Die Silberpfeile im Qualifying in anderen Sphären, aber vor Ferrari gewarnt - Hamilton kontert Social-Media-Kritiker - Rosberg mit zwei Patzern in drei Sessions
© Foto: xpbimages.com
Alles beim Alten in der neuen Formel-1-Saison: Mercedes bestimmte am Samstag die Qualifying-Szenerie beim Australien-Grand-Prix nach Belieben und betrieb dennoch Tiefstapelei. Im internen Duell gab es ebenfalls wenig Neues zu vermelden, nachdem Lewis Hamilton dem einmal mehr viele Fahrfehler begehenden Nico Rosberg eine saftige Abreibung verpasste und ihm im letzten Abschnitt 0,360 Sekunden Ruckstand aufbrummte. "Alles gut", befindet Sportchef Toto Wolff.
Dem schließt sich der Weltmeister vorbehaltlos an, wenn es nicht gerade um die Kontroverse rund um das neue Qualifying-Format geht: "Wenn man auf dem Display sieht, das man schneller wird, dann denkst du dir: 'Hey!'", schwärmt Hamilton von seiner schnellsten Runde in Q3, die gar nicht mehr nötig gewesen wäre, um sich die 50. Pole-Position seiner Formel-1-Karriere im Shoot-Out mit Rosberg zu sichern - nur Michael Schumacher und Ayrton Senna haben mehr auf dem Konto.
Vom Chef gibt es nach diversen Eskapaden bei der Aktivität auf Facebook, Twitter und Co. ein dickes Lob für das Enfant terrible der Szene. "Allen, die sich über sein Verhalten in den sozialen Medien beklagen, sage ich: 'Der Bad Boy kann eben Auto fahren!'", jubelt Wolff am TV-Mikro.
Hamilton, der Setup und Fahrverhalten des neuen W07 lobt, bedankt sich bei seiner Crew: "Ich muss vor meinem Team den Hut ziehen. Es ist uns gelungen ist, die Latte noch einmal höher zu legen. Und das im dritten Jahr. Für mich ist das eine wahrlich eine Inspiration." Offebar kommt der Fahrspaß nicht zu kurz, wenn man der Konkurrenz eine runde Sekunde Rückstand aufbrummt: "Da gab es Runden, die sehr sexy waren. Ich war so richtig in Schuss und habe keine Fehler gemacht."
Ganz im Gegensatz zu Rosberg: Der Deutsche besuchte gleich in seiner ersten gezeiteten Runde in Q1 den Grünstreifen der ersten Kurve, in Q3 ritt er erneut aus und fiel zwischenzeitlich auf Rang vier zurück, um bei seinem abschließenden Versuch nicht mehr alles Karte setzen zu können. Ihm war nach zwei verlorenen WM-Duellen der Druck anzumerken. "Die letzte Runde in Q3 war gut", tröstet sich der 30-Jährige und räumt ein: "Lewis hat bessere Arbeit geleistet, das ist alles." Und dennoch ist Zähneknirschen zu vernehmen: "Ich bin natürlich mit Platz zwei nicht glücklich."
Einen Einlauf aus der Chefetage gibt es nicht. Wolff zeigt sich verständnisvoll und lässt Nachsicht walten: "Nico ist nicht so richtig in Schuss gekommen. Bei ihm war die Runde am Ende nicht schlecht, aber für vorne hat es nicht gereicht. Wenn du einen Patzer hast, bei dem du gleich ein paar Zehntelsekunden liegen lässt, kannst du es nicht mehr aufholen", spielt er auf den Ausritt zu Beginn des dritten Abschnittes der Qualifikation an.
Rosberg zeigt sich erleichtert, dass die Silberpfeile noch immer das Maß der Dinge in der Formel 1 sind und ihren Vorsprung über den Winter gehalten haben: "Das ist schwierig. Wenn man immer vorne ist, wird man irgendwann - ja, nicht faul - aber man hat eben nicht den gleichen Biss", erklärt er. "Aber wir zeigen, dass wir uns da durchbeißen und dass es bei uns nicht so ist." Auch Niki Lauda ist überrascht von der Überlegenheit: "Die Dominanz ist größer, als ich gedacht habe."
Der Aufsichtsratschef glaubt trotzdem nicht, dass die Messe im Albert Park bereits gelesen wäre. Ferrari sieht er am Melbourne-Wochenende zwar nicht mehr als Konkurrenz, wenn es um den reinen Speed geht, traut den Roten jedoch mit gelungener Reaktion an der grünen Ampel eine Überraschung zu. "Man kann nur noch mit dem Finger starten, es gibt keine Hilfen mehr. Wenn einer von den Ferraris einen besseren Start macht, kann er beide gleich packen", warnt Lauda.
Wolff ist ebenfalls nicht aller Sorgen ledig. "Wir haben noch ein Kupplungsthema, das wir in den Griff bekommen müssen", runzelt der Österreicher die wenigen Sorgenfalten auf der Stirn und hebt den Zeigefinger: "Ferrari ist auf jedem Fall eine Gefahr." Rosberg hofft, schon am Sonntag im Teamduell zurückschlagen zu können: "Weil die Regeln haben sich geändert, mit dem Funk und mit den Reifen", begründet er. "Daher sind die Chancen im Rennen auf jeden Fall jetzt größer."