Dass Pirelli am dem Grand Prix in Kanada veränderte Hinterreifen bringt, ist noch nicht in Stein gemeißelt: Force India will "nicht zustimmen"
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Die Diskussionen um etwaige Anpassungen an den diesjährigen Formel-1-Reifen sind noch längst nicht beendet. Auf Druck einiger Teams hatte Pirelli zunächst erklärt, ab dem Grand Prix von Kanada wieder zu den Reifen des Jahrgangs 2012 zurückkehren zu wollen. Doch diesem Vorhaben schob die FIA auf Druck von Lotus, Ferrari und Force India einen Riegel vor. Der Hintergrund: Die Reifenspezifikationen müssen spätestens im September des Vorjahres feststehen. Sie dürfen anschließend nur noch aus Gründen der Sicherheit verändert werden.
Hier sah man schließlich die Lücke, die es zu nutzen galt. Pirelli erklärte fortan, man werde nur an den Hinterreifen "kleine Anpassungen" vornehmen. Dies sei notwendig, weil sich in den vergangenen Wochen mehrfach Laufflächen von den Pneus gelöst hatten. Einige Fahrer und Teams hatten deutlich daruaf hingewiesen, dass es sich dabei sehr wohl um sicherheitsrelevante Probleme handele, die es nun zu beseitigen gelte. Pirelli möchte den Kevlar-Ring des Vorjahres wieder an den Außenschultern der Hinterreifen verbauen, um mehr Sicherheit zu gewährleisten.
Dies hätte zur Folge, dass sich die Laufflächen am Heck nicht mehr so stark aufheizen wie zuvor. Man spricht von einem Unterschied von rund zehn Grad Celsius im Rennbetrieb. Mercedes dürfte sich freuen, denn gerade die Silberpfeile hatten seit Saisonbeginn immer wieder unter der Überhitzung der Hinterreifen gelitten. Ob Red Bull profitieren könnte, ist unklar. Das Weltmeisterteam hat bislang eher an der Front mit den Pneus zu kämpfen gehabt. Aber wird die geplante Änderung überhaupt umgesetzt?
Pirelli und undankbarer Situation
Dies ist neuerdings wieder zweifelhaft, nachdem Force India einen Fehler in der Pirelli-Kommunikation entdeckt hat. Die Inder, die mit den bisherigen Pneus sehr gut zurecht kommen und keine Änderung wünschen, machten am ersten Tag des Grand-Prix-Wochenendes in Monaco darauf aufmerksam, dass Pirelli selbst überhaupt kein Sicherheitsrisiko gegeben sieht. Motorsportchef Paul Hembery war in einer Presseaussendung mit den Worten zitiert worden: "Das Ablösen der Laufflächen hat keine Auswirkungen auf die Sicherheit. Kein einziger Pneus hat die Luft verloren."
Somit wäre dem Drängen auf eine Änderung der Hinterreifen die Basis entzogen. Pirelli ist seither auf der Suche nach einer Lösung, der alle Teams zustimmen. In Monaco traf sich Hembery unter anderem mit Force-India-Vertretern. "Wir suchen nach einer Lösung, die von allen unterstützt wird und die für alle Teams fair ist", wird Hembery von 'Autosport' zitiert. In der aktuellen Situation ist es allerdings kaum vorstellbar, dass man bei den Teams Einstimmigkeit herbeiführen kann.
"Wir sehen nicht ein, dass Pirelli Eingriffe vornimmt, nur weil ein paar Teams mit den Reifen Probleme haben. Sollen sie andere Autos bauen", sagt Force-India-Sportdirektor Otmar Szafnauer gegenüber 'auto motor und sport'. "Die Reifen sind sicher, weil sie nach einem Schaden die Luft behalten. Es sieht nur dumm für Pirelli aus. Einer Änderung nur des besseren Images wegen stimmen wir nicht zu." Das Possenspiel wird also mindestens noch an diesem Wochenende in Monte Carlo eine unterhaltsame Fortsetzung finden.
"Die machen so lange herum, bis Pirelli keine Lust mehr hat und aufhört. Und was passiert dann? Die Formel 1 findet so kurz vor Torschluss keinen Ersatz mehr", sieht Ex-Formel-1-Pilot Johnny Herbert beim Thema Reifen derzeit keine Lösung. "Dann kann Bernie seine alten Avon-Reifen hervorkramen", schmunzelt der frühere Formel-1-Teamkollege von Michael Schumacher auf 'Sky Sports F1'. Im Duell zwischen den Liebhabern der aktuellen Pneus (Lotus, Ferrari und Force India) und den Gegnern (Mercedes, Red Bull) ist Pirelli in einer undankbaren Position zwischen den beiden Fronten.