Das leidige Thema Performance-Gewichte steht am Donnerstag bei einer Tagung der DTM-Kommission auf der Agenda, dürfte aber kaum gelöst werden
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Durch den angekündigten Mercedes-Ausstieg aus der DTM Ende 2018 ist ein Dauerthema in dieser Saison fast völlig in Vergessenheit geraten: Der Streit um die Performance-Gewichte. Und dabei ist (leider) keine Einigung in Sicht! Dabei hat diese Diskussion wohl auch dazu beigetragen, dass sich Mercedes aus der DTM verabschiedet. "Es hat sicher nicht geholfen, dass seit mehreren Rennen hauptsächlich über Performance-Gewichte diskutiert wird und der Sport in den Hintergrund tritt", wird Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff in der 'HAZ' zitiert.
Die Performance-Gewichte, deren umstrittene Verteilung (zuletzt sollte sogar ein Zufallssystem in einer Art Lotterie darüber entscheiden) für noch mehr Ausgeglichenheit unter den drei Herstellern Audi, BMW und Mercedes sorgen sollen, haben genau das Gegenteil bewirkt, nämlich Streit. Auch Wolffs Vorgänger, der heutige ARD-Motorsport-Experte Norbert Haug, hat sich in seiner Zeit als Mercedes-Motorsportchef gegen die Verwendung von Erfolgsballast ausgesprochen und kritisiert das Gewichtsthema auch heute noch.
Fakt ist: Nur BMW will die Performance-Gewichte nicht abschaffen, wie Motorsportdirektor Jens Marquardt der 'ARD' in Moskau mitgeteilt hat. Kurz vor seinem Interview mit dem Ersten waren seine beiden Schützlinge Tom Blomqvist und Bruno Spengler im Qualifying in die erste Startreihe gerast! Auch drei Wochen später will Marquardt nicht einlenken.
BMW will an Performance-Gewichten festhalten
"Wir haben vor der Saison gemeinsam eine Entscheidung für das noch laufende Jahr 2017 getroffen. Aber natürlich sind wir jederzeit dazu bereit zu diskutieren und zu analysieren, wie man das System optimieren und verbessern kann", sagt Marquardt auf Anfrage von 'Motorsport.Total.com'.
Inzwischen ist auch DTM-Chef Gerhard Berger genervt von der Debatte um die Performance-Gewichte. Der 'ARD' erklärte Berger in Moskau unmissverständlich, "dass dieser Sport, der sich als Profisport verkaufen will, mit Gewichten nicht funktioniert. Ich sage das seit dem ersten Rennen." Alle Veränderungen, die man vor Saisonbeginn vorgenommen hätte, würden greifen. "Wir haben den besten Motorsport. Eigentlich kann man keinen besseren bieten", meint Berger, der dabei auch an den Konsumenten denkt: "Das akzeptiert kein Fan. Da gibt es überhaupt keine Frage. Die Performance-Gewichte sind für die DTM so teuer, das kann man nicht mehr verantworten."
Am Ende des Tages würde der Fan die Antwort geben. "Wenn ich meinen Job nicht gut genug gemacht habe, dann lade ich den anderen halt ein wenig Gewicht auf. So kann man aber keinen Profisport verkaufen. Dann muss man sagen: Dann machen wir Demonstrationsfahrten", zeigt Berger völliges Unverständnis für das leidige Thema.
Hans-Joachim Stuck übt Kritik
Auch Hans-Joachim Stuck hat den Fehler mit dem Eingreifen des Deutschen Motor Sport Bundes (DMSB) eingesehen und angekündigt, dass endlich eine Lösung gefunden werden muss, die Performance-Gewichte abzuschaffen. "Der Fan will Rennfahrer sehen, die von der ersten bis zur letzten Minute Vollgas geben. Es ist unser gemeinsamer Job, dies zu ermöglichen", so der DMSB-Präsident, der nun mit den Herstellern, der DTM-Dachorganisation ITR und dem DMSB eine finale Lösung erarbeiten möchte.
Eine nochmalige Änderung des Systems halten Experten aber für eine Fehlentscheidung! Wer - außer Träumern - glaubt nach dem Desaster in Moskau denn jetzt wirklich noch an den goldenen Schuss? Der kann nur ein weiteres Mal nach hinten losgehen - und das wäre eine Bankrotterklärung für alle Beteiligten! Insofern darf man gespannt sein, was die DTM-Kommission, die am kommenden Donnerstag (17.8.) in München und damit nur einen Tag vor dem sechsten DTM-Event in Zandvoort tagt, entscheidet.
Sie besteht aus den Motorsportchefs der drei in der DTM vertretenen Hersteller, Dieter Gass (Audi), Jens Marquardt (BMW) und Toto Wolff (Mercedes), dem Vorstandsvorsitzenden des DTM-Rechteinhabers und -vermarkters ITR e.V, Gerhard Berger sowie DMSB-Ehrenpräsident Hermann Tomczyk, DMSB-Präsident Hans-Joachim Stuck, DMSB-Präsidiumsmitglied Dr. Gerd Ennser und Christian Schacht, dem Geschäftsführer der Deutschen Motorsport Wirtschaftsdienst GmbH.
Wir wagen vorab einen Blick in die Kristallkugel: Wie die Vergangenheit gezeigt hat, wird die DTM-Kommission keinen Antrag absegnen, der nicht einstimmig gestellt worden ist. Und das dürfte in diesem Tagesordnungspunkt der Fall sein. Will heißen: BMW will, wie Marquardt mehrfach betont hat, nicht auf die Performance-Gewichte verzichten. Was bleibt, ist so zu fahren wie zuletzt auf dem Norisring und Moscow Raceway oder der erneute Versuch einer "Gewichts-Lotterie" mit allerdings völlig unbekanntem Ausgang...