Zusatz-Homologierung: Das passiert hinter den Kulissen

, 02.06.2014

Warum die DTM-Autos noch einmal homologiert werden, weshalb vor allem Mercedes profitieren könnte und was alles von einem Meeting am Mittwoch abhängt

Der 29. Juni 2014 ist der nächste wichtige Termin im diesjährigen DTM-Kalender. Eigentlich. Dann wird am Norisring in Nürnberg der vierte Saisonlauf ausgetragen. Ebenfalls von großer Bedeutung ist aber das Datum, das nicht im öffentlichen Terminplan der Meisterschaft auftaucht. Denn am Mittwoch, dem 4. Juni 2014, stellt die DTM die Weichen für die kommenden Monate oder sogar Jahre.

Unmittelbar nach dem Rennwochenende in Budapest trifft sich die DTM-Kommission - bestehend aus den drei Automobil-Herstellern Audi, BMW und Mercedes sowie Vertretern vom DTM-Dachverband ITR und vom Deutschen Motor Sport Bund (DMSB) - zu einer richtungsweisenden Sitzung. Der größte Punkt auf der Tagesordnung: die zusätzliche Homologierung der aktuellen DTM-Fahrzeuge.

Die Rennwagen sind bereits vor dem Saisonstart, nämlich am 1. März 2014, zum ersten Mal in diesem Jahr homologiert worden. Am 2. Juni 2014 - heute - steht der zweite Termin an. Zu diesem Zweck wurden die Autos nach der Zieldurchfahrt am Hungaroring versiegelt. Entwickelt werden darf jetzt erst mal nichts mehr daran. Oder doch? Genau das ist Gegenstand des Treffens am Mittwoch.

Profitiert Mercedes von den "Nacharbeiten"?

Zumindest Mercedes täte es gut, sie könnten in den kommenden Wochen und Monaten weiter an ihren Fahrzeugen arbeiten. Doch auf die Zusatz-Homologierung angesprochen, gibt sich DTM-Leiter Wolfgang Schattling schmallippig: "Es gibt ein Datum für die Homologierung, das ist der 2. Juni. Da hat man die Möglichkeit, nachzuhomologieren. Darüber hinaus kann ich nichts sagen", meint er.

Seine Kollegen von Audi und BMW sind da schon auskunftsfreudiger. Und Audi-Teamchef Hans-Jürgen Abt versichert umgehend, dass es bei allen Homologierungs-Fragen nicht darum gehe, den hinterherfahrenden Mercedes-Autos eine Sonderstellung einzuräumen: "Das ist keine 'Lex Mercedes'. Es gibt kein Zugeständnis an Mercedes", sagt Abt. "Wenn etwas geändert wird, dann ist es für alle gleich."

Und das sei, so Abt weiter, auch das Ziel der Zusatz-Homologierung. "Wichtig ist für uns, dass alle auf dem gleichen Niveau Rennen fahren können. Deshalb wird aber niemand bevor- oder benachteiligt", meint er, betont aber auch: "Es gibt noch keine Entscheidung." Das heißt: Noch steht nicht fest, ob die Fahrzeuge final eingefroren werden, ob gewisse Maßnahmen erlaubt sind, wem und für wie lange all dies gilt.

Was beim Treffen herauskommt, ist offen

Deshalb ist es laut Audi-DTM-Leiter Dieter Gass müßig, sich schon jetzt den Kopf über mögliche Auswirkungen zu zerbrechen: "Über ungelegte Eier kann man nicht viel sagen. Hinterher kommt alles anders. Und solange der DMSB nicht einverstanden ist, gibt es ohnehin keine Entscheidung", erklärt Gass. "Es wird aber eine geben, doch die soll nicht durch öffentlichen Druck beeinflusst werden."

Verständigt habe man sich im DTM-Fahrerlager darauf, "dass eine Zusatz-Homologierung stattfinden soll", so Gass weiter. Diese Zusatz-Homologierung sei auch bereits definiert. "Sie ist nur noch nicht bestätigt", meint er. Also weiter warten auf Mittwoch und eine Verlautbarung der Beteiligten. Denn in ihrem Interesse liegt es, einen Wettkampf zu haben, bei dem alle drei Marken eine Rolle spielen.

Das ist 2014 bisher nicht der Fall. Denn Mercedes hinkt teilweise deutlich hinterher, hat schon zweimal nicht gepunktet. "So etwas kann es in einer Meisterschaft wie der DTM mit drei Herstellern natürlich immer geben", sagt Gass. Dadurch bestünde auch ein gewisses Risiko für die Rennserie. Auch deshalb werde man sich am Mittwoch zusammensetzen, um das weitere Vorgehen zu besprechen.

