Exklusiv: Liberty Media plant Events, bei denen alle Formel-1-Stars in identischen Autos gegeneinander antreten, auf den Spuren der Procar-Serie
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Für viele Formel-1-Fans mittleren Alters ist es eine der schönsten Jugenderinnerungen, wie Ayrton Senna und Alain Prost sich im Winter 1993/94 beim Kart-Masters in Paris-Bercy gematcht haben, und zwar ganz "back to basics" mit identischem Material. In einer Zeit, in der Liberty Media auch mal unkonventionelle Ideen anzudenken wagt, die bisher stets als unrealistisch abgetan wurden, ist es an der Zeit, die Idee eines Rennens aller Formel-1-Fahrer mit identischem Material wieder hervorzukramen.
Gesagt, getan: Bei unserem Interview mit Ross Brawn in Spielberg, bei dem wir mit dem Formel-1-Sportchef diverse Ideen zur Verbesserung der Königsklasse diskutierten, wollten wir wissen, warum es das tolle Kart-Masters in Paris-Bercy eigentlich nicht mehr gibt. Und stellten zu unserem großen Erstaunen fest, dass über ein Comeback tatsächlich nachgedacht wird!
"Wir schauen uns gerade an, welchen Event wir durchführen könnten, der kommerziell neutral wäre, sodass alle Fahrer teilnehmen können", erklärt Brawn, im Interview mit 'Motorsport-Total.com' direkt auf das Thema Paris-Bercy angesprochen.
Das Kart-Masters in Paris-Bercy wurde zwischen 1993 und 2001 vom ehemaligen Formel-1-Fahrer Philippe Streiff organisiert. 1993 stand ganz im Zeichen des Duells Senna gegen Prost, 1994 war Michael Schumacher einer der Stars der Veranstaltung. Das Masters fand im Dezember statt, wurde in Deutschland auf 'Eurosport' live übertragen und erinnerte im Geiste an das heutige Race of Champions.
Liberty will sich nicht darauf festnageln lassen, ein Kart-Masters wiederzubeleben; es soll aber auf jeden Fall eine Form von Show-Wettbewerb geben, bei der die aktuellen Fahrer gegeneinander antreten. Da werden Erinnerungen an die BMW-M1-Procar-Serie wach, die 1979 und 1980 im Rahmenprogramm der Formel 1 ausgetragen wurde.
Damals traten die fünf schnellsten Formel-1-Stars des Wochenendes im BMW M1 gegen Privatfahrer an. Bis auf Ferrari und Renault erlaubten alle Teams ihren Fahrern, immer samstags nach dem Qualifying an der innovativen Meisterschaft teilzunehmen. 1979 sicherte sich Niki Lauda den Titel, 1980 Nelson Piquet. In Hockenheim 2008 gab es ein einmaliges Show-Revival der Serie.
"Wir überlegen gerade, wie wir die Fahrer stärker einbinden können", erklärt Brawn. "Denn unser Ziel ist, die Fahrer zu noch größeren Helden zu machen, als sie ohnehin schon sind. Ich glaube, wenn wir sie in andere Aktivitäten einbinden könnten, wäre das sehr attraktiv für die Fans und auch für uns. Also schauen wir uns gerade an, was wir da tun können."
Dabei soll es sich ausdrücklich nicht nur um Autogrammstunden und Bühnenauftritte handeln, sondern um "Fahrevents", wie der 62-Jährige auf Nachfrage von 'Motorsport-Total.com' versichert - und zwar "während der Rennwochenenden. Wir ziehen all diese Initiativen in Betracht. Und wir planen mehr Aktivitäten abseits der Strecke mit den Fahrern."
Die große Schwierigkeit dabei: Es ist aus Marketingsicht undenkbar, dass etwa Mercedes-Star Lewis Hamilton mit einem BMW oder FIAT ein Rennen fährt, und Daniel Ricciardo wird man seitens Red Bull kaum erlauben, sich in ein Coca-Cola-gebrandetes Auto zu setzen. Was unterm Strich bedeutet, dass für solche Events fast nur ein ungebrandeter Prototyp in Frage kommt.
"Es ist schwierig. Ein Auto zu finden, das neutral ist, und gleichzeitig das Commitment der Teams zu haben, ist nicht leicht", weiß Brawn. Trotzdem möchte er die Idee weiterverfolgen. Und wer weiß, vielleicht baut er das neutrale Auto für die Rahmenrennen letztendlich ja einfach selbst ...
Das große Interview mit Ross Brawn wird nach Silverstone auf 'Motorsport-Total.com' veröffentlicht.