Alonso-Crash: McLaren dementiert Verschwörungstheorien

, 26.02.2015

Ron Dennis schließt ernste Verletzungen oder Stromschläge aus - Wind als alleinige Unfallursache - Alonso auf Kurs für Melbourne, FIA-Untersuchung Eigeninitiative

Nach vier Tagen des Schweigens und wilder Spekulationen rund um den Unfall Fernando Alonsos am Rande der Formel-1-Testfahrten in Barcelona bricht McLaren sein Schweigen. Auf einer eigens einberufenen Pressekonferenz am Donnerstag lieferte Unternehmenspatron Ron Dennis aber kaum Informationen, die über das erste und einzige Kommuniqué hinausgingen: Ursache für den Crash war der Seitenwind, der Spanier blieb als reine Vorsichtsmaßnahme und zur Erholung lange im Krankenhaus.

Das bedeutet im Umkehrschluss: Vermutungen über Stromschläge oder giftige Batteriedämpfe, die Alonso das Bewusstsein gekostet haben sollen, sind haltlos. Laut Dennis gibt es diesbezüglich keine Daten oder Anhaltspunkte, im Gegenteil: Wenn jemand elektrisiert würde, dann sei das 48 Stunden lang im Körper festzustellen. "Es war alles die ganze Zeit normal und jede Art von Stromschlag ist kategorisch auszuschließen", erklärt der 67-Jährige und bringt einen neuen Kronzeugen des Crashs in Spiel.

Nachdem der Fotograf, der die einzigen Crashfotos schoss, McLaren belastet hatte, spricht Dennis von einem Fan und seinem Sohn, die am Sonntag in der Unfallkurve standen und ein Video gedreht haben, auf dem sich der Filius über den Wind beklagt. "Sie haben auch uns berichtet, dass es sehr windig war. Fernando hatte bei allen Umläufen zuvor bereits vermeldet, dass es trickreich gewesen sei, das Auto bei Böen um die Kurve zu bekommen", meint die McLaren-Eminenz und stellt andere Erklärungsversuche der vergangenen Tage als Verschwörungstheorien dar: "Ich schütze nicht McLaren oder Fernando und ich verheimliche auch nichts. Wir wollen professionell sein."

McLaren-Veto: FIA wollte Telemetrie veröffentlichen

"Er bremst, er schaltet herunter und dann passiert der Unfall. Forensisch lässt es sich nicht anders erklären. Dann ging es ganz schnell, irgendwas zwischen zwei und drei Sekunden", beschreibt Dennis. Auch die Aussagen Sebastian Vettels relativiert er. Allerdings gibt keine Aufzeichnungen des Windes, der zu diesem Zeitpunkt auf dem MP4-30 einwirkte: "Das misst niemand. Wir würden doch auch Jenson (Teamkollege Button, der am Donnerstag auf dem Circuit de Catalunya testet; Anm. d. Red.) nicht in das Auto setzen, wenn wir Bedenken bezüglich eines Konstruktionsfehlers hätten."

Die am Montag angekündigte FIA-Untersuchung will Dennis in einem Gespräch mit Rennleiter Charlie Whiting selbst angeregt haben, weil seine Truppe in der Angelegenheit nichts zu verbergen hätte und Fragen wahrheitsgemäß beantworten würde. Die sensible Telemetrie schließt alle anderen Umstände, die einen Unfall verursachen, aus. Veröffentlichen will McLaren Aufzeichnungen trotz einer Bitte des FIA-Pressebüros nicht: "Wir verheimlichen nichts. Ich berichte Ihnen die Fakten", sagt Dennis in Richtung der Journalisten und schließt nicht aus, zu einem späteren Zeitpunkt an die Öffentlichkeit zu gehen.

Dass Alonso bis Mittwoch im Krankenhaus blieb, begründet Dennis mit kurzer Bewusstlosigkeit, angeblich "wenige Sekunden" nach dem Einschlag. Auch spricht er von einer retrograden Amnesie, dementiert aber ein Schädel-Hirn-Trauma. Verwirrend: Per Definition liegt ein solches vor, wenn Gedächtnislücken aufreten. Im Teamfunk war zu diesem Zeitpunkt nur das Atmen des Piloten zu hören. "Jeder weiß, dass sich bezüglich Kopfverletzungen im Sport eine gewisse Sensibilität entwickelt hat. Ob beim Skifahren, beim Eishockey oder beim Rugby, die Mediziner beschäftigen sich immer mehr mit Verletzungen, die nicht richtig auskuriert werden", so Dennis. "Es ist Fernando in Spanien. Also kann man sich vorstellen, dass jeder Arzt zur Diagnosestellung beitragen will."

Alonso fit für Melbourne, aber Magnussen steht parat

Die im Bereich der Ohren gemessenen g-Kräfte waren im Fall Alonso allerdings deutlich geringer als die, die auf das Chassis wirkten. Die Vorsicht der Mediziner kam für McLaren überraschend, zumal Alonso früh wieder Fragen nach dem Auto und dem Testbetrieb stellte. "Wir haben uns extrem auf Fernando konzentriert und haben alles getan, was die Ärzte von uns verlangt haben." Alonso sei - bei Kopfverletzungen üblich - im Krankenhaus ruhig gestellt worden, anschließend seien bei Computer- und Magnetresonanztomographie keine Auffälligkeiten am Gehirn festgestellt worden.

Obwohl der Ex-Weltmeister schon beim abschließenden Wintertest, der noch bis Sonntag auf dem Circuit de Catalunya steigt, wieder in den MP4-30 klettern wollte, rieten die Ärzte ab. "Er will testen, testen, testen. Seine Eltern haben schon gesagt: Den nehmen wir mit nach Hause", scherzt Dennis. Gerüchte darüber, dass Alonso den Auftakt in Melbourne verpassen würde, seien unwahr. Zwar würden noch Tests durchgeführt und letztendlich könnten nur die Mediziner grünes Licht geben, dabei handle es sich jedoch um die normale Vorgehensweise. "Ich sehe keinen Grund, aber ich bin kein Arzt."

Trotzdem bringt McLaren seinen Testfahrer Kevin Magnussen in Position, der den Starpiloten bisweilen in Barcelona ersetzt, in Stellung: Der kürzlich degradierte Däne steht bereit, falls Alonso in Australien doch nicht fahren kann.

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