Vom Lausbub' zum Chorknaben? Farfus "vermisst nichts"

, 30.08.2012

Der BMW-Pilot plädiert enthusiastisch dafür, dass die DTM ein Rennen in Curitiba fährt, ist hellauf begeistert von der Serie und hofft auf seinen Verbleib

Augusto Farfus, Blechschäden und wütende Konkurrenten: In der Tourenwagen-Weltmeisterschaft (WTCC) gehörte zusammen wie Brasilien, Samba und die Copacabana. Die Nerven seines Teams RBM schonte der 29-Jährige in der DTM in den sieben Läufen 2012 deutlich mehr, den Biss hat Farfus aber nicht verloren. Im exklusiven Gespräch mit 'Motorsport-Total.com' erklärt der BMW-Pilot, wieso ihm sein Job trotzdem Spaß macht und was den Leser erwartet, der eine Taxifahrt mit ihm gewinnt .

Frage: "Augusto, es war bisher eine Saison mit Höhen und Tiefen. Bist du dennoch zufrieden mit deinem Premierenjahr in der DTM?"

Augusto Farfus: "Die Punkte, die ich auf dem Konto habe, spiegeln nicht wirklich unsere Leistungen wieder. Die Qualifikation in Zandvoort ist ein gutes Beispiel: Wir hätten unter den Top 10 stehen können, hatten aber Pech und es hat nicht geklappt (Die Strecke wurde in Q1 schneller, er fuhr keine schnelle Runde mehr musste von Rang 20 in das Rennen starten; Anm. d. Red.)."

Nur die Formel 1 ist noch professioneller

"Es gab viele solche Fälle, in denen entweder das Glück fehlte oder wir kleine Fehler gemacht haben. Trotzdem bin ich glücklich. Ich bin immer bei der Musik, gehe zuversichtlich in jedes Wochenende und liefere immer eine vernünftige Leistung ab. Daher sehe ich eine vielversprechende Zukunft für mich in der DTM. Ich will 2012 als Neuling so viel Erfahrung wie möglich sammeln, um dann um die ganz großen Resultate zu fahren."

Frage: "Ist die DTM so, wie du sie dir vorgestellt hast?"

Farfus: "Ja, es ist eine riesige Show mit großartigen Veranstaltungen. In Europa ist nur die Formel 1 eine noch größere Plattform - danach kommt die DTM als beste und professionellste Serie in diesem Geschäft."

Frage: "Vermisst du nicht die harten Zweikämpfe mit viel Feindkontakt, mit denen du dir in der WTCC einen Namen gemacht hast?"

Farfus: "Der Tourenwagen-Sport erlaubt es, härter zur Sache zu gehen und den Kontakt zu suchen. In der DTM ist das mit den Aerodynamikteilen, Windabweisern und Flügeln nicht möglich. Da gibt es zwei Seiten der Medaille: Einerseits ist die Serie Hightech pur, die Autos sind so verdammt schnell - da braucht es diese ganze Aerodynamik. In der WTCC war das Auto technisch weniger ausgefeilt, aber die Rennen waren dafür sehr viel härter."

Der M3 und Farfus - Liebe auf den ersten Gang

"Trotzdem gefällt mir die DTM und ich halte sie für den Weg, den es einzuschlagen gilt. Es gab in dieser Saison doch immer sehenswerte Rennen, die Boxenstopps machen strategische Finessen möglich. Ich weiß, dass hinter den Kulissen bereits an Dingen gearbeitet wird, die die Show verbessern sollen - das wird mit Sicherheit eine tolle Sache."

Frage: "Die Duelle, bei denen Spiegel an Spiegel und Stoßstange an Stoßstange gefahren wird, fehlen dir also nicht?"

Farfus: "Vielleicht ein bisschen, aber die Dinge liegen doch anders. Du kannst etwas aus dem Tourenwagen-Sport, aus dem Formelsport und aus der DTM ziehen und sagen: Das ist das Nonplusultra in Sachen Motorsport. Das ist aber schlichtweg unmöglich. Im Moment ist die DTM die beste Plattform und ich vermisse nichts. Ich brauche im Moment nicht die WTCC, keine andere Tourenwagen-Serie, keine Formelserie. Mir gefällt es, so, wie es ist."

Frage: "Musstest du deinen Fahrstil anpassen, als du zum ersten Mal das DTM-Auto gesteuert hast?"

Farfus: "Ja, in der Tat, aber es ging schnell und einfach. Die Wagen liegen mir, ich hatte sofort Vertrauen. Ich habe die erste Runde gefahren und schon war ich glücklich mit dem Auto."

