesehen", erklärt er- "Er ist einer meiner großen Kindheitsidole. Er hat gesagt, dass er sicher ein großes Talent für Tennis hatte. Aber, ähnlich wie ich, behauptet er, kein Ausnahmetalent gewesen zu sein. Er war nur gut darin, seine Gegner zu beurteilen."
Und wer auf die Feinheiten achten, der erkennt auch, wen Ekström gerade zu foppen versucht. "Diejenigen, die fair sind und die einen gewissen Stil haben, zeige ich auch Anerkennung", betont er. "Solche Leute mag ich und ich lasse sie dann auch in Ruhe. Vor allem im Rennzustand kann man die Leute aber ein bisschen aufjagen. Das war mein ganzes Leben so."
"Ich muss sagen, ich kenne nur wenige, die größere Schlitzohren sind", schmunzelt Ekström und verrät, warum es sich außerdem lohnt, mit einem Lächeln an die Arbeit zu gehen:
"Viele fragen mich: 'Ich möchte auch Rennfahrer sein - was muss ich dafür tun'. Schnell zu Fahren ist natürlich die Basis. Wenn du nicht schnell bist und kein Gefühl dafür hast, wird das nichts. Motorsport bedeutete für mich immer ein Genuss für den Fahrer. Aber der Motorsport ist auch dahingekommen, extrem teuer zu sein. Und die Unterhaltung für den Fan war schon immer wichtig."
Ekström Patentrezept daher: "Ich finde, jede Fahrer muss sich da auch irgendwie erklären können. Ich mag es, meine Gefühle und meine Gedanken zu teilen. Es ist die einzige Chance, dass die Fans mitbekommen, was in meinem Kopf vorgeht. Statt nur im Auto immer Vollgas zu geben, kann man auch mal einen Witz machen. Dann sagen die Leute: 'Okay, du bist nett, du bist schnell und du bist ein kleines Schlitzohr'. Und damit unterhalte ich viel mehr Menschen als jemand, der scheu ist und gar nichts sagt."
Und doch kann Ekström auch anders: "Ich versuche nicht, den Kasper vor der Kamera zu spielen. Ich bin auch hinter Kamera so. Aber wenn es ernst wird, was zum Beispiel die Autoentwicklung betrifft, dann gibt es auch eine andere Person, die sich wahrscheinlich nie der Öffentlichkeit zeigen wird. Da kommt der ehrgeizige Sportler durch, der Technik liebt und eine gewisse Ordnung will. Keiner interessiert sich dafür, wie ein langweiliger Arbeitstag in deinem Leben ist. Die Menschen interessiert das Außergewöhnliche."
"Ich glaube, eine gewisse Gelassenheit macht das Leben auch etwas leichter", beschreibt der Vizemeister 2017. "Aber klar, wenn ich den Helm aufsetze und das Rennen losgeht, dann bin ich schon ein bisschen anders. Ohne Helm versuche ich so gelassen wie möglich zu sein. Wen ich aber anfange, die Ohrenstöpsel in die Ohren zu drücke, den Helm aufsetze und ins Auto steige, dann habe ich so zwischen drei und sechs Minuten Zeit. Wenn da einer vorbeikommt und mir noch alles Gute wünschen will - dann bin ich nicht mehr so sozial."
Ekström gibt zu, sich den deutschen Humor erst erarbeitet haben zu müssen - schwedische Witze würden ihm noch leichter fallen und die könne man selten wortwörtlich übersetzen. Aber neben der Konkurrenz-Schwächung und der Unterhaltung für die Fans ist ihm eine positive Einstellung auch noch aus einem dritten Grund wichtig:
"Ich mag es, wenn Menschen glücklich sind. Schaue in die Augen - egal von wem: einem Arbeitskollegen oder Familie oder Freunde - wenn jemand glücklich ist, siehst du es in den Augen. Ich mag es, den Menschen etwas zu geben. Freude hat für mich einen größeren Wert als Geld. Wenn man das mit der Arbeit oder dem Hobby verbinden kann, hat man davon mehr im Leben. Ich glaube, jeder, der glücklich ist, ist auch mit selbst zufrieden."
Und irgendwann muss der Spitzbube seinen Schalk auch nicht mehr gegen die Rivalen einsetzen: "An dem Tag, an dem ich aufhöre, Rennen zu fahren, wäre das auch schön, weil ich die Leute nicht mehr ärgern müsste. Im Privatleben habe ich da eigentlich keine Lust drauf."