Warum Dabei sein für den Formel-1-Star doch nicht alles ist und das Abenteuer in den USA dem ganzen Team weiterhilft - Alonso freut sich über Ablenkung
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McLaren-Pilot Fernando Alonso hat sich darauf eingerichtet, bei seinem Indy-500-Debüt Ende des Monats nicht nach den Sternen zu greifen, sondern zunächst Erfahrung auf einem Highspeed-Oval zu sammeln - einen Coup auf dem Brickyard jedoch längst nicht abgehakt. Wie der Spanier im Nachgang seines ersten IndyCar-Tests erklärt, würde in ihm das Verlangen nach einem Gesamtsieg brennen: "Wenn ich sonntags das Visier runterklappe, mag ich es nicht, Zweiter zu werden", so Alonso.
Er vergleicht sich mit Basketballspielern, die in der K.O.-Runde verbissen um das Weiterkommen kämpfen, auch wenn sie ein Saisonziel schon erreicht haben: "Die NBA-Spieler mögen es genießen und dankbar sein, in den Playoffs zu stehen", philosophiert Alonso, "aber wenn sie eine Partie verlieren, essen sie nicht einmal zu Abend."
Nach vielen Rückschlägen in der Formel 1 - nicht nur mit McLaren, sondern auch mit Ferrari - ist der 35-Jährige ehrgeizig geblieben, was ihm mancher bereits abgesprochen hat. Er hat aber gelernt, eine dosierte Erwartungshaltung zu artikulieren. "Im Moment bin ich da, um ein tolles Erlebnis zu haben", tritt Alonso im Zuge des weltweiten Hypes um das Projekt auf die Euphoriebremse. Auch, um selbst mit beiden Füßen auf dem Boden zu bleiben: "Ich darf es nicht aus den Augen verlieren."
Er ist bemüht, alleine die Teilnahme in Indianapolis als Erfolg zu werten: "Es ist eines der besten Rennen der Welt. Ich bin einer von 33 Piloten in der Startaufstellung, was für sich genommen der Wahnsinn ist", schwärmt Alonso. Dabei geht es nur mittelbar darum, durch die Medienaufmerksamkeit Bauchpinselei zu erhaschen, sich als Star der Szene zu fühlen und Spaß zu haben. McLaren will Alonso eine Happypille einwerfen, um ihn voll motiviert für die eigentlichen Ziele einzuspannen.
Sie verfehlt ihre Wirkung nicht, wie es scheint. "Es beschäftigt mich im Kopf und lenkt mich von anderen Dingen ab, die in der echten Welt oder der Formel 1 passieren", erklärt der Ex-Weltmeister, um gleich darauf die Königsklasse als "Hauptziel" zu beschreiben. Die Glückshormone des IndyCar-Projekts machen auch vor der übrigen Truppe nicht Halt. Am Rande des Russland-Grand-Prix am vergangenen Wochenende beschäftigten sich einige Ingenieure sogar mehr mit dem Indy 500.
Nach einem Meeting drückten sie Alonso Papiere in die Hand, die er sich durchlesen sollte. Inhalt waren Analysen der Boxenstrategien der vergangenen zehn Ausgaben des Klassikers, die die Formel-1-Experten bei McLaren nicht komplett durchschauten und ihm rieten, sich beim US-Partner Andretti Autosport schlauzumachen. "Es ist gut für das ganze Team, eine Motivation zu haben, mit der wir noch vor einigen Monaten nicht gerechnet haben", freut sich Alonso über den Indy-Effekt.
Übrigens: McLaren-Boss Zak Brown schließt nicht aus, dass Alonso ein Paukenschlag gelingt: "Er hat das Können, aber nicht die Erfahrung", ist der US-Amerikaner gespalten, erkennt aber Argumente, die für seinen Starpiloten sprechen: "Er ist extrem klug und hat sich 25 Indy-500-Rennen angesehen, als wir im Flugzeug saßen. Er hat die Onboard-Aufnahme über die volle Rennlänge geschaut."