Monte Carlo stellt für Lotus-Chefingenieur Alan Permane wegen seiner speziellen Streckencharakteristik immer wieder eine große Herausforderung dar
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Alan Permane ist seit mittlerweile 24 Jahren als Ingenieur in der Formel 1 tätig und kennt sich bestens aus. Für Lotus gibt er seit 2011 den Einsatzleiter an der Strecke und weiß, worauf es für eine gute Pace ankommt. Der Grand Prix von Monaco ist aber auch für ihn ein großes Mysterium, da er eine völlig andere Charakteristik aufweist, als die anderen Rennstrecken. Im Interview spricht er über die Autoabstimmung im Fürstentum, Strategie und die geplanten Reifenänderungen durch Pirelli.
Frage: "Wird es ein paar nette Teile im Upgradepaket für Monaco geben?"
Alan Permane: "Ähnlich wie in Barcelona werden wir einen neuen Heckflügel mitbringen, der dem gleichen Konzept folgt wie der, mit dem wir vergangenes Jahr in Monaco gefahren sind. Außerdem gibt es einen neuen Frontflügel und ein paar Veränderungen am Unterboden - also genug, um uns zu beschäftigen. Wir sind zuversichtlich, was das Upgradepaket für dieses Rennen angeht. Und das Auto hat in dieser Saison bisher überall gut funktioniert, es gibt also keinen Grund, warum es dort nicht auch stark sein sollte."
Frage: "Das Qualifying ist ein Schlüsselelement zu einem guten Wochenende in Monaco, von welcher Position wird Lotus starten?"
Permane: "Es ist kein Geheimnis, dass das ein Bereich ist, den wir zu verbessern versuchen und wir haben keinen schlechten Job gemacht in dieser Hinsicht. Wir standen in China in der ersten Startreihe und waren in Spanien weniger als ein Zehntel vom Führenden entfernt - Mercedes mal außer Acht gelassen. Ich würde nicht so weit gehen zu behaupten, unsere Qualifyingpace ist perfekt, denn es ist klar, dass wir uns noch verbessern müssen. Aber wir haben sicherlich bedeutende Fortschritte im Verständnis gemacht, wie man auf eine Runde gesehen das meiste aus den Reifen herausholen kann und wie das Balancesetup für Qualifying- und Rennpace optimal ist."
Frage: "Wie haben die sportlichen Veränderungen der vergangenen Jahre in der Formel 1 die Renndynamiken in Monaco verändert?"
Permane: "Ich kann ehrlich sagen, vor ein paar Jahren sind wir noch nach Monte Carlo gekommen, ohne überhaupt über Rennperformance nachzudenken. Das ganze Wochenende galt nur dem Qualifying - mit einem Training, in dem man nur danach gesucht hat, die ultimative Pace bei einem Minimum an Benzin zu finden. Das ist nicht mehr ganz der Fall, dieses Mal müssen wir auch eine ordentliche Abschätzung beider Reifentypen machen können. Wir sind den Superweichen (kommt in Monaco zum Einsatz; Anm. d. Red.) im Qualifying und kurz nach dem Start beim Rennen in Australien gefahren, dann in China; unser Wissen darüber ist also relativ begrenzt. In den vergangenen Jahren hat Monaco normalerweise bewiesen, ein Ein-Stopp-Rennen zu sein, wir müssen also - im Hinblick auf das Rennen - herausfinden, was jeder Reifen aushält."
Frage: "Was sind die strategischen Überlegungen?"
Permane: "Auf fast jeder anderen Strecke, wo die Reifenabnutzung ein großer Faktor ist, kann man normalerweise stoppen, wann man will, hinter langsamen Autos herauskommen und sie mit DRS überholen etc.. Das ist in Monaco einfach nicht der Fall. Wenn du sehr früh an die Box kommst und dich am Ende des Feldes wieder einreihst, bleibst du wahrscheinlich dort stecken, Runde um Runde, und verlierst dabei eine riesige Menge Zeit. Angenommen, ein Ein-Stopp-Rennen wäre möglich, dann musst du berechnen, wie früh du diesen Stopp machen kannst, ohne im Verkehr wieder rauszukommen - was eine einzigartige und ordentliche strategische Herausforderung ist."
Frage: "Die Entwicklung der Strecke während des Rennens ist in Monaco auch ein viel diskutierter Faktor, wie schwierig ist die zu beurteilen?"
Permane: "Ich würde soweit gehen zu sagen, es ist unmöglich, irgendwelche Setupveränderungen zu testen in Monaco. Das ist schon auf einem normalen Kurs mit konstanten Bedingungen schwierig, wo du verschiedene Dinge testen kannst und ein gutes Verständnis über die Performance erlangst. Aber hier ist das einfach nicht machbar; wir müssen das im Kopf behalten und so an das Wochenende herangehen. Viel wichtiger ist es da, sich zu versichern, ob der Fahrer sich wohl fühlt, anstatt das perfekte aerodynamische und mechanische Setup erzielen zu wollen. Es dem Fahrer zu ermöglichen, in einen guten Rhythmus zu kommen ist essenziel, und man wird viele zehn bis 15 Runden lange Versuche im Training sehen, die genau das zum Ziel haben. Wenn ein Fahrer mal fünf Runden mit freier Fahrt absolvieren kann und so in den Groove kommt, dann siehst du, wie die Rundenzeiten schneller werden und das bringt dann eine gute Performance."
Frage: "Pirelli hat Änderungen in der Reifenstruktur angekündigt, wie wird das Ihr Team beeinflussen?"
Permane: "Wir haben immer betont, dass wir mit den diesjährigen Reifen total zufrieden sind, so wie sie sind. Wenn man mal die vergangenen paar Jahre anschaut seit dem Start der Pirelli-Ära, gab es in den ersten fünf Rennen historisch immer einen höheren Abnutzungsgrad als später in der Saison, außer vielleicht in Suzuka. Vor diesem Hintergrund sollten alle Änderungen mit einer gewissen Vorsicht betrachtet werden, da sonst eine realistische Chance besteht, dass wir am Ende wieder bei Ein-Stopp-Rennen landen - etwas, das gegen Ende der Saison 2012 regelmäßig aufkam, nachdem härtere Reifen eingeführt worden waren. Das will sicherlich niemand sehen. Natürlich ist es verständlich, dass eine Wiederholung des Vier-Stopp-Szenarios von Barcelona nicht wünschenswert ist, aber zusammen mit Bahrain war das vielleicht die härteste Herausforderung (für die Reifen; Anm. d. Red.) dieses Jahr. Wenn wir auf Strecken kommen, die weniger Gummiabrieb fordern und die Teams beginnen, die Reifen zu verstehen, dann bin ich sicher, wir hätten auch auf natürlichem Wege weniger Stopps gesehen."