Weniger Zuckerbrot, mehr Peitsche: Gass kritisiert Rennleitung

, 04.06.2013

Der Audi-Rennleiter nennt das Zurückpfeifen Mortaras in der Spielberg-Startrunde "falsch und inkonsequent", die neue Gelb-Regelung sogar gefährlich

Alle Jahre wieder ein Saisonstart, der nicht nach dem Geschmack Audis verläuft. Schuld daran sind nicht nur die ausbaufähigen Resultate der Ingolstädter, sondern auch die Sportkommissare. Jüngstes Beispiel Spielberg: Am Wochenende kassierten erst Mike Rockenfeller und Jamie Green fragwürdige Strafversetzungen wegen Missachtens gelber Flaggen im Freien Training, im Rennen musste dann Edoardo Mortara seinen Konkurrenten Marco Wittmann nach dem Überholen wieder ziehen lassen.

Dass das Ausweichen des Italieners in die Auslaufzone der Startkurve als illegale Vorteilsnahme gewertet wurde, ärgert Dieter Gass: "Es war eine klare Fehlentscheidung", stellt Audis Rennleiter gegenüber 'Motorsport-Total.con' klar und erklärt: "Edo war auch vor der Kurve vorne. Da kann man argumentieren, ob er genug versucht hat, um auf der Strecke zu bleiben, aber er hat nicht dadurch überholt." Hinzu kommt, dass die Rennleitung ähnlich wie in Hockenheim eine gesonderte Behandlung solcher Vorfälle in Kurve eins angekündigt hatte.

Davon war in der Causa Mortara auf dem Red Bull Ring allerdings nicht mehr die Rede. "So habe ich es auch im Kopf. Das macht nicht unbedingt verständlicher, was da passiert ist", wundert sich Gass und ist verärgert, wenn er auf den Vorfall zurückschaut: "Das ist grundsätzlich falsch und dann auch noch inkonsequent", kritisiert er die Rennleitung. Aber vielleicht gab es die avisierte Vorgehensweise am Sonntag ja bei anderen Piloten? Offenbar ist der Audi-Verantwortliche davon überzeugt.

Keine Kritik an Wittmann

"Wir sollten uns in Ruhe auf dem Video anschauen, was andere Fahrer in dieser Kurve fabriziert und sich effektiv einen Vorteil verschafft haben", argumentiert Gass, will aber keine Namen nennen. Dennoch muss in diesem Zusammenhang der von Gary Paffett fallen. Der Brite in Mercedes-Diensten hatte über die Außenbahn drei Konkurrenten passiert, war dafür aber nicht sanktioniert worden. In einer weiteren Angelegenheit, die in Spielberg die Gemüter und allen voran das Mortaras erhitzte, bleibt Gass zurückhaltend.

Nämlich, wenn es um Wittmanns Verteidigungsmanöver gegen den Rosberg-Piloten geht, dass der MTEK-Youngster nach dem ersten Boxenstopps fuhr. "Es ist Teil des Tourenwagen-Sports, dass es da auch mal einen Kontakt geben kann", zeigt sich Gass nachsichtig. Angesichts so viel Gesprächsbedarfs rückte beinahe in den Hintergrund, dass Audi schon am Samstag Opfer der Strafenkeule geworden war, weil Rockenfeller und Green im Freien Training nicht die vorgeschriebene, um eine halbe Sekunde langsamere Sektorzeit gefahren hatten, die seit dieser Saison bei gelben Flaggen vorgeschrieben ist.

Fahrer sind "sehr lernfähig"

Gass meint, mit der grundsätzlichen Idee hinter der schon im Vorfeld scharf kritisierten Regel einverstanden zu sein. Probleme sieht er allerdings, wenn etwa eine unterschiedliche Reifenwahl im Vergleich zur Referenzrunde es erlaubt, mit Vollgas an der Gefahrenstelle vorbeizufahren. Auch die Tatsache, dass die Piloten gezwungen sind, wegen den Zwischenzeiten auf ihr Display zu schauen, hält er für ein Risiko. "Mir fällt aber spontan keine bessere Lösung ein", unterstreicht der Audi-Verantwortliche die Schwierigkeit, die Problematik zu lösen.

Ein Blick auf die 24 Stunden vom Nürburgring könnte Abhilfe verschaffen, denn dort gilt der so genannte Code 60. Das heißt: Wo gelbe Flaggen geschwenkt werden, müssen alle Fahrzeuge auf 60 km/h verlangsamen, kontrolliert wird per GPS. Das würde auch verhindern, dass die Piloten einfach an einer für sie günstigen Stelle abbremsen, die aber gar nicht der Gefahrenpunkt ist. "Wir haben auch das in Brands Hatch gesehen. Es gibt Fahrer, die verlangsamen und andere, die dann direkt bei der grünen Flagge überholen. Das darf nicht sein", kritisiert Gass.

Das allerdings ließe sich mit überschaubarem Aufwand beheben, indem das Überholverbot unter Gelb einfach auf die folgende Kurve ausgedehnt wird. Dass das DTM-Reglement mittlerweile eine Dauerbaustelle ist, findet Gass nicht so tragisch: "Es ist ein kontinuierlicher Prozess." So kann er sich auch noch weitere Anpassungen vorstellen: "Da müssen wir eine Regel reinbringen, auch was die weißen Linien betrifft - dass die Rennstrecke dadurch definiert ist. "Ich würde mir ein härteres Durchgreifen für alle wünschen. Wenn die Fahrer merken, das sie bestraft werden, dann wird das nicht mehr passieren. Wir haben gesehen, dass sie da sehr lernfähig sind."

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