Es geht auch ums Geld

Dabei werden sich die Beteiligten aber nicht nur auf das aktuelle Kräfteverhältnis stützen, sondern auch einen Blick auf ihre Ausgaben werfen, wie BMW-Sportchef Jens Marquardt erklärt. Er fühlt sich dabei zurückerinnert an 2012: "Damals haben wir ein neues Reglement gemacht. Und schon damals war der Ansatz, dass alles sicher und spektakulär, aber eben auch bezahlbar sein muss", erklärt er.

Dieser Grundsatz gelte weiterhin. Und genau wie 2012, als man die Entwicklung der Fahrzeuge bis zum Saisonende 2013 eingefroren hat, will man auch jetzt einen ähnlichen Weg einschlagen. "Wir alle haben neue Autos entwickelt. Diese Fahrzeuge wurden vom Grundsatz her am 1. März homologiert", sagt Marquardt. Nun sei die Zeit gekommen, sich über die mittelfristige Zukunft der Autos zu unterhalten.

Marquardt erklärt: "Ab dem Spätsommer 2013 gab es die Diskussion, dass wir wieder eine längere Homologierung anstreben, um das Ganze vom Entwicklungsaufwand und von den Teilekosten im Rahmen zu halten. Darauf haben wir uns verständigt, und dazu wird es in der nächsten Woche das Meeting der DTM-Kommission geben. Dabei werden wir besprechen, wie es weitergehen soll."

Die aktuellen Fahrzeuge auch 2015 in der DTM?

Das Ergebnis dieser Besprechungen könnte lauten: Die Fahrzeuge werden in ihrer Entwicklung eingefroren und beispielsweise bis zum Saisonende 2015 in der DTM eingesetzt. Das würde den Herstellern erhebliche Kosten sparen. So ließen sich die Ausgaben "auf einem Niveau halten, dass wirklich alles zusammenpasst", meint Marquardt und fügt hinzu: "Der Plan dahin ist klar."

Und die Ausgangslage sei ebenfalls offensichtlich: "Anders als in der Formel 1 haben wir acht Autos pro Marke plus Ersatzteile und nicht nur zwei. Das ist schon ein Riesenfaktor. Deshalb ist es sinnvoll, sich dergleichen mit Bedacht anzuschauen. Es ist aber natürlich schwierig", sagt Marquardt, "wenn du drei Marken hast, ein Ungleichgewicht für zwei oder drei Jahre einzufrieren. Das ist keine triviale Sache."

Vielmehr sehe man sich einem "komplexen und nicht ganz einfachem Prozess" gegenüber, meint der BMW-Sportchef, rechnet aber mit einem Konsens: "Ich habe bisher noch nie einen Fall erlebt, in dem wir nicht zu einer für alle tragbaren Lösung gekommen wären. Da sehe ich also keinen Stolperstein. Kommen wir aber zu keinem Ergebnis, dann gibt es nichts. Dann haben wir ein Auto, das am 1. März homologiert wurde."

Fernziel 2017, aber wie passt das in den Plan?

Was aber nicht bedeuten würde, dass keine Weiterentwicklung stattfinden dürfte, wie Marquardt sagt. "Im Reglement gibt es einige Freiheiten, im Rahmen derer theoretisch weiterentwickelt werden könnte. Im Augenblick ist der Stand aber der, dass die Autos am 1. März homologiert wurden. Und am Mittwoch besteht die Möglichkeit, mit allen gemeinsam einen Modus zu finden, wie wir das weiterführen."

Mit dem bereits genannten Ziel, einen "Dämpfer" auf Seiten der Ausgaben einzuführen, so Marquardt weiter. "Da müssen wir uns aber erst einigen." Auch über den angesprochenen Zeitraum, für den die Autos homologiert werden könnten. "Der erste Ansatz", sagt Marquardt, "ist auf jeden Fall, 2014 und 2015 zusammenzufassen. Ob 2016 da noch mit reinpasst, kann ich derzeit nicht beantworten."

"Wir wissen alle: Wir haben das längerfristige Ziel, 2017 austauschbare Autos mit Japan zu haben", erklärt der BMW-Sportchef und verweist zugleich auf die Interessen der Hersteller, neue Modelle in der DTM promoten zu wollen: "Man muss sich anschauen, wer wann ein neues Modell geplant hat und wie das alles zusammenpasst." Der Gesprächsstoff geht der DTM-Kommission am Mittwoch also sicher nicht aus...

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