DMSB-Präsident Hans-Joachim Stuck über gemeinsame Schritte mit Gerhard Berger in der DTM und Hoffnungen für die Zukunft: Sensorik soll raus, Hersteller rein
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In der DTM herrscht seit Beginn der Saison 2017 trotz des angekündigten Rückzugs von Mercedes eine neue Aufbruchstimmung. Seit der Übernahme des ITR-Vorsitzes durch Gerhard Berger weht in der Szene ein neuer Wind. Unter der Leitung des Österreichers wurden bereits zahlreiche Neuerungen umgesetzt, im harten Kampf gegen die Interessen der Hersteller schaffte man die umstrittenen Performance-Gewichte endlich ab.
"Perfekt, wie der Gerhard das macht", sagt DMSB-Präsident Hand-Joachim Stuck im Gespräch mit 'Motorsport-Total.com'. Die beiden ehemaligen Formel-1-Piloten ziehen oft an einem Strang. "Wir sind ja Nachbarn, wir wohnen nur fünf Kilometer auseinander. Wir haben etliche Dinge schon auf der Skihütte besprochen und dann auch durchgeführt. Gerade in der Umsetzung ist der Gerhard perfekt. Er ist unabhängig, geradeaus und er ist eine coole Sau", meint "Strietzel".
"Der Vorteil für mich ganz besonders ist, dass der Gerhard mit seinen Mitteln den DMSB mit seinen Strukturen sehr unterstützen kann. Er schafft es, den notwendigen Druck auf die Hersteller auszuüben, was vorher nicht der Fall war", so Stuck zur diesjährigen Zusammenarbeit mit dem neuen ITR-Chef. "Beispiel Funkverbot und Gewichte: Das saßen wir stundenlang in Meetings mit DMSB und Herstellern. Da sagt der Gerhard plötzlich, dass alle vom DMSB mal rausgehen sollen."
Wenn sich Berger die Hersteller schnappt
"Dann hat er mit den Herstellern allein gesprochen und zehn Minuten später war das Thema erledigt. Ist doch gut, hilft uns auch. Wir sind doch alle Racer und wissen, um was es geht", erkennt Stuck die Methoden von Berger an. Unter der Hoheit des DMSB, dessen Präsident Stuck ist, gilt die DTM als größte und bekannteste Rennserie. Da der Abschied von Mercedes zum Ende der Saison 2018 unabwendbar erscheint, gilt es nun wichtige Grundlagen für die Zukunft zu legen.
"Mit dem neuen Reglement ist alles angerichtet. Jetzt stellt sich die ganz entscheidende Frage: Macht ein dritter Hersteller mit? Das ist momentan der kritische Punkt", meint Stuck angesichts der wohl unbestrittenen Tatsache, dass es eine DTM mit nur zwei Hersteller wohl kaum noch einmal geben wird. "Das Pendel schwenkt im Augenblick ein bisschen in die Richtung, dass dieser dritte Hersteller tatsächlich kommt. Drücken wir bitte alle die Daumen."
"Kommt die dritte Marke, dann wird es gut. Kommt keiner, dann wird es schwierig", stellt der 66-Jährige klar. Derzeit versucht man einen der japanischen GT-500-Hersteller (Honda, Lexus, Nissan) oder eine italienische Marke von einem DTM-Engagement zu überzeugen. "Wenn das klappt, ist die Grundlage eine ganz andere. Dann können wir reden mit weiteren, fern ab von Gewichten oder Flügel aufmachen und diesem Blödsinn, den keiner braucht. Dann kann es eine gute Tourenwagen-Serie werden."
Den neuen Machern der DTM schweben wichtige Veränderungen vor. Teils sind die Pläne an neuen Technologien orientiert, teils aber genau in die Gegenrichtung. Vor allem im Bereich der Sensorik sind die Hersteller nach Ansicht vieler Beobachter viel zu weit gegangen. Die Begrenzung des Personals an den Rennstrecken wirkt sich kaum kostensparend aus, solange in den Motorsportzentralen in Neuburg, München oder Stuttgart an jedem Wochenende 20 oder mehr Ingenieure an Datenauswertungen und Simulationen sitzen.
Fahrer soll in den Fokus, Privatteams in die Szene
"Das Thema Abschaffung Sensorik in der DTM ist grundsätzlich richtig. Ob wir das vollumfänglich hinbekommen, weiß ich nicht. Das müssen wir schauen. Wir sind halt im hochklassigen Motorsport. Man kann nicht einfach von Topniveau auf Steinzeit zurückgehen", sagt Stuck. "Aber: Warum ist ein 'Rocky' mal vorn und mal hinten? Weil er sagt, dass seine - Entschuldigung - Scheißkarre vom Werk abgestimmt ist und es ihm nicht passt. Dann kann er nichts machen."
"Der Grundtenor muss sein, dass der Fahrer mehr Einfluss auf den Sieg hat. Das muss es sein", appelliert der DMSB-Boss. Neben Fahrern sollen auch die Teams wieder mehr das Sagen haben. Die Rückkehr zu Privatmannschaften ist der große Traum, um die Politik in der DTM auf ein geringes Maß zu reduzieren. "Wir würden uns wünschen, dass Privatteams dann Autos von Herstellern bekommen und daran auch etwas daran machen können. Das wäre der Wunsch. Mal sehen, ob und wie wir das hinbekommen", sagt Stuck.
"Die Hersteller müssen mal kapieren, dass nicht jedes Mal der gleiche gewinnen kann. Da müssen die Marketingleute mal aufhören damit, ihren Vorständen zu erklären, dass man dieses Jahr natürlich gewinnt", nennt die deutsche Motorsportlegende die Grundlage für ein verändertes Denken in der DTM. Dies könne unter Führung von Gerhard Berger gelingen. "Aufrecht ... alles gut, alles schön. Aber es war Zeit, dass mal frischer Wind kommt. Und der bläst halt jetzt anders", sagt Stuck.