Feuer und Flamme für Curitiba

Frage: "Wie gefallen dir die Strecken? Es haben dich ja einige neue Pisten erwartet."

Farfus: "Auf dem dem Norisring und dem Lausitzring bin ich zum ersten Mal gefahren. Was ich für eine tolle Sache halte: Einige Kurse sind ziemlich kurz und es werden sehr viele Runden gefahren. So können die Zuschauer das Auto öfter sehen. Überholen ist aber manchmal nicht einfach. Den Kalender finde ich gut, ich hoffe aber auf mehr Rennen im Ausland, auf der ganzen Welt. Wir könnten an jeder Rennstrecke Zuschauermassen anlocken."

Frage: "Auf der ganzen Welt - also auch in deinem Heimatland Brasilien?"

Farfus: "Ein Rennen in Interlagos oder in Curitiba? Das wäre großartig. Curitiba ist meine Heimatstadt, die Strecke ist mit 3,7 Kilometern Länge relativ kurz, da könnten wir mehr als 60 Runden fahren. Wenn ich mir das überlege, dann sollten wir unbedingt eine Kampagne starten: 'Bringt die DTM nach Curitiba!'."

"Meine Familie hat sogar den Organisatoren der WTCC bei der Ausrichtung des Rennens unter die Arme gegriffen, mit dem Bürgermeister gesprochen und sich um viele andere Dinge gekümmert.

Ein DTM-Rennen in Curitiba, das wäre wirklich ein Traum."

Verhandlungen über weitere DTM-Saison laufen

Frage: "Das würde für dich ein Heimspiel bedeuten. Gibt es da mehr Druck für einen Fahrer?"

Farfus: "Das ist schon schwierig, wenn man seine gesamte Familie und seine Freunde um sich herum hat, aber natürlich auch ein Ansporn. Dann könnte ich ihnen endlich zeigen, was ich eigentlich tue. Es gibt sonst keine Gelegenheit, dass sie nach Übersee kommen und sich die DTM aus der Nähe ansehen. In Europa sind nur meine Frau und meine Tochter Victoria immer mit dabei. Der Rest der Familie bleibt in Brasilien - sie kommen höchstens zu ein oder zwei Rennen im Jahr, weil sie arbeiten müssen und die Anreise verdammt lang ist."

Frage: "Du arbeitest schon seit über fünf Jahren mit Andy Priaulx zusammen. Wie ist euer Verhältnis?"

Farfus: "Ein toller Typ ist das, da könnte ich mir gar keinen besseren Teamkollegen wünschen. Wir sind gute Freunde, auch wenn es natürlich schwierig ist, weil wir immer das gleiche Ziel vor Augen haben."

Frage: "Das klingt, als wärest du glücklich in der DTM. Wir sehen dich also im kommenden Jahr wieder einen BMW M3 fahren?"

Farfus: "Ich hoffe es doch. Und was ich verraten kann: Es sieht tatsächlich gut aus."

Farfus, der Beifahrerschreck

Frage: "Die Leser von 'Motorsport-Total.com' können eine Taxifahrt beim Saisonfinale in Hockenheim gewinnen. Spielst du gerne den Chauffeur?"

Farfus: "Es ist toll, das Erlebnis mit einem Passagier teilen zu können. Das Auto von Außen zu sehen und es dann in Bewegung von Innen zu erleben - das sind zwei ganz verschiedene Welten. Wer immer das Glück hat, die Taxifahrt zu gewinnen, wird eine Erfahrung für's Leben machen. Ich habe schon Kunden meines Sponsors herumgefahren und sie waren begeistert, weil sie zum ersten Mal wirklich hautnah erleben konnten, was es bedeutet, ein Autorennfahrer zu sein."

Frage: "Die Taxifahrt findet in einem M3 GT3 statt, der fährt in Hockenheim wohl etwas langsamere Rundenzeiten als ein DTM-Auto, oder?"

Farfus (lacht): "Ich garantiere: Das ist immer noch schnell genug für jemanden, der nicht regelmäßig in einem Rennauto sitzt. Aber ich gebe schon Acht, keine Bange: Ich habe schließlich einen Gast, der auch Familie hat. Aber selbst wenn ich nur zu 80 Prozent am Limit fahre: Für den Beifahrer fühlt sich das an wie 200 Prozent. Obwohl ich immer vorsichtig und verantwortungsbewusst fahre, Angst haben sie dann doch immer."

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